rechtskräftig

 

Entscheidungsstichwort (Thema)

Regelmäßig keine Begründung eines Pflegekindschaftsverhältnisses mit fast volljährigem Kind. Kindergeld

 

Leitsatz (amtlich)

Es besteht kein Pflegekindschaftsverhältnis, wenn die Kläger das weder körperlich noch geistig behinderte Kind erst kurz dessen 18. Geburtstag in ihrem Haushalt aufnehmen, ihnen auch die Personensorge nicht übertragen wird, Zweck der Haushaltsaufnahme offensichtlich die Unterbringung und Verköstigung für die Dauer der Berufsfindung und die sich ggf. anschließende Lehre sein sollte und das Kind den Haushalt tatsächlich bereits vier Monate später wieder verlässt.

 

Normenkette

EStG § 32 Abs. 1 Nr. 2

 

Tenor

Die Klage wird abgewiesen.

Die Klägerin trägt die Kosten des Verfahrens.

 

Tatbestand

Streitig ist, unter welchen Voraussetzungen ein Pflegekindschaftsverhältnis (im Sinne des § 32 Abs. 1 Nr. 2 EStG) zu einem fast volljährigen Kind begründet wird.

Im November 1996 beantragte die Klägerin die Gewährung von Kindergeld für „B” (geboren am 7. Oktober 1978) – im folgenden: B –, der ab 9. September 1996 von ihr und ihrem Ehemann in den gemeinsamen Haushalt aufgenommen worden ist. In diesem Zusammenhang trug sie vor, das Kind solle auf unbestimmte Zeit in ihrer Obhut verbleiben, sie versorge das Kind, dessen leibliche Eltern ihr nicht bekannt seien, ganztägig an allen Wochentagen. Das zuständige Jugendamt des Kreises „M” habe eine Pflegeerlaubnis erteilt und zahle für das Kind Pflegegeld. Die Klägerin legte einen Bescheid des Jugendamts vom 30. Oktober 1996 vor, womit B antragsgemäß Pflegegeld im Rahmen einer Hilfe für junge Volljährige gemäß § 41 Kinder- und Jugendhilfegesetz = Sozialgesetzbuch VIII –KJHG– zunächst bis zum 31.03.97 gewährt wurde. Der Beklagte lehnte den Kindergeldantrag ab.

Hiergegen erhob die Klägerin Einspruch. Sie führte aus, B befinde sich über sein 18. Lebensjahr hinaus in ihrem Haushalt, weil für ihn weiterhin pädagogische Hilfen erforderlich seien; er werde darüber hinaus durch den Kinderpflegedienst „D” betreut. Die Ablehnung des Kindergeldantrags könne sie nicht nachvollziehen, weil das zuständige Finanzamt auf der Lohnsteuerkarte ihres Ehemanns antragsgemäß einen Kinderfreibetrag für das Pflegekind eingetragen habe. Das Jugendamt unterstützte den Einspruch; es trug vor. B sei bereits vorher ab November 1982 in einer anderen Pflegefamilie untergebracht gewesen. Das Pflegeverhältnis bestehe somit fort.

Im Verlauf des Einspruchsverfahrens (am 17. Januar 1997) zog B bei der Klägerin aus.

Der Einspruch hatte keinen Erfolg. Der Beklagte vertrat die Auffassung, es fehle hier an einer auf Dauer angelegten familienähnlichen Bindung, die für die Annahme eines Pflegekindschaftsverhältnisses gemäß § 32 Abs. 1 Nr. 2 Einkommensteuergesetz –EStG– erforderlich sei. Mit einem familienfremden Kind, das kurz vor Eintritt der Volljährigkeit in den Haushalt aufgenommen werde, könne im Regelfall kein Pflegekindschaftsverhältnis begründet werden. Denn mit dem Eintritt der Volljährigkeit werde die Eigenständigkeit des jungen Menschen erhöht, in der kurzen Zeit vorher habe kein familienähnliches, auf längere Dauer berechnetes Band wachsen können. Daß B zwischenzeitlich aufgrund einer spontanen Entscheidung den Haushalt der Klägerin wieder verlassen habe, unterstreiche dies. Daß das Finanzamt dem Ehemann der Klägerin antragsgemäß für B einen Kinderfreibetrag auf der Lohnsteuerkarte 1997 eingetragen habe, führe zu keinem anderen Ergebnis; denn dies habe keine Auswirkung auf den Kindergeldanspruch.

Hiergegen richtet sich die Klage. Die Klägerin ist der Ansicht, es habe eine familienähnliche Bindung bestanden, die auf mehrere Jahre angelegt gewesen sei. B habe zunächst an einer Berufsfindungsmaßnahme teilnehmen und anschließend im Herbst 1997 eine neue Ausbildung beginnen sollen. Bis zum Ende der Ausbildung habe er bei der Klägerin wohnen sollen. Dies sei mit dem Jugendamt abgesprochen gewesen. Daß das Pflegegeld gemäß § 41 KJHG zunächst auf 6 Monate beschränkt gewesen sei, stehe dem nicht entgegen. Denn dadurch habe auf B Druck ausgeübt werden sollen, sein bisher durch mangelnde Mitwirkung geprägtes Verhalten (unregelmäßiger Schulbesuch, abgebrochene Lehre) zu ändern. Der kurzfristige Auszug aus dem Haushalt sei darauf zurückzuführen, daß B nach 14 Jahren seine leiblichen Geschwister kennengelernt habe und zu seiner Schwester gezogen sei. Dies habe sich jedoch bei Antragstellung nicht abgezeichnet.

Die Klägerin ist zur mündlichen Verhandlung nicht erschienen. Nach ihren Schriftsätzen beantragt sie dem Sinne nach,

den Bescheid des Beklagten vom 1996 in der Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 1997 aufzuheben und den Beklagten zu verpflichten, ihr für B ab September 1996 bis Januar 1997 Kindergeld zu gewähren.

Der Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

Er weist darauf hin, daß ab Februar 1997 die Voraussetzungen eines Kindergeldanspruchs bereits deshalb fehlten, weil B nicht mehr im Haushalt der Klägerin gelebt habe. Aber auch vorher sei ein Kindergeldanspruch nicht ...

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