Entscheidungsstichwort (Thema)

Kosten der Unterbringung in einer Senioreneinrichtung als außergewöhnliche Belastung?

 

Leitsatz (redaktionell)

Der als außergewöhnliche Belastung berücksichtigungsfähigen Betrag für Unterkunft und Verpflegung in einer Senioreneinrichtung aufgrund krankheitsbedingter Pflegebedürftigkeit ist auf den Betrag zu begrenzen, der auch bei Abschluss eines Pflege-Wohnvertrages nach Maßgabe des SGB XI dafür anfällt (lt Auskunft der AOK: Bei Pflegestufe III 26,20 EUR bis 50,43 EUR/Tag; Durchschnitt 38,47 EUR/Tag).

 

Normenkette

EStG § 33 Abs. 1, 2 S. 1; SGB XI § 71 Abs. 2, §§ 72, 75 Abs. 1, §§ 84-85

 

Streitjahr(e)

2004

 

Nachgehend

BFH (Urteil vom 14.11.2013; Aktenzeichen VI R 20/12)

 

Tatbestand

Streitig ist die Berücksichtigung von Aufwendungen als außergewöhnliche Belastung bei der Einkommensteuer für die Streitjahre 2004 und 2005.

Die am 12. Juni 1929 geborene Klägerin wurde zusammen mit ihrem am 26. Februar 2005 verstorbenen Ehemann zur Einkommensteuer veranlagt. Er wurde von seinen Kindern ausweislich des Erbscheins des Amtsgerichts vom 27. Juni 2005 (Az.: 45 VI 88/05) gemäß Erbvertrag zu je einem Drittel beerbt. Im Dezember 1997 erlitt die Klägerin eine Gehirnblutung, die zu gesundheitlichen Beeinträchtigungen führte. Infolge dessen wurden der Klägerin mit Bescheid des Versorgungsamtes vom 24. November 1998 ein Grad der Behinderung von 100 v. H. sowie die Merkzeichen G (Bewegungsfähigkeit im Straßenverkehr erheblich beeinträchtigt), aG (außergewöhnlich gehbehindert), B (Notwendigkeit ständiger Begleitung bei Benutzung öffentlicher Verkehrsmittel) und H (Hilflosigkeit) zuerkannt. Zudem ist sie aufgrund ihrer Erkrankung als pflegebedürftig im Sinne der Pflegestufe III anerkannt worden. Zunächst wohnten die Klägerin und ihr Ehemann zusammen weiterhin in ihrer gemeinsamen Ehewohnung. Am 26. März 2003 schlossen die Eheleute mit einem Seniorenstift einen sogenannten Wohnstiftsvertrag über die Vermietung eines aus drei Zimmern bestehenden Apartments von 74,54 qm beginnend ab April 2003. Der Umzug in das Seniorenstift erfolgte im November 2003. Das monatliche Entgelt betrug zunächst 3.532,65 EUR und setzte sich aus dem Bestandteil Wohnen (2.527,00 EUR), Verpflegung (400,00 EUR) sowie Betreuung (605,65 EUR) zusammen. Pflegeleistungen sind nicht Gegenstand des Wohnstiftsvertrages. Zusätzlich schloss die Klägerin einen Pflegevertrag über die Erbringung von Pflegeleistungen durch einen ambulanten Pflegedienst ab (Vertrag vom 2. April 2004), in dem sich der Pflegedienst zur Erbringung von Pflegesachleistungen nach dem Sozialgesetzbuch (SGB) Elftes Buch (XI) - Soziale Pflegeversicherung - und zur häuslichen Krankenpflege nach dem Sozialgesetzbuch (SGB) Fünftes Buch (V) - Gesetzliche Krankenversicherung - verpflichtete. Die Entgelte hierfür wurden nach Abzug der anzurechnenden Leistungen der Pflege- und Krankenversicherung der Klägerin gesondert in Rechnung gestellt.

In den Einkommensteuererklärungen wurden Aufwendungen, die mit dem Einzug in das Seniorenstift und der Pflegebedürftigkeit der Klägerin im Zusammenhang stehen, als außergewöhnliche Belastung geltend gemacht, und zwar insgesamt für 2004 solche von 41.272 EUR und für 2005 von 49.235,22 EUR. Der Beklagte erkannte außergewöhnliche Belastungen jeweils vor Abzug der zumutbaren Belastung für 2004 in Höhe von 4.101 EUR (Bescheid vom 21. November 2008) und für 2005 von 18.828,00 EUR (Bescheid unter dem Vorbehalt der Nachprüfung vom 14. November 2008) an. Im Einspruchsverfahren änderte der Beklagte die angefochtenen Einkommensteuerbescheide zuletzt mit Einspruchsentscheidung vom 25. Juni 2010 und berücksichtigte für die Unterbringung der Klägerin in der Senioreneinrichtung einen Tagessatz von 50 EUR abzüglich einer Haushaltsersparnis von 7.680 EUR/Jahr sowie die nicht von der Pflegekasse erstatteten Pflegekosten einschließlich Notrufkosten in voller Höhe sowie für 2005 Kosten für Rollstuhl-Taxifahrten von 566 EUR. Vor Abzug der zumutbaren Belastung ergaben sich danach Beträge von 13.747 EUR für 2004 und von 17.634 EUR für 2005.

Mit der Klage tragen die Kläger vor:

Die vom Beklagten vorgenommene Kürzung der tatsächlichen Kosten für Wohnen, Betreuung und Pflege auf täglich 50 EUR, wobei anschließend noch die Haushaltsersparnis in Abzug gebracht worden sei, sei willkürlich und stünde im Widerspruch zur einschlägigen Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs (BFH). Bei der krankheitsbedingten Übersiedelung in ein Pflegeheim seien die tatsächlichen Kosten in voller Höhe unter Abzug der Haushaltsersparnis von 7.680 EUR/Jahr als außergewöhnliche Belastung anzuerkennen. Die Klägerin habe eine nach SGB XI anerkannte private Pflegeeinrichtung bezogen. Soweit sie dort noch mit ihrem später verstorbenen Ehemann zusammen gewohnt habe, seien von den Entgelten nur die Zuschläge für die zweite Person in Abzug zu bringen. Die Auffassung des Beklagten schmälere im Widerspruch zur Rechtsprechung die nach dem Gesetz anzuerkennenden krankheitsbedingten Aufwendungen.

Die Kläger beantr...

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