Revision eingelegt (BFH IV R 14/21)

 

Entscheidungsstichwort (Thema)

GewStG: Tonnagebesteuerung: Hinzurechnung von Sondervergütungen

 

Leitsatz (amtlich)

1. Sondervergütungen sind auch insoweit dem nach der Tonnage gem. § 5a Abs. 1 EStG ermittelten Gewinn hinzuzurechnen, als sie nach der Betriebsveräußerung oder -aufgabe entstanden sind.

2. Sondervergütungen, die nach Einstellung der werbenden Tätigkeit entstehen, zählen indes nicht zum fiktiven Gewerbeertrag im Sinne von § 7 Satz 3 Alt. 1 GewStG (in der Fassung des JStG 2019). Die Vorschrift führt lediglich zu einer Fiktion von Gewerbeertrag, aber nicht zur Fiktion eines Gewerbebetriebes.

 

Normenkette

GewStG § 2 Abs. 2 S. 1, § 7 S. 3; EStG § 5a Abs. 4a, § 15 Abs. 1 S. 1 Nr. 2 S. 1 Hs. 2

 

Nachgehend

BFH (Urteil vom 22.02.2024; Aktenzeichen IV R 14/21)

 

Tatbestand

Streitig ist, ob die Haftungsvergütung der Komplementärin in voller Höhe der Gewerbesteuerpflicht unterliegt.

Die Klägerin, eine GmbH, war die einzige Komplementärin der ... mbH & Co. KG (im Folgenden KG), einer Einschiffsgesellschaft, die zwischenzeitlich aufgelöst ist. Die Klägerin war ihre Liquidatorin und ist nach Ausscheiden der alleinigen Kommanditistin und Übernahme der Aktiva und Passiva deren Rechtsnachfolgerin (Handelsregisteranmeldung vom ... 2018). Seit 2017 befindet sie sich ebenfalls in Liquidation.

Gegenstand des Unternehmens der KG war der Erwerb und Betrieb von Seeschiffen sowie alle damit im Zusammenhang stehenden Geschäfte und Tätigkeiten sowie gegebenenfalls die Veräußerung von Seeschiffen. Die KG gab mit Vertrag vom ... 2007 den Bau eines Handelsschiffes in Auftrag und übernahm dieses am ... 2011. Das Schiff wurde am selben Tag in das deutsche Seeschiffsregister eingetragen und von der KG im internationalen Schiffshandelsverkehr eingesetzt. Die Klägerin erhielt nach § 5 Nr. 4 des Gesellschaftsvertrags als persönlich haftende Gesellschafterin für die Übernahme der Haftung eine Vergütung in Höhe von 2.500 € zuzüglich etwaiger gesetzlicher Umsatzsteuer pro Jahr. Sie war am Vermögen der KG und dem Gewinn und Verlust nicht beteiligt.

Die KG optierte mit Wirkung zum 1. Januar 2011 zur Gewinnermittlung nach der im Betrieb geführten Tonnage gem. § 5a des Einkommensteuergesetzes (EStG), sog. Tonnagesteuer. Mit Vertrag vom ... 2016 veräußerte sie das Schiff und übergab es am 21. April 2016 an den Erwerber. Weitere Geschäftstätigkeiten übte die KG nicht mehr aus.

In ihrer Gewerbesteuererklärung für das Streitjahr 2016 gab die KG einen Gewerbeertrag i.H.v. 88.296 € an, der sich aus einem nach § 5a Abs. 1 EStG pauschal ermittelten Gewinn in Höhe von 5.870 € sowie nach § 5a Abs. 4a Satz 3 EStG hinzuzurechnenden Sondervergütungen i.H.v. 82.426 € zusammensetzte. Als Teil der Sondervergütungen war auch die Haftungsvergütung von 2.500 € erfasst, die sie für den Zeitraum nach Übergabe des Schiffes (Mai bis Dezember) zeitanteilig kürzte und die in diesem Verfahren allein streitig ist.

Mit Gewerbesteuermessbescheid vom 15. Mai 2018 berücksichtigte der Beklagte die Haftungsvergütung in vollem Umfang als hinzuzurechnende Sondervergütung. Hiergegen richtete sich der Einspruch vom 4. Juni 2018. Mit der Veräußerung des Schiffs habe der Gewerbebetrieb der KG geendet, sodass die auf den Zeitraum nach der Veräußerung entfallende Haftungsvergütung nicht mehr der Gewerbesteuer unterliege. § 7 Satz 3 Alt. 1 des Gewerbesteuergesetzes (GewStG), nach der der nach § 5a EStG ermittelte Gewinn als Gewerbeertrag gelte, schließe nur Hinzurechnungen und Kürzungen nach den §§ 8, 9 GewStG aus.

Nachdem der Bescheid aus hier nicht interessierenden Gründen am 19. Dezember 2018 nochmals geändert worden war, wies der Beklagte den Einspruch am 15. Februar 2019 zurück. Die Fiktionsregelung des§ 7 Satz 3 Alt. 1 GewStG habe nicht nur konstitutive Wirkung für den Gewerbeertrag, sondern auch für das Bestehen eines Gewerbebetriebs (so auch Bruns in DStR 2018, 441). Die Hinzurechnung von Sondervergütungen sei bei der Gewinnermittlung nach der Tonnage in § 5a Abs. 4a Satz 3 EStG ausdrücklich angeordnet. Der nach § 5a EStG ermittelte Gewinn werde wiederum in § 7 Satz 3 GewStG in vollem Umfang als Gewerbeertrag fingiert. Soweit die Voraussetzungen für eine Gewinnermittlung nach § 5a EStG erfüllt seien, sei die Rechtslage damit derjenigen bei Kapitalgesellschaften vergleichbar, deren Tätigkeit nach § 2 Abs. 2 Satz 1 GewStG stets und in vollem Umfang als Gewerbebetrieb gelte.

Am 18. März 2019 hat die Klägerin Klage erhoben, mit der sie sich weiterhin gegen die vollumfängliche Berücksichtigung der Haftungsvergütung als Gewerbeertrag im Sinne von § 7 Satz 3 Alt. 1 GewStG wendet. Nach § 2 Abs. 1 GewStG unterliege der Gewerbesteuer ein inländischer Gewerbebetrieb nur so lange, wie er betrieben werde. Eine Ausnahmeregelung, wie sie sich für Kapitalgesellschaften in§ 2 Abs. 2 GewStG finde, existiere für Personengesellschaften, die ihren Gewinn nach § 5a EStG ermitteln, nicht. § 7 Satz 3 GewStG könne schon aufgrund seiner systematischen Stellung nicht als eine solc...

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