rechtskräftig

 

Entscheidungsstichwort (Thema)

Kein Gestaltungsmissbrauch beim Verkauf von Anteilen an einer liquidationsreifen Gesellschaft

 

Leitsatz (redaktionell)

1. Die Veräußerung nicht wesentlicher Beteiligungen an Projektkapitalgesellschaften mit anschließender ausschüttungsbedingter Teilwertabschreibung bei der Erwerberkapitalgesellschaft (sog. Anteilsrotation) kann nur dann einen Missbrauch von Gestaltungsmöglichkeiten darstellen, wenn eine Veräußerung tatsächlich wirtschaftlich nicht gewollt war.

2. Dies kommt in Betracht, wenn die Anteilseigner der Projektgesellschaften zugleich die erwerbende Gesellschaft beherrschen, diese sogleich liquidiert wird und das Vermögen der Projektgesellschaften bereits vor Veräußerung auf die Anteilseigner übertragen worden ist.

3. Ob § 50c Abs. 1 Satz 1 EStG in diesen Fällen die Anwendung des § 42 AO ausschließt, bleibt offen.

 

Normenkette

EStG § 17 Abs. 1 S. 4, § 50c Abs. 1 S. 1; AO § 42

 

Streitjahr(e)

1991, 1992

 

Tatbestand

Streitig ist, ob der Beklagte die Veräußerung sämtlicher Anteile an Kapitalgesellschaften mit anschließender Teilwertabschreibung (sog. Anteilsrotation) zu Recht als Missbrauch von rechtlichen Gestaltungsmöglichkeiten im Sinne des § 42 Abgabenordnung (AO) angesehen hat.

Die Kläger sind Eheleute und werden zusammen zur Einkommensteuer veranlagt. Der Kläger war in den Streitjahren als Wirtschaftsprüfer und Steuerberater selbständig tätig. Daneben entfalteten die Kläger zusammen mit Herrn „X2” und dessen Tochter, Frau „C” umfangreiche Aktivitäten im Immobilienbereich. Diese Personengruppe war über die als Treuhänderin agierende „H-GmbH” (nachfolgend: „H”), deren Alleingesellschafterin in den Streitjahren die Klägerin war, zu jeweils 25 % an mehreren Objektgesellschaften („Planungsprojekt M-Stadt GmbH”, „Planungsprojekt O-Stadt GmbH”, „Planungsprojekt T-Stadt GmbH”) beteiligt. Diese Objektgesellschaften erwarben nach Gründung jeweils ein Grundstück, bebauten dies und veräußerten es kurzfristig mit Gewinn. Danach veräußerte die Treuhänderin die Anteile an den Projektgesellschaften an die „Q-GmbH” (nachfolgend: „Q”), deren Alleingesellschafterin die Klägerin war. Der Anteil am Veräußerungsgewinn wurde den Beteiligten anteilig ausgezahlt. Im Anschluss daran nahm die „Q” jeweils Teilwertabschreibungen auf die Beteiligungen an den Projektgesellschaften vor. Zum 1.1.1993 wurden die Projektgesellschaften auf die „Q” verschmolzen. Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die Ausführungen in der Einspruchsentscheidung vom 3.5.2001 (Seite 3 und 4) Bezug genommen.

Der Beklagte hat die o.g. Vorgänge im Anschluss an eine Betriebsprüfung als Missbrauch rechtlicher Gestaltungsmöglichkeiten gem. § 42 AO angesehen, die Veräußerung der Anteile als Gewinnausschüttung behandelt und im Zeitpunkt des Zuflusses des Veräußerungserlöses in dieser Höhe Einnahmen aus Kapitalvermögen der Besteuerung unterworfen. Mit Einkommensteuerbescheid 1991 vom 13.12.1996 erfasste er zusätzliche Einkünfte der Klägerin aus Kapitalvermögen in Höhe von 247.500 DM. Bezüglich des Klägers erfasste er keine zusätzlichen Einkünfte, weil insoweit wegen einer vorangegangenen Außenprüfung die Änderungssperre des § 173 Abs. 2 AO zu beachten war. Mit Einkommensteuerbescheid 1992 vom 3.4.1998 erfasste der Beklagte zusätzliche Einkünfte der Kläger aus Kapitalvermögen in Höhe von jeweils 2.774.750 DM. Die dagegen fristgemäß eingelegten Einsprüche wies der Beklagte mit Einspruchsentscheidung vom 3.5.2001 als unbegründet zurück.

Die Kläger haben am 1.6.2001 Klage erhoben.

Sie tragen vor:

§ 42 AO sei bereits aus systematischen Gründen auf Sachverhalte wie den vorliegenden nicht anwendbar. Insoweit entfalte nämlich § 50c Einkommensteuergesetz (EStG) eine Sperrwirkung. Eine Gestaltung, die von einer ausschüttungsbedingten Teilwertwertabschreibung Gebrauch mache und nicht von § 50c EStG erfasst werde, könne nach der Rechtsprechung des Bundesfinanzhofes (BFH) und einiger Finanzgerichte nicht als rechtsmissbräuchlich angesehen werden. § 50c EStG sei ein Spezialtatbestand, der einen Rückgriff auf § 42 AO verbiete. Dies zeige auch die weitere Rechtsentwicklung, denn der Gesetzgeber habe mit § 50c Abs. 11 EStG ab dem Veranlagungszeitraum 1997 einen Tatbestand geschaffen, der nunmehr auch Fälle wie den hier zu entscheidenden erfasse. Für die Zeiträume vor dieser Änderung gingen der BFH und jüngere Entscheidungen der Finanzgerichte davon aus, dass § 42 AO nicht anzuwenden sei.

Selbst wenn man jedoch von der grundsätzlichen Anwendung des § 42 AO ausginge, lägen die Voraussetzungen dieser Norm nicht vor. Der Erwerb der Anteile durch die „Q” sei für diese wirtschaftlich sinnvoll gewesen, denn im Zeitpunkt der Veräußerung hätte Hoffnung auf Folgeaufträge bezüglich der einzelnen Baumaßnahmen bestanden. Im übrigen könnten weder die Liquidation ohne Veräußerung noch die vom Beklagten der Besteuerung unterworfene Veräußerung mit vorheriger Gewinnausschüttung als einzig angemessene Gestaltungen angesehen werden. Letzteres habe der BFH im ...

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