Entscheidungsstichwort (Thema)
Aufgabe des Wohnsitzes und des gewöhnlichen Aufenthalts im Inland bei Umzug ins Ausland
Leitsatz (amtlich)
1. Fasst der Steuerpflichtige den Entschluss, seine Wohnung im Inland aufzugeben und dauerhaft ins Ausland umzuziehen, wird der inländische Wohnsitz bis zum tatsächlichen Verlassen der Wohnung am Umzugstag beibehalten.
2. Der gewöhnliche Aufenthalt im Inland endet in diesem Fall in dem Moment, in dem der Steuerpflichtige am Umzugstag das Inland verlässt.
3. Der Tag des Umzugs ins Ausland zählt noch zum Zeitraum der unbeschränkten Steuerpflicht.
4. Bei einer Nettolohnvereinbarung fließt dem Arbeitnehmer im Zeitpunkt der Auszahlung eines sonstigen Bezuges grundsätzlich auch der Lohn in Form der vom Arbeitgeber übernommenen Lohnsteuer zu.
Normenkette
AO §§ 8-9; EStG §§ 11, 36 Abs. 1 Nr. 2, §§ 38, 38a Abs. 1, § 42d
Tatbestand
Streitig ist, ob eine vom Kläger an A gezahlte Abfindung der inländischen Besteuerung unterliegt und der Beklagte den Kläger zur Recht für die darauf entfallende Lohnsteuer, die Kirchensteuer und den Solidaritätszuschlag in Haftung genommen hat.
Der Kläger war in den Streitjahren Arbeitgeber von A, einem deutschen Staatsangehörigen, auf der Grundlage eines befristeten Arbeitsvertrages vom ... 2001 zum ... Juni 2004. Vereinbart waren u.a. ein monatliches Bruttogehalt, ein Urlaubsgeld sowie zweimal jährlich zu leistende Sonderzahlungen.
A erwarb ein mit einem Einfamilienhaus bebautes Grundstück in B und lebte dort mit seiner damaligen Lebensgefährtin und späteres Ehefrau C. Anfang 2003 erhielt A ein Angebot eines chinesischen Arbeitgebers (D) in E. Er reiste am 8. Februar 2003 zu einem Vorstellungsgespräch nach E, wofür er vom Kläger freigestellt wurde. In E schloss A am ... Februar 2003 einen Anstellungsvertrag mit dem chinesischen Arbeitgeber und reiste am selben Tag zurück nach Hamburg.
Am ... Februar 2003 schloss der Kläger mit A eine Auflösungsvereinbarung, wonach der Vertrag vom ... 2001 mit Ablauf des ... Februar 2003 beendet werden sollte. Der Kläger verpflichtete sich, "für den Verlust des Arbeitsplatzes" eine Abfindung in Höhe von ... € "netto" zu zahlen und Lohnsteuer und Solidaritätszuschlag ebenso wie Sozialversicherungsbeiträge zu tragen. Die Abfindung sollte in drei Beträgen zu zahlen sein, und zwar in Höhe von jeweils ... € bei Auflösung des Vertrages und im Juli 2003 sowie in Höhe von ... € im Juli 2004.
Am 20. Februar 2003 flog A mit C und seinen beiden Hunden um 14.35 Uhr in Hamburg ab nach Frankfurt am Main, wo er um 15.45 Uhr landete. Von dort aus startete der Flug nach E um 17.40 Uhr. In E bezogen A und C ein durch den chinesischen Arbeitgeber angemietetes möbliertes Haus, das A sich während des Vorstellungstermins ausgesucht hatte.
Der Kläger reichte den Überweisungsauftrag für die erste Abfindungsrate in Höhe von ... € am Abend des 19. Februar 2003 bei der Bank-1 ein. Der Betrag wurde dem Bankkonto des A bei der Bank-2 am 20. Februar 2003 um 15.00 Uhr gutgeschrieben.
A meldete der Stadt B seinen Auszug zum 20. Februar 2003 und vermietete das Haus in B im Sommer 2003 an G. Der zunächst auf ein Jahr befristete Arbeitsvertrag zwischen A und D wurde anschließend um ein Jahr verlängert. Im Dezember 2004 kehrte A nach Deutschland zurück.
In der Gehaltsabrechnung des Klägers für A für Februar 2003 vom 19. Februar 2003 wurden u.a. eine Abfindung "netto" von ... €, ein steuerfreier Betrag der Abfindung von ... € sowie Lohnsteuer für die Abfindung in Höhe von ... €, Kirchensteuer in Höhe von ... € und ein Solidaritätszuschlag in Höhe von ... € aufgeführt.
Mit Lohnsteueranmeldung für Februar 2003 vom 17. März 2003 meldete der Kläger u.a. diese Beträge an und führte sie ab. Die Lohnsteueranmeldung wurde bestandskräftig und der Vorbehalt der Nachprüfung in der Folge einer Lohnsteuer-Außenprüfung für den Zeitraum August 2000 bis Februar 2003 mit Bescheid vom 20. Juni 2003 aufgehoben.
Mit Schreiben vom 26. März 2003 beantragte der Kläger bei dem seinerzeit zuständigen Betriebsstättenfinanzamt Hamburg-1 die Erteilung einer Lohnsteuer-Anrufungsauskunft bzgl. der Lohnsteuerpflicht für die zweite und dritte Abfindungsrate und ging dabei von einer fehlenden unbeschränkten und beschränkten Steuerpflicht bzw. einem vorrangigem Besteuerungsrecht Chinas aus, da A im Anschluss an die Aufhebung des Arbeitsvertrages mit ihm, dem Kläger, seinen Wohnsitz und gewöhnlichen Aufenthalt nach China verlegt habe. Das Finanzamt Hamburg-1 sah in der Auskunft vom 18. Juli 2003 nur den Betrag von ... € als nach § 3 Nr. 9 des Einkommensteuergesetzes (EStG) steuerfrei an. Auf den Einspruch des Klägers hin erteilte es unter dem 29. September 2003 eine Bescheinigung für beschränkt steuerpflichtige Arbeitnehmer mit dem Inhalt, dass die Abfindungszahlungen vom Juli 2003 und Juli 2004 gem. § 49 Abs. 1 Nr. 4 EStG i.V.m. dem Doppelbesteuerungsabkommen (DBA) China in der Bundesrepublik Deutschland nicht steuerpflichtig seien, sofern der A zum Zahlungszeitpunkt seinen Wohnsitz nach China verlegt hab...