Entscheidungsstichwort (Thema)

Qualifizierung von wiederkehrenden Leistungen als Erfüllung erbrechtlicher Ansprüche

 

Leitsatz (redaktionell)

  1. Eine nicht nach § 22 Nr. 1 Satz 1 EStG steuerbare Vermächtnisrente, mit der erbrechtliche Ansprüche erfüllt werden, enthält einen steuerpflichtigen Zinsanteil.
  2. Eine abweichende Beurteilung ist nicht deshalb geboten, weil zwar der Erbe den Rentenanspruch durch Entrichtung des Barwerts ablösen, der Vermächtnisnehmer selbst dagegen dessen Kapitalisierung nicht verlangen kann.
  3. Die ertragsteuerliche Erfassung des Zinsanteils der wiederkehrenden Bezüge führt auch unter Berücksichtigung der erbschaftsteuerlichen Belastung der Rente zu keiner Übermaßbesteuerung.
  4. Als Einnahmen aus Kapitalvermögen ist bei Teilleistungen lediglich der in den tatsächlich zugeflossenen Rentenzahlungen enthaltene Zinsanteil anzusetzen.
 

Normenkette

EStG § 20 Abs. 1 Nr. 7, § 22 Nr. 1 S. 1; ErbStG § 12 Abs. 1, § 23 Abs. 1 S. 1; BewG § 13; BGB § 367 Abs. 1

 

Streitjahr(e)

1999

 

Nachgehend

BFH (Urteil vom 09.02.2010; Aktenzeichen VIII R 35/07)

BFH (Urteil vom 09.02.2010; Aktenzeichen VIII R 35/07)

 

Tatbestand

Die Kläger sind zusammenveranlagte Ehegatten.

Die Klägerin ist Tochter des am 18.11.1999 verstorbenen „T” gen. „C”, dessen Alleinerbin aufgrund eines notariell beurkundeten Testaments vom 4.1.1989 seine Ehefrau „W”, die Mutter der Klägerin ist. Der Vater der Klägerin war Inhaber eines landwirtschaftlichen Betriebs, der bis heute verpachtet ist.

Mit notarieller Urkunde vom 4.1.1989 hatte die Klägerin, wie auch ihre Schwester und ihr Bruder gegenüber ihren Eltern sowohl auf ihren gesetzlichen Erbteil wie auch auf den Pflichtteilsanspruch verzichtet. In § 2 der Verzichtserklärung wurde klar gestellt, dass das Recht ihrer Eltern, die Klägerin und ihre Geschwister zu begünstigen, durch den Verzicht nicht berührt wird. In einem ebenfalls notariell beurkundeten gemeinsamen Testament vom selben Tage setzten sich die Eltern der Klägerin gegenseitig zu Alleinerben ein und bestimmten ihre drei Kinder zu gleichen Anteilen als Schlusserben nach dem Letztversterbenden.

Am 11.11.1999 änderten die Eltern der Klägerin vor dem Notar ihr gemeinsames Testament vom 4.1.1989 dergestalt, dass sie lediglich ihren Sohn als alleinigen Schlusserben einsetzten. Die geänderte letztwillige Verfügung enthielt für den überlebenden Ehegatten erstmals die Verpflichtung, 12 Monate nach dem Ableben des Erstversterbenden den drei Kindern als Einmalbetrag jeweils 400.000 DM vermächtnisweise zuzuwenden. Der überlebende Ehegatte war außerdem mit der Verpflichtung belastet, an die drei Kinder für einen Zeitraum von 40 Jahren eine monatliche Geldrente in Höhe von 8.000 DM, jeweils auf Lebenszeit des Berechtigten, beginnend mit dem 1. Januar des übernächsten Jahres nach dem Todeszeitpunkt des Erstversterbenden zu leisten. Die mit einer Wertsicherungsklausel versehenen Renten sollen bei vorzeitigem Ableben der Kinder an deren leibliche Abkömmlingen zu gleichen Teil gezahlt werden.

Nach dem geänderten Testament vom 11.11.1999 gehen die Rentenverpflichtungen des überlebenden Ehegatten nach Eintritt des Ersatzschlusserbenfalls auf den zum Alleinerben eingesetzte Schlusserben über. Er hat die Geldrenten in unveränderter Höhe und Laufzeit an die Klägerin und ihre Schwester weiter zu entrichten. Das geänderte Testament sieht ferner die Möglichkeit der Kapitalisierung der Renten vor und räumt dem überlebenden Ehegatten wie auch dem Schlusserben das jederzeitige Recht ein, die Zahlungsverpflichtung durch Entrichtung eines Einmalbetrags abzulösen, wobei die Kapitalisierung der Renten in Anlehnung an Anlage 9 a zu § 13 Abs. 1 Satz 1 Bewertungsgesetz (BewG) zu erfolgen hat.

Im Rahmen der Einkommensteuerveranlagung für das Streitjahr teilte die Klägerin dem Beklagten mit, dass sie aufgrund des Vermächtnisses ihres Vaters im Streitjahr insgesamt 27.732,52 EUR erhalten habe und sie davon ausgehe, dass diese Zahlungen einkommensteuerrechtlich irrelevant seien.

Der Beklagte vertrat die Auffassung, dass es sich um zeitlich gestreckte erbrechtliche Ansprüche handelt, die zwar nicht gemäß § 22 Nr. 1 Satz 1 EStG steuerbar seien; es sei jedoch der in den einzelnen Zahlungen enthaltene Zinsanteil gemäß § 20 Abs. 1 Nr. 7 EStG zu erfassen. Diesen Zinsanteil ermittelte der Beklagte dergestalt, dass es von der jährlichen Gesamtleistung die jährliche Barwertminderung (d.h. den Tilgungsanteil) abzog. Bei einem Jahreswert der nach dem Testament geschuldeten Leistung von 49.084 EUR ergab sich für das Streitjahr (unter Anwendung des Vervielfältigers nach Anlage 9 zu § 13 BewG von 16,239) eine Barwertminderung von 6.578 EUR. Den hiernach verbleibenden Zinsanteil von 42.506 EUR erfasste der Beklagte als Einnahmen der Klägerin aus Kapitalvermögen.

Hiergegen haben die Kläger nach erfolglosem Einspruch Klage erhoben, mit der sie geltend machen, dass die Rentenzahlungen in voller Höhe nicht steuerbar seien:

Der Beklagte gehe in fehlerhafter Anwendung des § 20 Abs. 1 Nr. 7 EStG davon aus, da...

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