Entscheidungsstichwort (Thema)

Grunderwerbsteuer: Keine Grunderwerbsteuerpflicht gemäß § 1 Abs. 1 Nr. 1 GrEStG i. V. m. § 42 AO bei Beitritt zu einer KG, deren Gesellschaftszweck die Errichtung einer Wohnungseigentumsanlage ist

 

Leitsatz (amtlich)

1. Die Übertragung eines Anteils an einer Personengesellschaft, der so ausgestaltet ist, dass sein Erwerb im rechtlichen und wirtschaftlichen Ergebnis dem Erwerb des Eigentums an einem Grundstück oder einer Eigentumswohnung gleichkommt, kann als Gestaltungsmissbrauch angesehen werden mit der Folge, dass der Vorgang nach § 1 Abs. 1 Nr. 1 GrEStG i. V. m. § 42 Abs. 1 Satz 1 AO der Grunderwerbsteuer unterliegt. Die Annahme eines Gestaltungsmissbrauchs setzt dabei voraus, dass der rechtsgeschäftliche Wille der Parteien auf den Eigentumserwerb gerichtet und die gewählte Konstruktion der Übertragung des Gesellschaftsrechts nur verständlich ist unter dem Gesichtspunkt erhoffter Steuerbefreiung wegen des grundsätzlich steuerfreien Wechsels im Gesellschafterbestand einer Gesamthand sowie der Steuerbefreiungen nach § 6 Abs. 2 bzw. § 7 Abs. 2 GrEStG.

2. Trotz Verknüpfung des Gesellschaftsanteils mit einer bestimmten Eigentumswohnung ist im Beitritt zur Gesellschaft kein Gestaltungsmissbrauch zu sehen und daher kein Anspruch auf Übereignung einer schlüsselfertigen Eigentumswohnung zu besteuern, wenn die Personengesellschaft mit dem Zweck gegründet wurde, auf einem zu erwerbenden Grundstück eine Wohnungseigentumsanlage erst zu errichten. Das setzt voraus, dass die maßgeblichen Verträge zur Bauerrichtung noch nicht abgeschlossen oder angebahnt sind, die Gesellschafter das Bauvorhaben gemeinsam durchführen und das diesbezügliche Risiko gemeinsam tragen und es deshalb an einem denkbaren Vertragspartner für einen Bauträgervertrag fehlt, der zur alleinigen Übernahme der Errichtungs- und Gewährleistungsverpflichtung gegenüber den Gesellschaftern bereit wäre.

 

Normenkette

GrEStG § 1 Abs. 1 Nr. 1, Abs. 2; AO § 42

 

Tatbestand

Zwischen den Beteiligten ist streitig, ob der Beitritt der Klägerin zu einer grundbesitzenden Personengesellschaft nach § 1 Abs. 1 Nr. 1 Grunderwerbsteuergesetz (GrEStG) i. V. m. § 42 Abgabenordnung (AO) grunderwerbsteuerpflichtig ist.

I.

1. Mit Gesellschaftsvertrag vom ... 2009 (Anlage zum Schriftsatz des Klägervertreters vom 08.08.2013, Finanzgerichtsakten -FGA- Anlagenband) wurde die "A GmbH & Co. KG" (im Folgenden: KG) gegründet. Komplementärin war die B Verwaltungs-GmbH (im Folgenden: GmbH), deren alleinige Gesellschafterin die C eG (im Folgenden: Genossenschaft) war. Zweck der Genossenschaft ist nach § 2 ihrer Satzung (Anlage K 6 zum Schriftsatz der Klägerin vom 08.08.2013, FGA Anlagenband) überwiegend die Förderung der wohnlichen Versorgung ihrer Mitglieder sowie der Betrieb einer Spareinrichtung. Die Genossenschaft war zunächst auch alleinige Kommanditistin mit einer Einlage von 10.000,00 Euro. Der Gesellschaftsvertrag der KG enthielt u. a. folgende Bestimmungen:

§ 2 Gegenstand des Unternehmens

(1) Gegenstand des Unternehmens ist der Erwerb, die Planung und Bebauung und die Entwicklung des Grundstücks X-Straße ..., D, sowie die Übertragung von Vermögensteilen auf die Kommanditisten und die Abwicklung des Bauvorhabens mit Ausnahme erlaubnispflichtiger Tätigkeiten. (...) Nach Errichtung des Bauwerks soll das Grundstück in Wohnungs- und Teileigentum im wesentlichen entsprechend dem der Bezugsurkunde vom ... 2009, UR.Nr.-1 des Notars Dr. E beigefügten Entwurf aufgeteilt und die Wohnungs-/Teileigentumsrechte auf die Gesellschafter übertragen werden. Das gesamthänderisch gebundene Vermögen soll an die Kommanditisten entsprechend ihrem Kommanditanteil übertragen und die Gesellschaft im Handelsregister nach Erledigung ihrer Aufgaben gelöscht werden, wobei die Kommanditisten die in der Anlage 1 angeführten Wohnungs- und Teileigentumsrechte erhalten sollen. (...)

§ 3 Gesellschafter, Einlagen Haftsummen

(1) (...) Die Komplementärin ist zur Leistung einer Einlage nicht berechtigt und nicht verpflichtet.

(3) (...) Jeder neu eintretende Kommanditist ist verpflichtet, 20 % des auf sein Wohnungs- oder Teileigentumsrecht entfallenden Gesamtaufwandes (Grundstückskosten, Bau- und Baunebenkosten, Erschließung) auf das Bauherrenkonto der zwischenfinanzierenden Bank auf Anfordern der Gesellschaft einzuzahlen. Jeder neu eintretende Kommanditist verpflichtet sich ferner, einen weiteren Betrag in Höhe von bis zu 5 % des auf ihn entfallenden anteiligen Gesamtaufwandes auf Anfordern der Gesellschaft auf das Bauherrenkonto der zwischenfinanzierenden Bank einzuzahlen, sofern sich die Kosten des Gesamtaufwandes für die Herstellung des Bauvorhabens erhöhen. (...)

§ 5 Dauer der Gesellschaft, Geschäftsjahr, Kündigung

(1) Die Gesellschaft wird auf unbestimmte Zeit errichtet, sie ist jedoch auf die Zeit bis zur vollständigen Fertigstellung des Bauvorhabens (...) auf dem in § 2 Abs. 1 genannten Grundstück, die Aufteilung in Wohnungs- und Teileigentumsrechte und die Übertragung dieser Rechte auf die Kommandi...

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