Entscheidungsstichwort (Thema)

Zurechnung von Versorgungsleistungen im Rahmen eines Vermögensübergabevertrages als Sonderausgaben und steuerbare wiederkehrende Bezüge

 

Leitsatz (redaktionell)

  1. Eine Vermögensübergabe gegen Versorgungsleistungen ist grundsätzlich auch unter Fremden möglich.
  2. Die Regelvermutung, dass bei der Übertragung von Vermögen unter Fremden Leistung und Gegenleistung kaufmännisch gegeneinander abgewogen sind, es sich mithin um ein entgeltliches Anschaffungsgeschäft handelt, kann als widerlegt angesehen werden, wenn zwischen den Vertragsparteien jahrelange enge persönliche Beziehungen bestehen, die wiederkehrenden Leistungen nach dem Versorgungsbedürfnis des Übergebers bemessen werden und ein erhebliches, objektives Missverhältnis zwischen dem Wert des übertragenen Vermögens und dem Barwert der wiederkehrenden Leistungen besteht.
  3. Bei der Prüfung, ob die Versorgungsleistungen aus den Erträgen des übertragenen Vermögens erwirtschaftet werden können, sind auch Mieterhöhungen auf Grund von Substanzerhaltenden Investitionen des Vermögensübernehmers in die vorhandene ertragbringende Wirtschaftseinheit zu berücksichtigen.
 

Normenkette

EStG § 10 Abs. 1 Nr. 1a

 

Streitjahr(e)

1981

 

Tatbestand

Die Kläger erwarben mit notariellem „Übertragungsvertrag” vom 16.06.1981 ein 4geschossiges Mietwohngebäude von der damals 78 Jahre alten, alleinstehenden Frau „B”, die im Erdgeschoss des Gebäudes wohnte. Frau „B” ist mit den Klägern nicht verwandt oder verschwägert, hat diese aber als ihre alleinigen Erben eingesetzt.

Nach dem Übertragungsvertrag sollte Frau „B” ab 01.07.1981 auf Lebenszeit der Nießbrauch an dem übertragenen Gebäude zustehen, dessen Jahreswert mit ca. 15.000 DM angegeben wurde. Ferner war vereinbart, dass Frau „B” im Laufe des Jahres 1981 in ein Altenheim aufgenommen werde. Die dadurch entstehenden Kosten sollten in erster Linie aus den mit dem übertragenen Gebäude erzielten Einnahmen aufgebracht werden. Die Kläger verpflichteten sich, den nicht aus den Hauseinnahmen zu deckenden Mehrbetrag der Heimkosten, den die Vertragsparteien mit 300 DM monatlich ansetzten, zu übernehmen und Frau „B” außerdem zur Bestreitung ihrer persönlichen Ausgaben einen angemessenen Betrag (200 DM monatlich) ab Aufnahme in das Altenheim zahlen. Nach Abschluss des Übertragungsvertrages zog Frau „B” aus dem Haus aus. Für die Zeit bis zu ihrer Aufnahme in das Altenheim (14.12.1981) trugen die Kläger die Kosten einer angemieteten Übergangswohnung.

Die Kläger haben an dem ihnen übertragenen Gebäude im Jahre 1981 Renovierungsaufwendungen in Höhe von 155.865 DM vorgenommen. Die erklärten Mieteinnahmen (4 Wohnungen; Wohnung im Erdgeschoss vom 01.07. bis 30.11.1981 leerstehend) beliefen sich für 1981 (01.07. - 31.12.) auf 7.357 DM und für 1982 auf 29.784 DM (einschließlich Nebenkosten in Höhe von 2.004 DM).

Bei der Ermittlung ihrer Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung machten die Kläger für das übertragene Gebäude Absetzung für Abnutzung (AfA) geltend. Für die Errechnung der Anschaffungskosten legten sie einen Kaufpreis von 110.208 DM zu Grunde (Jahreswert des Nießbrauchs 15.000 DM zzgl. Zahlungsverpflichtung von 6.000 DM, insgesamt 21.000 DM x 5,248 gemäß § 14 des Bewertungsgesetzes i. V. m. Anlage 9). Ferner begehrten sie, für den Nießbrauch einen Betrag in Höhe des anteiligen Jahreswerts für 7 Monate (8.750 DM) abzuziehen, und zwar zunächst als Werbungskosten nach § 9 Abs. 1 Satz 3 Nr. 1 EinkommensteuergesetzEStG –, im Einspruchsverfahren dagegen als Sonderausgaben nach § 10 Abs. 1 Nr. 1 a EStG. Die Kosten für die Übergangswohnung und das Altenheim (5.727 DM) machten die Kläger als dauernde Last gemäß § 10 Abs. 1 Nr. 1 a EStG geltend.

Der Beklagte, dessen Bausachverständiger den Verkehrswert des übertragenen Mietwohngrundstücks auf 170.000 DM bezifferte, änderte – insoweit einvernehmlich mit den Klägern – die jeweils auf das Gebäude und auf Grund und Boden entfallenden Anteile der Anschaffungskosten, zog jedoch die als Sonderausgaben (dauernde Lasten) geltend gemachten Beträge von (8.750 DM + 5.727 DM =) 14.477 DM im Rahmen der den Einkommensteuerbescheid 1981 vom 12.08.1983 verbösernden Einspruchsentscheidung vom 12.02.1988 weder als Werbungskosten noch als Sonderausgaben ab.

Der dagegen erhobenen Klage gab der Senat mit Urteil vom 03.11.1993 nur in geringem Umfang statt. Der Senat behandelte den Übertragungsvertrag zwischen den Klägern und Frau „B” als entgeltliches Anschaffungsgeschäft. Die Grundsätze der Vermögensübergabe gegen Versorgungsleistungen seien nicht anwendbar, da eine Vermögensübergabe im Generationenverbund mangels gesetzlicher Erbberechtigung der Kläger nicht vorliege. Die als Entgelt vereinbarten wiederkehrenden Leistungen, deren Barwert das Gericht mit 136.448 DM ermittelte, seien allerdings in einen als Werbungskosten abzugsfähigen Zinsanteil und einen (nicht abzugsfähigen) Tilgungsanteil aufzuteilen.

Auf die vom Senat zugelassene Revision der Kläger hob der Bundesfinanzhof das Urteil des Senats mit der En...

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