Entscheidungsstichwort (Thema)

Aktivierung von Steuererstattungsansprüchen – keine Realisierung bei entgegenstehenden Steuerfestsetzungen

 

Leitsatz (redaktionell)

  1. Eine Aktivierung bestehender Steuererstattungsansprüche kommt solange nicht in Betracht, als ihrer Geltendmachung wirksame und zwischen den Beteiligten noch streitige Steuerfestsetzungen entgegenstehen.
  2. Anderes gilt nur dann, wenn das FA gegenüber dem Steuerpflichtigen bereits vor Aufhebung oder Änderung der angefochtenen Bescheide auf andere Weise eindeutig zu erkennen gibt, dass es seinen bisherigen Standpunkt aufgibt und den Erstattungsanspruch im geltend gemachten Umfang akzeptieren wird.
  3. Die Veröffentlichung eines die zugrundeliegende Rechtsfrage zugunsten des Steuerpflichtigen entscheidenden BFH-Urteils im Bundessteuerblatt reicht hierfür ebenso wenig aus wie eine dem vorangegangene Grundsatzentscheidung des EuGH (hier betr. die Steuerfreiheit von Umsätze aus dem Betrieb von Geldspielautomaten).
  4. Die Anerkennung der Erstattungsansprüche ist eine wertbegründende Tatsache, die für vorhergehende Bilanzstichtage nicht zu berücksichtigen ist.
 

Normenkette

EStG § 5 Abs. 1 S. 1; HGB § 252 Abs. 1 Nr. 4 2.Hs.

 

Streitjahr(e)

1996, 1997, 1998, 1999, 2000, 2001

 

Nachgehend

BFH (Urteil vom 31.08.2011; Aktenzeichen X R 19/10)

 

Tatbestand

Die Beteiligten streiten darüber, ob Umsatzsteuererstattungen für die Jahre 1996 bis 2001 ertragsteuerlich (bereits) im Veranlagungszeitraum 2005 zu erfassen sind.

Der Kläger erzielt gewerbliche Einkünfte aus dem Betrieb „Geldspielautomaten”. Er ermittelt den Gewinn durch Betriebsvermögensvergleich. Die Umsätze aus dem Betrieb der Geldspielautomaten waren im Rahmen der Umsatzsteuerfestsetzungen für 1996 bis 2001 zunächst als steuerpflichtige Umsätze erfasst worden. Im Hinblick auf eine etwaige Umsatzsteuerfreiheit dieser Umsätze beantragte der Kläger für 1996 bis 1999 am 15. November 2001 und für 2000 und 2001 am 27. November 2003 eine Änderung der Steuerfestsetzungen. Den Einspruch gegen die Ablehnung der begehrten Änderungen stellte der Beklagte, das Finanzamt – FA –, am 10. März 2004 ruhend. Die Bilanz für 2005 wurde am 26. April 2007 aufgestellt.

Im Anschluss an die Entscheidung des EuGH in der Sache „Linneweber” (Urteil vom 17. Februar 2005, C-453/02 und C-462/02, C-453/02, C-462/02, EuGHE I 2005, 1131), mit der der EuGH entschieden hatte, dass Umsätze aus dem Betrieb von Geldspielautomaten gemäß Art. 13 Teil B Buchst. f) der Richtlinie 77/388/EWG umsatzsteuerfrei sind, und nachdem im Laufe des Jahres 2006 zwischen den Beteiligten Einvernehmen über die Höhe der steuerfreien Umsätze erzielt worden war, erließ das FA am 08. Mai 2006 für die Jahre 1996 und 1997, am 26. Oktober 2006 für 1998, am 22. November 2006 für 1999, am 29.Dezember 2006 für 2000 und am 16. Januar 2007 für 2001 entsprechend geänderte Umsatzsteuerbescheide.

Das FA ist der Auffassung, dass die sich aus der Umsatzsteuerfreiheit der Automatenumsätze ergebenden Erstattungsansprüche ertragsteuerlich bereits für den Veranlagungszeitraum 2005 zu erfassen sind und erließ am 13. Februar 2008 einen entsprechend geänderten Einkommensteuerbescheid für 2005, änderte am 22. Februar 2008 den Gewerbesteuermessbetrag für 2005 und erließ am 25. Februar 2008 einen geänderten Gewerbesteuerzerlegungsbescheid für 2005.

Im Einspruchsverfahren machte der Kläger geltend, eine Aktivierung der streitigen Erstattungsansprüche komme für 2005 nicht in Betracht. Im Jahr 2005 hätten noch die Ursprungsbescheide existiert, also Bescheide, die keine Erstattungen vorgesehen hätten. Die Bezifferung der Ansprüche sei erst im Laufe des Jahres 2006 erfolgt, die Bescheide erst in 2006 ergangen, der letzte Bescheid sogar erst in 2007. Die Aktivierung sei daher erst 2006 vorzunehmen, was zwischenzeitlich auch geschehen sei.

Durch Beschluss vom 27. Juni 2008 hat der Senat im Verfahren 15 V 1128/08 A (E,G) die Änderungsbescheide zur Einkommensteuer und Gewerbesteuer für 2005 von der Vollziehung ausgesetzt.

Mit der Einspruchsentscheidung vom 13. Oktober 2008 hat das FA die Einkommensteuer und Gewerbesteuer für 2005 aus hier nicht mehr streitigen Gründen herabgesetzt. Im Übrigen hielt das FA an seiner Auffassung fest und wies die Einsprüche als unbegründet zurück. Spätestens im Zeitpunkt der Veröffentlichung des BFH-Urteils vom 12. Mai 2005 im Bundessteuerblatt (BStBl II 2005, 617) habe der Kläger von einer Anerkennung seiner Umsatzsteuererstattungsansprüche durch das FA ausgehen können. Die Finanzverwaltung habe hierdurch im Grundsatz das Bestreiten aufgegeben. Der gebotenen wirtschaftlichen Betrachtung folgend stehe die ausstehende Umsetzung im Einzelfall der Aktivierung nicht entgegen. Im Falle der Veräußerung des Betriebs hätte der erwartbare Umsatzsteuererstattungsanspruch spätestens ab diesem Zeitpunkt einen messbaren Eingang in die Kaufpreisbestimmung gefunden.

Hiergegen wendet sich der Kläger mit der Klage. Er trägt vor, eine Aktivierung eines (zunächst) bestrittenen Steuererstattungsanspruchs kom...

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