Entscheidungsstichwort (Thema)

Verhältnis von § 3 Nr. 2 GrEStG zu § 1 Abs. 2a GrEStG bei schenkungsteuerpflichtigen Grundstücksschenkungen unter Lebenden

 

Leitsatz (redaktionell)

1. Eine Auslegung des § 3 Nr. 2 GrEStG dahingehend, dass bei schenkweise erfolgender Übertragung aller Anteile einer grundstücksbesitzenden Personengesellschaft auch die fiktive Grundstücksübertragung i.S.d. § 1 Abs. 2a GrEStG der Steuerbefreiung unterliegt, ist vom Wortlaut der Vorschrift nicht gedeckt.

2. § 1 Abs. 2a GrEStG enthält keine Regelungslücke für den Fall der unentgeltlichen Übertragung im Wege der Einzelrechtsnachfolge und setzt keine Missbrauchsabsicht voraus.

3. Im Hinblick auf die zwischenzeitliche (z.B. FinMin Baden-Württemberg v. 28.4.2005 - 3 - S 4501/6) rechtsverschärfende Einschränkung des koordinierten Ländererlasses vom 26.2.2003 (BStBl I 2003, 271; Tz.10) kann zur Vermeidung einer Doppelbelastung mit Grunderwerb- und Schenkungsteuer eine Billigkeitskorrektur in Betracht kommen.

 

Normenkette

GrEStG § 1 Abs. 2a, § 3 Nr. 2

 

Streitjahr(e)

2003, 2004

 

Nachgehend

BFH (Urteil vom 12.10.2006; Aktenzeichen II R 79/05)

 

Tatbestand

Die Klägerin wurde durch Gesellschaftsvertrag vom 17.10.2003 errichtet. Komplementärin ist die A Verwaltungs GmbH, Kommanditisten waren AA und BA. Mit Einbringungsvertrag vom gleichen Tag brachten AA und BA als Gesellschafter der Bruchteils- und Erbengemeinschaft „Geschwister A Grundstücksgemeinschaft” einen land- und forstwirtschaftlichen Betrieb gegen Gewährung von Gesellschaftsrechten in die Klägerin ein. Mit weiterem Vertrag vom gleichen Tag übertrugen AA und BA ihre Kommanditanteile an der Klägerin unentgeltlich auf die drei Neffen der verstorbenen Ehefrau des Herrn AA.

Der Beklagte behandelte die Einbringung zunächst als steuerfrei nach § 5Abs.1GrEStG. Durch Bescheid vom 28.6.2004 setzte er gegenüber der Klägerin Grunderwerbsteuer nach § 5Abs.3 GrEStG fest; im Einspruchsverfahren hob er diesen Bescheid am 10.9.2004 auf und unterwarf die Übertragung der Kommanditanteile mit Bescheid vom 22.9.2004 gemäß § 1Abs.2a GrEStG der Grunderwerbsteuer. Der Grundbesitzwert war durch Bescheid vom 24.6.2004 auf 266.000 € festgestellt worden.

Gegen den Bescheid vom 22.9.2004 legte die Klägerin Einspruch ein und führte aus, die Übertragung sei im Wege der vorweggenommenen Erbfolge unentgeltlich erfolgt. Damit sei die Befreiungsvorschrift des § 3Nr.2 GrEStG anzuwenden.

Der Beklagte wies den Einspruch am 25.11.2004 als unbegründet zurück. § 3Nr.2 GrEStG greife nicht ein. § 1Abs.2a GrEStG fingiere einen Rechtsträgerwechsel von einer Personengesellschaft auf eine andere Personengesellschaft. Der Rechtsgrund für die Übertragung der Gesellschafterstellung sei nicht zugleich Rechtsgrund für die von § 1Abs.2a GrEStG als Rechtsfolge angeordnete Grundstücksübereignung. Deren Rechtsgrund sei allein die gesetzliche Fiktion. Zwar könnten personenbezogene Befreiungsvorschriften auch bei Übergang eines Grundstücks von einer Gesamthand auf eine andere Gesamthand Anwendung finden. § 3Nr.2 GrEStG knüpfe aber an einen der Erbschaft- bzw. Schenkungsteuer unterliegenden Vorgang an. Es handle sich nicht um eine personenbezogene Befreiungsvorschrift.

Hiergegen richtet sich die Klage.

Die Klägerin trägt vor:

Für § 3Nr.2 GrEStG sei es unerheblich, ob die Schenkung in Form einer Grundstücksübertragung oder durch Übertragung von Gesellschaftsanteilen erfolge. § 1Abs.2 a GrEStG solle missbräuchliche Gestaltungen verhindern. Eine solche liege hier nicht vor, da bei unmittelbarer Schenkung der Grundstücke an die Neffen unzweifelhaft keine Grunderwerbsteuer entstanden wäre. Zudem vertrete die Finanzverwaltung in den Er-lassen vom 30.6.1993 und 26.10.2003 die Ansicht, dass die Befreiungsvorschriften im vorliegenden Fall erfüllt seien. Dies binde auch den Beklagten.

Die Klägerin beantragt,

den Grunderwerbsteuerbescheid vom 22.9.2004 in der Fassung der Einspruchsentscheidung vom 22.11.2004 aufzuheben.

Der Beklagte beantragt Klageabweisung.

Er wiederholt seine Ausführungen in der Einspruchsentscheidung und trägt vor,

der Tatbestand des § 1Abs.2a GrEStG sei unzweifelhaft erfüllt. Auf den durch die Norm fingierten Rechtsträgerwechsel sei § 3Nr.2 GrEStG nicht anzuwenden.

 

Entscheidungsgründe

Die Klage ist unbegründet. Der angefochtene Grunderwerbsteuerbescheid ist rechtmäßig und verletzt die Klägerin nicht in ihren Rechten (§ 100Abs.1 FGO).

Die Voraussetzungen des § 1 Abs.2a GrEStG liegen im Streitfall vor. Nach dieser Vorschrift gilt der Übergang von mindestens 95 v.H. der Anteile am Gesellschaftsvermögen einer Personengesellschaft auf neue Gesellschafter als ein auf die Übereignung eines Grundstücks auf die neue Personengesellschaft gerichtetes Rechtsgeschäft, wenn zum Vermögen der übertragenden Personengesellschaft ein inländisches Grundstück gehört und sich innerhalb von fünf Jahren der Gesellschafterbestand ändert. Zum Vermögen der Klägerin gehören die Grundstücke, die die Kommanditisten AA und BA am 17.10.2003 gegen Gewährung von Gesellschaftsre...

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