Entscheidungsstichwort (Thema)

Einheitliches Vertragswerk: Einbeziehung der Ausbaukosten eines Rohbaus in die Bemessungsgrundlage der Grunderwerbsteuer – Nachträglicher Abschluss der Werkverträge über Ausbauarbeiten durch Erwerber – Einholung und Weiterleitung der betreffenden Angebote durch den Grundstücksverkäufer vor dem Abschluss des Kaufvertrags

 

Leitsatz (redaktionell)

  1. Beauftragt der Grundstückskäufer den Grundstücksverkäufer mit der Errichtung des Rohbaus und nach Abschluss des Grundstückskaufvertrags Dritte mit dem weiteren Ausbau des Gebäudes, sind die Ausbaukosten in die Bemessungsgrundlage der Grunderwerbsteuer einzubeziehen, soweit die vom Erwerber mit dem Ausbau beauftragten Unternehmen bereits beim Abschluss des Grundstückskaufvertrags zur Veräußererseite gehörten und dem Erwerber vor diesem Zeitpunkt die Ausbauarbeiten konkret benannt und zu einem im Wesentlichen feststehenden Preis angeboten hatten und der Erwerber dieses Angebot später unverändert oder mit geringen Abweichungen angenommen hat (vgl. BFH- Urteil vom 3. 3. 2015 II R 9/14, BFHE 249, 323, BStBl II 2015, 660).
  2. Die Ausbaukosten gehören daher nicht zur Bemessungsgrundlage, wenn nicht festgestellt werden kann, dass der Grundstücksverkäufer die den Ausbau des Gebäudes betreffenden Angebote eingeholt und vor dem Abschluss des Grundstückskaufvertrags unter Benennung der einzelnen Unternehmen an den Erwerber weitergeleitet hat.
 

Tatbestand

Das Verfahren befindet sich im zweiten Rechtszug.

Die Klägerin erwarb durch notariellen Kaufvertrag vom 2. 2. 2007 das Grundstück A ..., ...,…zum Preis von 524.850 € von der „B GmbH”. Laut Tz. 1.1 des Vertrages sollte der Verkäufer auf dem Grundstück ein Einfamilienhaus mit Garage als Rohbau mit Verklinkerung, Dachstuhl, Dacheindeckung nebst Regenrinne und Regenfallrohren nach Maßgabe der als Anlage zum Vertrag genommenen Baubeschreibung und Plänen errichten. Nach Tz. 3.1 des Vertrages sollte der Käufer den weiteren Ausbau bis zur Bezugsfertigstellung einschließlich Außenanlagen in eigener Regie, auf eigenen Namen und eigene Rechnung durchführen.

Die Anlage B zum Kaufvertrag betraf die Ausbauarbeiten bez. Fenster, Außentüren, Rollladen, Heizungsinstallation, Sanitärinstallation, Elektroinstallation, Innenputzarbeiten und Deckenverkleidungen, Estrich, Plattierungsarbeiten, Innentüren, Oberböden sowie Anstreich- und Tapezierarbeiten.

Der Bauantrag wurde am 7. 2. 2007 von der B GmbH gestellt und am 14. 2. 2007 genehmigt.

Der Baubeginn wurde auf den 23. 4. 2007 angezeigt, als Bauleiter wurde seitens der B GmbH Herr C angegeben.

Am 13. 7. 2007 erfolgte die Rohbauabnahme. Die Fa. B GmbH zeigte dem Bauamt am 21. 11. 2007 die Fertigstellung zum 30. 11. 2007 an.

Mit Bescheid vom 1. 3. 2007 setzte der Beklagte die Grunderwerbsteuer unter Vorbehalt der Nachprüfung auf 18.369 € fest. Auf Anfragen des Beklagten teilte die Klägerin im April 2009 mit, dass die Ausschreibungen und Beauftragung der Firmen für die einzelnen Innenausbaugewerke unter Einschaltung eines Bauleitungsbüros erfolgt seien. Eine Kopie des Baubetreuervertrages vom 6. 8. 2007 mit dem Bauleitungsbüro B wurde übersandt. Danach oblagen dem Baubetreuer die Vorbereitung der Vergabe und Objektüberwachung der Gewerke 4-15.

Der Beklagte erließ am 8. 3. 2010 einen nach § 164 Abs. 2 AO geänderten Bescheid und setzte die Steuer auf 24.669 € fest; die Baukosten wurden auf 180.000 € geschätzt. Der Vorbehalt der Nachprüfung blieb bestehen. Hiergegen legte die Klägerin Einspruch ein, den der Beklagte am 22. 8. 2012 zurückwies. Er führte aus, bei den Verkäufen durch die Fa. B GmbH werde im Wesentlichen wie folgt vorgegangen: im Internet würden schlüsselfertige Einfamilienhäuser der gehobenen Ausstattung mit detaillierter Beschreibung der Innenausstattung zu Komplettpreisen angeboten. Die GmbH vertreibe die Grundstücke in völlig fertig geplantem und zum Teil fast fertig gestellten Zustand. Die Vertragsentwürfe seien auch im Hinblick auf den Innenausbau bis ins Letzte detailliert; die Anlagen zum Vertrag enthielten in Teil A eine Auflistung der Arbeiten bis zur Rohbaufertigstellung, in Teil B eine Auflistung der Ausbauarbeiten. Es folge eine zusammengefasste Aufstellung der GmbH unter Hinweis auf die Kostenaufstellung der Fa. C für das schlüsselfertige Objekt inkl. Ausbaukosten. Die diversen Werkverträge mit den Ausbaufirmen seien vom Büro C vorgefertigt, würden von den Bauherren jeweils mit den einzelnen Firmen abgeschlossen, die Gewerke würden überwiegend von den gleichen Firmen ausgeführt; Rechnungen und Bauleistungen würden vom Büro C geprüft. Herr C werde regelmäßig durch die GmbH empfohlen; für die Baubetreuung sei ein sehr günstiges Entgelt von 5.000 € vereinbart. Den Erwerbern werde bereits vor Abschluss des Kaufvertrages von dem Architekten D, einem Gründungsgesellschafter der GmbH, in Zusammenarbeit mit dem Büro C ein Grundstück und der dazu gehörige Ausbau mit entsprechender Beschreibung aufgrund einer in bautechnischer und finanzieller Hinsicht konkreten det...

Das ist nur ein Ausschnitt aus dem Produkt Haufe Steuer Office Excellence. Sie wollen mehr?

Anmelden und Beitrag in meinem Produkt lesen


Meistgelesene beiträge