Entscheidungsstichwort (Thema)

Anforderungen an die Aufzeichnungspflichten gem. § 4 Abs. 3 EStG - Schätzung bei Marktbeschicker, der nur Umsatzsteuerheft führt

 

Leitsatz (amtlich)

Führt der Steuerpflichtige ausschließlich ein Umsatzsteuerheft, in dem er die Tageserlöse in einer Summe einträgt, ohne weitere Ursprungsaufzeichnungen oder Kassenberichte oder ähnliches zu führen, erfüllt er nicht die Anforderungen an die Aufzeichnungspflichten gem. § 4 Abs. 3 EStG.

 

Normenkette

AO § 162; EStG § 4 Abs. 3; UStG § 22 Abs. 5

 

Tatbestand

I.

Die Antragsteller wenden sich im Wege des einstweiligen Rechtsschutzes gegen Hinzuschätzungen nach erfolgter Außenprüfung.

Die Antragsteller wurden in den Streitjahren 2012 bis 2014 als Eheleute zusammen zur Einkommensteuer veranlagt. In den Streitjahren betrieb der Antragsteller einen gewerblichen Handel mit mediterranen Lebensmitteln auf diversen Wochenmärkten in Hamburg und ermittelte den Gewinn durch Einnahme-Überschuss-Rechnung (EÜR) nach § 4 Abs. 3 des Einkommensteuergesetzes (EStG). Ein Kassenbuch über seine täglichen Bareinnahmen führte er ebenso wenig wie Kassenberichte oder ähnliche Aufzeichnungen. Er führte lediglich sogenannte Umsatzsteuerhefte gemäß § 22 Abs. 5 des Umsatzsteuergesetzes (UStG), in denen er unter Abschnitt 1 unter dem jeweiligen Tagesdatum den jeweiligen Tagesumsatz in einer Summe notierte. In den Jahren 2012 bis 2014 ermittelte der Antragsteller u. a. jeweils folgenden Umsatz, Wareneinsatz, Gewinn und Rohgewinnaufschlagssatz (RGAS):

2012

2013

2014

Umsatz (erkl.)

... €

... €

... €

Wareneinsatz

... €

... €

... €

Gewinn

... €

... €

... €

RGAS

162%

132%

164%

Diese Umsätze und Gewinne legte der Antragsteller auch seinen Erklärungen zur Gewerbesteuer und Umsatzsteuer sowie - zusammen mit seiner Ehefrau, der Antragstellerin - zur Einkommensteuer zugrunde.

Nach einer Außenprüfung erhöhte der Antragsgegner die erklärten Umsätze um einen Sicherheitszuschlag i. H. v. ca. 5% zzgl. 7% Umsatzsteuer. Für das Jahr 2013 erhöhte er zudem die erklärten Umsätze um weitere ca. ...,- € zzgl. 7% Umsatzsteuer, um den RGAS an den RGAS in Höhe von ca. 175% der Jahre 2012 und 2014 nach erfolgter Hinzuschätzung des Sicherheitszuschlages in Höhe von ca. 5% anzugleichen. Durch die Hinzuschätzungen - und in den Jahren 2013 und 2014 unter Berücksichtigung hier nicht weiter streitiger anderer Punkte - legte der Antragsgegner u. a. folgende geschätzte Umsätze und Gewinne aus Gewerbebetrieb der Besteuerung zu Grunde:

2012

2013

2014

Umsatz (erkl.)

... €

... €

... €

Hinzuschätzung

... €

... €

... €

USt auf Hinzusch.

... €

... €

... €

Gesamt

... €

... €

... €

Wareneinsatz

... €

... €

... €

Gewinn nach BP

... €

... €

... €

RGAS

175%

175%

177%

Am 4. Oktober 2016 erließ der Antragsgegner entsprechend geänderte Bescheide für die Streitjahre über Einkommen-, Umsatzsteuer sowie über den Gewerbesteuermessbetrag und die Gewerbesteuer 2013 sowie 2014. Die Bescheide für 2013 sind aus hier nicht interessierenden Gründen am 12. Januar 2018 nochmals geändert worden.

Am 9. Oktober 2016 legten die Antragsteller gegen diese Bescheide Einspruch ein. Gleichzeitig beantragten sie Aussetzung der Vollziehung (AdV), welche der Antragsgegner mit zwei Bescheiden vom 21. November 2016 zunächst gewährte.

Mit Einspruchsentscheidungen vom 25. August 2017 wies der Antragsgegner die Einsprüche der Antragsteller bezüglich der Einkommensteuer 2012 bis 2014 sowie des Gewerbesteuermessbetrags 2013 und 2014 und der Umsatzsteuer 2012 bis 2014 als unbegründet zurück.

Nachdem der Antragsgegner die nach Erlass der Einspruchsentscheidungen erneut bei ihm beantragte AdV abgelehnt und auch die hiergegen gerichteten Einsprüche zurückgewiesen hat, haben die Antragsteller am 19. Oktober 2017 einen Antrag auf AdV bei Gericht gestellt, welchen sie unter Hinweis auf die Begründung im Hauptsacheverfahren (Az. 2 K 279/17) wie folgt begründen:

An der Rechtmäßigkeit der angefochtenen Bescheide bestünden ernstliche Zweifel. Der Antragsgegner sei nicht zur Schätzung befugt gewesen, da die Unterlagen zur Gewinnermittlung nach § 4 Abs. 3 EStG nicht unvollständig vorgelegt worden seien. Der Antragsteller führe ein ordnungsgemäßes Umsatzsteuerheft, welches tagesgenau überprüft werden könne. Ein Umsatzsteuerheft sei nicht unsichtbar manipulierbar. Da es täglich im Original vorlegbar sein müsse, sei es zwingend täglich zu führen. Alle Tageseinnahmen seien nach Ablauf des Handelstages unverzüglich einzutragen. Weiterhin sei es durch die Originalausgabe durch die Finanzbehörde nicht austauschbar oder ersetzbar.

Die Erlösaufzeichnungen in einem Umsatzsteuerheft hätten daher sogar noch einen höheren Überprüfungsgrad als einzelne, wenn auch durchnummerierte Kassenberichte. Ein ordnungsgemäß geführtes Umsatzsteuerheft habe Urkundencharakter, da ein exakt zu führendes Originaldokument der Finanzbehörde vorliege.

Da der Antragsteller keine Additionen (durch z. B. im Laufe des Handelstages erfolgte Bareinkäufe oder Entnahmen) oder Subtraktionen (z. B. Einlagen) vom täglic...

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