Entscheidungsstichwort (Thema)

Aufrechnung von Steuererstattungsansprüchen im Restschuldbefreiungsverfahren

 

Leitsatz (amtlich)

Die Abtretung der Forderungen auf Bezüge aus einem Dienstverhältnis an einen vom Insolvenzgericht bestimmten Treuhänder erfasst nicht den Anspruch auf Erstattung von Lohn- und Einkommensteuerzahlungen.

Das Finanzamt kann in der Restschuldbefreiungsphase gegen Steuererstattungsansprüche des ehemaligen Insolvenzschuldners mit vor der Eröffnung des Insolvenzverfahrens begründeten Steueransprüchen aufrechnen.

 

Normenkette

AO § 37 Abs. 2 S. 1, § 226; BGB § 387; InsO §§ 95-96, 287 Abs. 2, § 294 Abs. 1, 3

 

Tatbestand

Zwischen den Beteiligten ist streitig, ob der Beklagte gegen einen Erstattungsanspruch der Kläger wirksam mit Forderungen gegen den Kläger zu 2. aufgerechnet hat, die aus der Zeit vor Eröffnung des Insolvenzverfahrens über dessen Vermögen stammen.

Über das Vermögen des Klägers zu 2. wurde durch Beschluss des Amtsgerichts Hamburg vom 15.10.2001 das Insolvenzverfahren eröffnet. Der Kläger zu 2. hatte bei Stellung des Insolvenzantrages einen Antrag auf Erteilung der Restschuldbefreiung gestellt und dem Antrag die Erklärung beigefügt, dass er die pfändbaren Forderungen auf Bezüge aus einem Dienstverhältnis oder an deren Stelle tretende laufende Bezüge für die Zeit von sechs Jahren nach Eröffnung des Insolvenzverfahrens an einen vom Gericht zu bestimmenden Treuhänder abtrete. Nach vollzogener Schlussverteilung wurde das Insolvenzverfahren mit Beschluss des Amtsgerichts Hamburg vom 23.10.2002 aufgehoben, und dem Kläger zu 2. wurde die Restschuldbefreiung angekündigt. Seitdem befindet er sich in der sogenannten Wohlverhaltensphase. Zum Treuhänder wurde Herr K bestellt.

Die Kläger reichten am 30.09.2003 die Einkommensteuererklärung für 2002 ein. Ausweislich der beigefügten Lohnsteuerkarten war für die Klägerin zu 1. im Jahr 2002 Lohnsteuer in Höhe von EUR 2.013,13 abgeführt worden (Lohnsteuerklasse III) und für den Kläger zu 2. in Höhe von EUR 1.557,96 (Lohnsteuerklasse V). Die durch den Beklagten erklärungsgemäß durchgeführte Veranlagung ergab gemäß Bescheid vom 15.10.2003 insgesamt ein Guthaben von EUR 145,44 (für Einkommensteuer in Höhe von EUR 16,-, für Kirchensteuer in Höhe von EUR 71,76 und für den Solidaritätszuschlag in Höhe von EUR 57,68). Der Beklagte buchte dieses Guthaben auf die Einkommensteuerforderung für 1982 gegen den Kläger zu 2. um und teilte den Klägern die Umbuchung mit Schreiben vom 15.10.2003 mit. Die Einkommensteuerforderung für 1982 war im Insolvenzverfahren zur Tabelle angemeldet und festgestellt worden, aber noch offen.

Die Kläger legten gegen den Einkommensteuerbescheid für 2002 mit Schreiben vom 27.10.2003 Einspruch ein und beantragten, das Guthaben für die Kläger getrennt zu ermitteln.

Der Beklagte wies die Kläger mit Schreiben vom 19.11.2003 darauf hin, dass es sich bei der Aufrechnung, gegen die die Kläger sich wendeten, um eine privat-rechtliche Willenserklärung handele, gegen die ein Einspruch nicht eingelegt werden könne, und erließ mit demselben Schreiben einen Abrechnungsbescheid. Hierin stellte der Beklagte fest, dass das Guthaben nicht zu erstatten sei, weil es vollen Umfangs auf den Kläger zu 2. entfalle und der Erstattungsanspruch durch Aufrechnung erloschen sei. In der Anlage fügte der Beklagte dem Abrechnungsbescheid eine Probeveranlagung bei, aus der sich ergibt, dass bei einer getrennten Veranlagung der Kläger ein Erstattungsanspruch des Klägers zu 2. in Höhe von EUR 1.783,84 entstünde. Einer festzusetzenden Einkommensteuer von EUR 0 stünden gezahlte Lohnsteuer und Nebenabgaben in der genannten Höhe gegenüber. Gegenüber der Klägerin zu 1. ergäbe sich eine Nachzahlungsforderung in Höhe von EUR 2.826,72. Der Beklagte wies des weiteren darauf hin, dass wegen der Aufhebung des Insolvenzverfahrens kein Aufrechnungsverbot mehr bestehe und der Steuererstattungsanspruch auch nicht von der Abtretungserklärung des Klägers zu 2. gemäß § 287 Abs. 2 Insolvenzordnung (InsO) umfasst werde. Die erklärte Aufrechnung stelle keine Vollstreckungsmaßnahme i.S.d. § 294 Abs. 1 InsO dar.

Die Kläger legten gegen den Abrechnungsbescheid mit Schreiben vom 11.12.2003 Einspruch ein, den der Beklagte mit Bescheid vom 02.12.2004 als unbegründet zurückwies.

Hiergegen richtet sich die am 06.01.2005 (Montag) bei Gericht eingegangene Klage. Die Kläger tragen vor, dass der Steuererstattungsanspruch ihnen und nicht dem eingesetzten Treuhänder zustehe, da während der Wohlverhaltensperiode entstehende Steuererstattungsansprüche nicht von der Abtretungserklärung des Schuldners gemäß § 287 Abs. 2 Satz 1 InsO erfasst würden. Der Erstattungsanspruch sei nicht durch Aufrechnung erloschen. Die Aufrechnung mit einem Steuererstattungsanspruch in der Wohlverhaltensperiode gegen Altforderungen aus dem Insolvenzverfahren laufe der Zielrichtung der Insolvenzordnung, eine gleichmäßige Gläubigerbefriedigung zu erreichen, zuwider und sei daher unzulässig. Die Kläger verweisen auf die Bestimmung des § 294 Abs...

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