rechtskräftig

 

Entscheidungsstichwort (Thema)

Änderungsbefugnis wegen neuer Tatsachen; hier: Nichtanforderung des Aufhebungsvertrages bei Abfindung für die vorzeitige Beendigung des Beschäftigungsverhältnisses; Ermittlungspflicht; Finanzbehörde; Tarifbegünstigung; Außerordentliche Einkünfte; Zusammenballung

 

Leitsatz (redaktionell)

Erläutert der Steuerpflichtige eine in seiner Einkommensteuererklärung als tarifbegünstigt ausgewiesene Entschädigung dahingehend, dass es sich “ um die Abfindung für das vorzeitig beendete Beschäftigungsverhältnis” handele, so steht die Nichtanforderung des Aufhebungsvertrages, aus dem allein sich weitere Entschädigungszahlungen im Vorjahr und damit das Fehlen der für die Tarifbegünstigung erforderlichen Zusammenballung der Einkünfte in einem Veranlagungszeitraum ergeben, der späteren Änderung der antragsgemäßen Veranlagung wegen neuer Tatsachen nicht entgegen.

 

Normenkette

AO § 173 Abs. 1 Nr. 2 S. 1; EStG § 24 Nr. 1a, § 34 Abs. 1-2

 

Tatbestand

Der Kläger war seit 1990 als Apotheker im Vorstand der “X”-Arzneimittel AG nichtselbständig tätig.

Mit Datum vom 07.07.1992 schloss der Kläger mit seinem Arbeitgeber eine Aufhebungsvereinbarung, nach welcher der Vorstandsvertrag “auf Veranlassung der “X” ” vorzeitig zum 31.08.1992 beendet wurde. Der Kläger sollte für die Zeit zwischen seinem Ausscheiden am 31.08.1992 und einer möglichen Aufnahme einer Tätigkeit bei einem anderen Unternehmen oder als Freiberufler, längstens aber bis zum 31.12.1992, eine Vergütung in Höhe von 50 % seiner bisherigen Bezüge erhalten. Außerdem sollte ihm der Firmenwagen bis zum 31.12.1992 - längstens bis zur Aufnahme einer neuen Tätigkeit - überlassen bleiben. Der Kläger wurde mit sofortiger Wirkung von der Arbeit freigestellt. Er sollte dem Arbeitgeber jedoch weiterhin auch nach seinem Ausscheiden für Informationsgespräche zur Verfügung stehen. Die “X” verpflichtete sich, dem Kläger eine Abfindung von 448.000,-- DM in zwei Raten am 15.01.1993 und 15.02.1993 zu zahlen.

Der Kläger stand im Zeitraum 09/1992 bis 12/1992 - wie die “X” in einem Schreiben vom 17.01.1998 bestätigt - seinem früheren Arbeitgeber für Rückfragen, die seinen Tätigkeitsbereich betrafen, zur Verfügung und wurde auch insoweit in Anspruch genommen. Hierbei handelte es sich insbesondere um zwei Komplexe, die Abwicklung eines Lager- und Versandneubaus in “Y” und die Abwicklung eines Fabrikneubaus in”Q” .

Der Kläger gab für das Jahr 1992 beim Finanzamt “A” eine Einkommensteuererklärung ab, in der er Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit von 287.960,-- DM und Einkünfte aus einer nebenberuflichen, selbständig ausgeübten Pharmaberatung in Höhe von ./. 818,-- DM erklärte. Im Rahmen seiner Werbungskosten aus nichtselbständiger Arbeit gab der Kläger “Rechtsanwaltskosten für Vertragsauflösung “X” ” an.

Für das Streitjahr 1993 erklärte der Kläger der Anlage N zu seiner Einkommensteuererklärung zwei Nachzahlungen für 1992, zum einen eine erhaltene Tantieme in Höhe von 50.439,-- DM, zum anderen eine ermäßigt zu besteuernde Entschädigung in Höhe von 424.000,-- DM. Auf der beigefügten Lohnsteuerkarte waren diese Zahlungen als Nachzahlungen für 1992 - und zwar der Betrag von 424.000,-- DM als ermäßigt besteuerte Entschädigung - ausgewiesen. In einer Anlage zur Steuererklärung erläuterte der Kläger, beide Zahlungen resultierten aus dem Arbeitsverhältnis mit der “X” , “das in 1992 aufgelöst wurde”. Der Entschädigung genannte Betrag sei “die Abfindung für das vorzeitig beendete Beschäftigungsverhältnis, das unter Berücksichtigung des Freibetrages mit dem halben Steuersatz abgerechnet wurde”. In der Erläuterung heißt es weiter: “Da eine zum 01.01.1993 vorgesehene Apothekenübernahme nicht zu Stande kam, bestand in 1993 zunächst kein volles Beschäftigungsverhältnis. Während der weiteren Apothekensuche wurde die frühere nebenberufliche, freiberufliche Pharmaberatung zur Überbrückung intensiviert”. Die Steuererklärung war mit Hilfe eines Steuerberaters erstellt.

Der Beklagte setzte die Einkommensteuer 1993 antragsgemäß unter Anwendung des ermäßigten Steuersatzes nach § 34 Einkommensteuergesetz - EStG - für die gezahlte Entschädigung fest. Aufgrund eines Einspruchs des Klägers betreffend den Vorwegabzug bei den Sonderausgaben änderte der Beklagte den Bescheid nach § 172 Abs. 1 Nr. 2 Abgabenordnung - AO -.

Auf Veranlassung des Staatlichen Rechnungsprüfungsamtes griff der Beklagte die Frage der ermäßigten Besteuerung der von dem Kläger bezogenen Abfindung zum Ende des Jahres 1996 wieder auf. Er forderte den Arbeitsvertrag, die Versorgungsvereinbarung und den Aufhebungsvertrag an. Aufgrund des Inhalts dieser Verträge erließ der Beklagte unter Berufung auf § 173 Abs. 1 Nr. 1 AO einen Änderungsbescheid, in dem er die Steuerermäßigung nach § 34 EStG für die gezahlte Abfindung versagte. Zur Begründung führte es aus, bedingt durch die Zahlung des Gehaltes über den 31.08.1992 hinaus und die zusätzliche Abfindung in 1993 fehle es an der erforderlichen Zusammenballung von Einkünften. Den von...

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