Entscheidungsstichwort (Thema)

Zollrecht: Widerruf einer verbindlichen Zolltarifauskunft

 

Leitsatz (amtlich)

1. Zu den Voraussetzungen für den Widerruf einer verbindlichen Zolltarifauskunft.

2. Ein zur Verwendung als Tierfutter geeignetes entfluoriertes Calciumphosphat ist in Anwendung der Einreihungsverordnung VO Nr. 2354/2000 in den KN-Code 2309 90 97 einzureihen.

 

Normenkette

Zollkodex Art. 9 Abs. 1

 

Tatbestand

Die Klägerin wendet sich gegen den Widerruf einer verbindlichen Zolltarifauskunft.

Die Klägerin führt seit 1992 ein als entfluoriertes Calciumphosphat bezeichnetes Produkt ein, das auch zur Verwendung als Futtermittel geeignet ist.

Am 16.11.2007 erteilte die Oberfinanzdirektion A der Klägerin eine verbindliche Zolltarifauskunft, mit der sie die Ware in die Warennummer 3103 9000 einreihte. Die Ware wird wie folgt beschrieben:

"Die als entfluoriertes Calciumphosphat bezeichnete Ware wird aus Naturphosphat mit Apatitstruktur durch Glühen im Drehrohrofen bei Temperaturen oberhalb 1250 °C unter Zusatz geringer Mengen Phosphorsäure und Soda hergestellt. Zusammensetzung (Angaben): min. 41,5 % P2O5, min. 42-44 % CaO, ca. 6,5-7,2 % Na2O, max. 0,2 % F. Der Glühverlust beträgt weniger als 1 %. Weitere vertrauliche Angaben liegen vor. Die Ware kann als mineralisches Einzelfuttermittel, Düngemittel und als Rohstoff (Phosphorträger) in der chemischen Industrie verwendet werden. Sie wird in feinkörniger und in mehliger Form mit grauer bis brauner Farbe gehandelt. Danach handelt es sich um ein natürliches Phosphat, geröstet, gebrannt oder weitergehend thermisch behandelt, als zum Entfernen von Verunreinigungen erforderlich. Derartige Erzeugnisse gehören als andere mineralische oder chemische Phosphatdüngemittel zur Pos. 3103, auch wenn sie nicht als Düngemittel verwendet werden. Handelsbezeichnung (...) Entfluoriertes Calciumphosphat; Hauptbestandteil Ca5Na2(PO4)4 Phase A"

Bereits am 24.10.2000 erging die Verordnung (EG) Nr. 2354/2000 zur Einreihung von bestimmten Waren in die Kombinierte Nomenklatur (VO Nr. 2354/2000). Danach ist eine wie folgt beschriebene Ware in den KN-Code 2309 90 97 einzureihen: "Tierfutterzubereitung, hergestellt durch eine bei hoher Temperatur erfolgte chemische Reaktion eines Apatit-, Phosphorsäure- und Natriumcarbonat- oder Natriumhydroxid-Gemisches. Das Erzeugnis ist entfluoriert und besteht hauptsächlich aus einer Mischung von Calcium- und Calcium-Natrium-Phosphaten."

Nachdem das Bundesfinanzministerium im Februar 2009 auf die VO Nr. 2354/2000 hingewiesen und aufgefordert hatte, die verbindlichen Zolltarifauskünfte, die Erzeugnisse beträfen, die mit denen der VO Nr. 2354/2000 vergleichbar seien, zu überprüfen und ggf. aufzuheben, widerrief der Beklagte mit Bescheid vom 28.05.2009 die verbindliche Zolltarifauskunft vom 16.11.2007. Zur Begründung führte er aus, die Einreihungsauffassung habe sich geändert. Aus Vertrauensschutzgründen könne die Klägerin die widerrufene verbindliche Zolltarifauskunft jedoch noch weitere sechs Monate nach Bekanntgabe des Widerrufsbescheides verwenden.

Am 05.06.2009 legte die Klägerin gegen den Widerruf Einspruch ein. Zu dessen Begründung trug sie unter anderem vor, es handele sich bei der streitgegenständlichen Ware nicht um eine Mischung. Bei einer Mischung entstehe kein neuer Stoff, vielmehr könne eine Mischung jederzeit in ihre Reinstoffe aufgetrennt werden. Vorliegend handele es sich um eine nichtstöchiometrische Verbindung, die nicht wieder durch physikalische Methoden in die einzelnen Komponenten zerlegt werden könne. Es liege auch keine chemische Reaktion vor. Es erfolge eine thermische Behandlung bei einer Temperatur von 1250 °C. Eine chemische Reaktion, an der Phosphorsäure, Natriumcarbonat und/oder Natriumhydroxid als Reaktionspartner beteiligt seien, sei allein aufgrund der Spaltung der Phosphorsäure und der Natriumverbindungen bei wesentlich niedrigeren Temperaturen nicht mehr möglich. Sie werde geglüht und abgekühlt; dabei würden geringe Mengen Natriumphosphat in die Kristallstruktur des Apatits eingelagert. Es handele sich nicht um ein aus einer chemischen Reaktion hervorgegangenes Erzeugnis, sondern um ein natürliches Phosphat, das in seiner Kristallstruktur verändert worden sei. Diese Auffassung sei auch im August 1999 in einem Verfahren vor der Tarifkommission bestätigt worden. Zum Beleg ihrer Auffassung zum Vorliegen einer Mischung und zur thermischen Behandlung legte die Klägerin verschiedene Gutachten, Berichte und sonstige Kopien vor. Insoweit wird auf die Einspruchsbegründung vom 04.03.2010 nebst Anlagen (Sachakte, Einspruchsakte Bl. 82 ff.) Bezug genommen.

Auf entsprechende Nachfrage des Beklagten teilte das Bildungs- und Wissenschaftszentrum der Bundesfinanzverwaltung (BWZ) unter dem 21.09.2009 mit, in der VO Nr. 2354/2000 seien nur die eingesetzten Komponenten (Calciumphosphat -Apatit-, Phosphorsäure und Natriumkarbonat) angegeben, nicht jedoch der Reaktionsverlauf, mögliche Aggregatzustände oder gar, in welchen Bindungsverhältnissen die einzeln...

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