Entscheidungsstichwort (Thema)

Nacherhebung von Einfuhrabgaben bei chinesischen DVD-Playern

 

Leitsatz (amtlich)

Wurden in chinesischen DVD-Playern integrierte Schaltkreise mit einem Ursprung außerhalb Chinas eingebaut, so kann aufgrund des wirtschaftlichen Wertes dieser eingebauten Teile nicht mehr von chinesischer Ursprungsware ausgegangen werden. Letztlich gehört es zum allgemeinen Geschäftsrisiko, dass sich Ursprungszeugnisse als gefälscht oder inhaltlich unrichtig erweisen können.

 

Normenkette

EWGV 2454/93 Art. 94 Abs. 3, 5; EWGV 2913/92 Art. 220 Abs. 2

 

Tatbestand

Die Beteiligten streiten über die Nacherhebung von Einfuhrabgaben bei chinesischen DVD-Playern.

Am 29. und 30.11.2001 sowie am 11.10.2002 beantragte die Klägerin beim Zollamt Hamburg-... mit fünf Zollanmeldungen die Abfertigung von insgesamt 10.055 DVD-Playern aus der Volksrepublik China zum freien Verkehr. Die Klägerin beantragte jeweils unter Vorlage eines Ursprungszeugnisses Form A die Präferenzbehandlung nach Art. 81 ZK-DVO. Das Zollamt akzeptierte die Präferenzanträge ohne Prüfung der Ursprungszeugnisse und erhob lediglich den Präferenzzoll in Höhe von 9,8%, insgesamt 77.118,42 EUR.

Im Sommer 2003 informierte das Zollkriminalamt die Oberfinanzdirektionen über Erkenntnisse des europäischen Amtes für Betrugsbekämpfung (OLAF), wonach in den aus der VR China eingeführten DVD-Playern möglicherweise integrierte Schaltkreise, die u.a. in den USA gekauft worden seien, eingebaut würden, die 2/3 der gesamten Materialkosten ausmachten, so dass die Wertgrenze für den Einsatz von Nicht-Ursprungswaren überschritten werde. Die betroffenen Zollämter wurden gebeten, die Ursprungszeugnisse zu überprüfen.

Daraufhin leitete der Beklagte im November bzw. Dezember 2003 über die Zentralstelle Ursprungsnachprüfung ein förmliches Nachprüfungsverfahren ein. Weil keine Antworten eingingen, erinnerte die Zentralstelle Ursprungsnachprüfung die chinesischen Behörden mit Schreiben vom 14.05. bzw. 04.08.2004 an die ausstehenden Stellungnahmen. Eine Reaktion hierauf erfolgte nicht.

Mit drei Einfuhrabgabenbescheiden nach Art. 220 Abs. 1 ZK vom 18.11.2004 und 13.12.2004 forderte der Beklagte die Differenz zwischen dem Präferenzzollsatz und dem regulären Zollsatz in Höhe von 14 % nach.

Mit Schreiben vom 30.11. bzw. 17.12.2004 legte die Klägerin Einspruch gegen die Abgabennacherhebung ein. Die Einsprüche wurden mit Einspruchsentscheidung vom 19.05.2005 zurückgewiesen.

Mit ihrer am 20.06.2005 bei Gericht eingegangenen Klage verfolgt die Klägerin ihr Begehren weiter. Die Anwendung von Art. 94 Abs. 5 ZK-DVO komme nicht in Betracht, da außergewöhnliche Umstände vorlägen. Dies ergebe sich daraus, dass die chinesischen Behörden innerhalb eines kurzen Zeitraums eine Vielzahl von Nachprüfungsersuchen nicht nur in diesen sondern auch in vielen anderen Einfuhrfällen zu beantworten gehabt hätten und daher überfordert gewesen seien. Die Nachprüfungsersuchen seien aufgrund von Arbeitsüberlastung unbeantwortet geblieben. Dies sei nicht mehr Bestandteil des allgemeinen Geschäftsrisikos. Auch hätten die chinesischen Zollbehörden ihre Pflichten schwerwiegend verletzt, da sie die Angaben der Hersteller offenbar nicht nachgeprüft hätten, obwohl sie über den Umfang der nach China eingeführten integrierten Schaltkreise Kenntnis gehabt hätten. Daher hätten die Herstellerangaben überprüft werden müssen. Auch den deutschen Zollbehörden sei eine schwerwiegende Pflichtverletzung vorzuwerfen, da sie durch die unkontrollierte Anwendung der Präferenzbestimmungen mögliche Unregelmäßigkeiten begünstigt habe. Aus den Wirtschaftsmedien sei allgemein bekannt gewesen, dass chinesische Hersteller von Elektroartikeln zu den Hauptimporteuren von integrierten Schaltkreisen gehörten. Der Nacherhebung stehe auch Art. 220 Abs. 2 lit. b Unterabs. 2 ZK entgegen. Der Einführer, dessen Ursprungsnachweise lediglich nicht nachweislich richtig seien, sei ebenso schutzwürdig wie der Einführer, dessen Ursprungsnachweise sich als unrichtig erwiesen hätten.

Die Klägerin beantragt,

die Einfuhrabgabenbescheide vom 18.11.2004 sowie vom 13.12.2004 in der Fassung der Einspruchsentscheidung vom 19.05.2005 aufzuheben.

Der Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

Er trägt vor, die Anwendung des Präferenzzollsatzes gemäß Art. 81 Abs. 1 ZK-DVO hänge auch von der Vorlage eines ordnungsgemäßen Ursprungszeugnisses Form A ab. Die vorgelegten Ursprungszeugnisse seien Gegenstand von förmlichen Nachprüfungsverfahren gewesen, nach Art. 94 Abs. 3 ZK-DVO müsste diese Prüfung innerhalb von sechs Monaten mit der Mitteilung eines aussagekräftigen Ergebnisses an die ersuchende Zollbehörde abgeschlossen sein. Nach Ablauf der Frist gemäß Art. 94 Abs. 5 ZK-DVO seien Erinnerungsschreiben an die chinesischen Behörden gerichtet worden. Da diese nicht reagiert hätten, sei die Präferenzgewährung abzulehnen gewesen. Außergewöhnliche Umstände seien nicht gegeben. Außergewöhnliche Umstände seien auch immer in Zusammenhang mit den beteiligten Staaten bzw. den Stellen des Nachp...

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