Entscheidungsstichwort (Thema)

Versagung des negativen Progressionsvorbehalts - Nichtanwendung des § 2 a Abs. 1 Satz 1 Nr. 6 a EStG

 

Leitsatz (amtlich)

Die Versagung des Progressionsvorbehalts in Bezug auf negative Einkünfte aus der Vermietung einer in Portugal belegenen Wohnung ist gemeinschaftsrechtswidrig.

 

Normenkette

EStG § 2a Abs. 1 S. 1 Nr. 6a, § 32b Abs. 1 Nr. 2, Abs. 2 Nr. 2; DBA-Portugal Art. 24 Abs. 2; EG-Vertrag Art. 56

 

Tatbestand

Die Kläger wurden in den Streitjahren 2004 und 2005 als gemäß § 1 Abs. 1 EStG unbeschränkt steuerpflichtige Eheleute zusammen zur Einkommensteuer veranlagt. Sie erzielten in Deutschland Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit (Kläger zu 1.) bzw. aus Gewerbebetrieb (Klägerin zu 2.). Außerdem erzielten sie in den Streitjahren negative Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung aus drei in Deutschland belegenen Immobilien (x-Straße in A, y-Straße in B sowie z-Straße in B).

Die Kläger begehren die Berücksichtigung weiterer negativer Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung im Hinblick auf eine in Portugal belegene Ferienwohnung. Das beklagte Finanzamt lehnte dies jeweils unter Hinweis auf § 2 a Abs. 1 Satz 1 Nr. 6 a) i.V.m. § 32 b Abs. 1 Nr. 2, Abs. 2 Nr. 2 EStG ab.

Mit ihrer nach erfolglosem Einspruchsverfahren erhobenen Klage verfolgen die Kläger ihr Begehren fort und beantragen,

die Einspruchsentscheidung vom 2.5.2007 aufzuheben und die Einkommensteuerbescheide 2004 und 2005 vom 15.3.2007 dahin zu ändern, dass weitere negative Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung in Höhe von 6.002,00 € bzw. 7.215,00 € bei der Bemessung des Steuersatzes berücksichtigt werden.

Das beklagte Finanzamt beantragt,

  • die Klage abzuweisen.

Es verweist darauf, dass die Verluste aus ausländischer Vermietungstätigkeit nicht unberücksichtigt blieben, sondern gesondert festgestellt und in späteren Veranlagungszeiträumen Berücksichtigung finden würden.

Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten wird auf den Inhalt der Gerichtsakte sowie der Sachakten des beklagten Finanzamtes verwiesen.

 

Entscheidungsgründe

Die Klage führt zum Erfolg. Die angegriffenen Bescheide sind rechtswidrig und verletzen die Kläger in ihren Rechten (§ 100 Abs. 1 Satz 1 FGO). Das beklagte Finanzamt hat zu Unrecht die negativen Einkünfte aus der Vermietung der in Portugal belegenen Wohnung im Rahmen des Progressionsvorbehalts nach Maßgabe des § 32 b EStG nicht einbezogen. Ihre Nichtberücksichtigung verstößt gegen die in Art. 56

(= Art. 73 b alter Zählung) des Vertrages von Amsterdam zur Änderung des Vertrages über die Europäische Union, der Verträge zur Gründung der Europäischen Gemeinschaften sowie einiger damit zusammenhängender Rechtsakte (ABl. Nr. C-340/173, 1997, 1; im Folgenden: EG-Vertrag) garantierte Kapitalverkehrsfreiheit. Im Einzelnen ist insoweit Folgendes auszuführen:

In § 2 a Abs. 1 Satz 1 Nr. 6 a EStG hat der nationale Gesetzgeber bestimmt, dass negative Einkünfte aus der Vermietung oder der Verpachtung von unbeweglichem Vermögen oder von Sachinbegriffen, wenn diese in einem ausländischen Staat belegen sind, nur mit positiven Einkünften der jeweils selben Art und aus demselben Staat ausgeglichen werden dürfen; sie dürfen auch nicht nach § 10 d EStG abgezogen werden. Nach § 32 b Abs. 1 Nr. 2 EStG ist auf das nach § 32 a Abs. 1 EStG zu versteuernde Einkommen, hat ein zeitweise oder während des Veranlagungszeitraumes unbeschränkt Steuerpflichtiger ausländische Einkünfte, die im Veranlagungszeitraum nicht der deutschen Einkommensteuer unterlegen haben, ein besonderer Steuersatz anzuwenden. Dieser besondere Steuersatz ist gemäß § 32 b Abs. 2 Nr. 2 EStG der Steuersatz, der sich ergibt, wenn bei der Berechnung der Einkommensteuer das nach § 32 a Abs. 1 EStG zu versteuernde Einkommen vermehrt oder vermindert wird um die in § 32 b Abs. 1 Nr. 2 EStG bezeichneten Einkünfte.

Die vorliegend in Rede stehenden Einkünfte aus der Vermietung der in Portugal belegenen Wohnung gehören zu den Einkünften aus unbeweglichem Vermögen, die nach Art. 6 Abs. 1 und Abs. 3 des Abkommens zwischen der Bundesrepublik Deutschland und der Portugiesischen Republik zur Vermeidung der Doppelbesteuerung auf dem Gebiet der Steuern vom Einkommen und Vermögen vom 15.7.1980 (BStBl. I 1982, S. 347 = BGBl. II 1982, S. 129; im Folgenden: DBA-Portugal) nur in dem Staat, in dem dieses Vermögen belegen ist - mithin in Portugal -, besteuert werden; diese Einkünfte der Kläger sind somit nach Art. 24 Abs. 2 lit. a) Satz 1 DBA-Portugal im Inland steuerfrei und gehen insoweit auch nicht in die Einkommensteuer-Bemessungsgrundlage zum Ausgleich steuerpflichtiger Einkünfte ein (vgl. insoweit nur BFH, Beschluss vom 13.11.2002, I R 13/02, sowie Urteil vom 17.10.1990, I R 182/87). Nach Art. 24 Abs. 2 lit. a) Satz 2 DBA-Portugal schränkt dieser Umstand allerdings das Recht der Bundesrepublik Deutschland nicht ein, diese Einkünfte bei der Festsetzung des Steuersatzes zu berücksichtigen.

Aus dieser Rechtslage folgt: Die negativen ausländischen Einkünfte der Kläger aus der Vermietung der in Portug...

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