Entscheidungsstichwort (Thema)

Zur erbschaftsteuerlichen Erfassung und Bewertung von Aktien einer schweizerischen Mieter-Aktiengesellschaft

 

Leitsatz (redaktionell)

Das Klageverfahren über den Verpflichtungsantrag zur Änderung eines Steuerbescheides wegen neuer Tatsachen nach angeblicher Bestandskraft kann ausgesetzt werden, solange im vorangegangenen Anfechtungs-Einspruchsverfahren keine schriftliche Erledigung (Einspruchsentscheidung, Abhilfe oder Rücknahme) vorliegt.

 

Normenkette

FGO § 74; AO § 90 Abs. 2, §§ 173, 357, 362, 365, 367; ErbStG §§ 12, 9; BewG § 11 Abs. 2, §§ 9, 31

 

Tatbestand

I. Die Klägerin begehrt Wiedereinsetzung in den vorigen Stand wegen versäumter Ausschlussfrist zur Bezeichnung des Klagebegehrens und Einreichung der schriftlichen Prozessvollmacht. In der Sache selbst begehrt die Klägerin die Verpflichtung des Beklagten (des Finanzamts -FA-), die Erbschaftsteuer bezüglich des testamentarischen Erwerbs von Anteilen an einer schweizerischen Immobilien-Aktiengesellschaft herabzusetzen.

Mit notariell beurkundeten Testamenten vom 6. Februar 1985 und 13. Oktober 1986 setzte der Erblasser E die Klägerin zu seiner alleinigen Vorerbin ein. Laut beiden Testamenten sollte die Klägerin vom Erblasser insbesondere den "Aktienanteil am Grundstück in Genf, Route Y," erben. Zudem ernannte der Erblasser in den Testamenten einen Testamentsvollstrecker.

Am 23. April 1992 verstarb der Erblasser. Im Rahmen der Erbschaftsteuererklärung vom 30. April 1993 gab der Testamentsvollstrecker in der Rubrik "B. 2 Grundvermögen" in der Zeile "Lage des ausländischen Grundstücks": "Genf, Route Y Eig. Wo" und in der dazugehörigen Zeile unter "gemeiner Wert in DM": "241.700" an. Mit Bescheid vom 15. März 1994 setzte der Beklagte die Erbschaftsteuer der Klägerin unter dem Vorbehalt der Nachprüfung fest. Der Erbschaftsteuererklärung folgend legte das FA bei der Berechnung der Erbschaftsteuer für den Erwerb ausländischen Grundvermögens einen Wert von 241.700 DM zugrunde.

Am 15. April 1994 erhob die Klägerin gegen diesen Bescheid Einspruch. Mit Bescheid vom 24. August 1994 änderte das FA die Erbschaftsteuer der Klägerin aus anderen Gründen, wobei es den Vorbehalt der Nachprüfung bestehen ließ. Bei der Berechnung der Steuer setzte das FA weiterhin 241.700 DM für ausländisches Grundvermögen an.

Mit Schreiben vom 5. September 1994 begründete die Klägerin ihren Einspruch vom 15. April 1994 unter anderem damit, dass die für ausländisches Grundvermögen angesetzten 241.700 DM bei der Berechnung der Erbschaftsteuer in Deutschland nicht berücksichtigt werden dürften. Es handele sich bei dem Wirtschaftsgut um eine in Genf gelegene Eigentumswohnung. Auf diese sei Artikel 10 des Erbschaftsteuer-Doppelbesteuerungsabkommens Deutschland-Schweiz - DBA Schweiz (E) - anzuwenden, wonach unbewegliches Vermögen in dem Staat der Erbschaftsteuer zu unterwerfen sei, in dem das Vermögen liege. Dies sei hier die Schweiz.

Am 13. September 1994 legte die Klägerin auch gegen den Bescheid vom 24. August 1994 Einspruch ein und verwies auf ihre Begründung im Schreiben vom 5. September 1994. Mit Schreiben vom 23. Januar 1995 wiederholte die Klägerin ihre Begründung zum Einspruch vom 14. April 1994. Das FA notierte in einem Aktenvermerk vom 9. Februar 1995, nach Eingang des (vorgenannten) Schreibens sei die Rechtslage telefonisch mit der Klägerin geklärt worden. Das Schreiben vom 23. Januar 1995 solle als gegenstandslos betrachtet werden.

Mit Schreiben vom 22. April 1996, gerichtet an den Erblasser, gab die Fa. C & Cie, welche die Wohnanlage in der Route Y in Genf verwaltete, Auskunft über die für die Erstellung der Kantonalsteuererklärung 1995 erforderlichen Tatsachen. Danach entfielen im Jahr 1995 auf den Erblasser vier Aktien an der in der Übersetzung des Steuerberaters so bezeichneten "Immobiliengesellschaft der Aktionäre-Mieter: SI Y - Genf" mit einem steuerlichen Wert von 5.425 Schweizer Franken -SFR- pro Aktie und einem Gesamtwert von 21.700 SFR.

Mit Bescheid vom 11. September 1996 änderte das Finanzamt erneut die Erbschaftsteuer der Klägerin, hob den Vorbehalt der Nachprüfung auf und erklärte den Einspruch der Klägerin vom 13. September 1994 für erledigt. Bei der Berechnung des steuerpflichtigen Erwerbs setzte das FA weiterhin 241.700 DM für ausländisches Grundvermögen an.

Am 13. September 1996 stellte die Societé Immobilière Y-Geneve A in Genf ein Aktienzertifikat über 4 Namensaktien mit einem nominalen Gesamtwert von 8.000 SFR auf den Namen der Klägerin aus. Laut Urkunde ersetze diese Zweitausstellung das verlorene bzw. zerstörte Originalzertifikat und werde es auf Anordnung des Gerichts erster Instanz vom 5. Juli 1996 (C/17871/ 1996-14-SP) ausgestellt. Die Klägerin sei zudem im Aktienregister der Gesellschaft als Eigentümerin der Aktien eingetragen worden.

Am 23. Dezember 1996 beantragte die Klägerin, den Bescheid vom 11. September 1996 gemäß § 173 Abs. 1 Nr. 2 AO zu ändern, da sich neue Tatsachen und Beweismittel ergeben hätten, ohne dass die Klägerin daran ein gr...

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