Entscheidungsstichwort (Thema)

Haftung wegen (Tabak-)Steuerhehlerei bei Verkauf an verdeckten Ermittler; Tabaksteuer; Haftung; Steuerhehlerei; Verkauf an verdeckten Ermittler

 

Leitsatz (redaktionell)

  1. Der Einsatz eines Scheinkäufers durch die Zollbehörde steht der Annahme einer vollendeten Steuerhehlerei nicht entgegen, wenn sich der Täter den mittelbaren Besitz an unverzollten Zigaretten verschafft hat und nicht lediglich in den Absatzvorgang eingeschaltet war.
  2. Die Haftungsinanspruchnahme des Täters wegen der unter Einsatz eines behördlichen Scheinkäufers aufgedeckten Steuerhehlerei ist nicht ermessenswidrig, solange der Anbieter nicht durch den Scheinkäufer zum Beschaffen der Zigaretten gedrängt wird.
  3. Die spätere Einziehung der Zigaretten beseitigt nicht den eingetretenen Steuerschaden.
  4. Die gleichzeitige Steuerschuldnerschaft des Täters steht seiner Haftungsinanspruchnahme nicht entgegen.
 

Normenkette

AO § § 71 ff., § 374 Abs. 1; ZK Art. 202 Abs. 3 3. Anstrich, Art. 232 Abs. 1 Buchst. a, Art. 233 Buchst. d; TabStG § 21; UStG § 21 Abs. 2

 

Tatbestand

(B) lagerte gegen Entgelt in der Zeit von März 1995 bis zum 08.05.1995 für den (S) 7.000 Stangen polnischer Zigaretten verschiedener Marken, die ihm in 15 Teilsendungen auf sein Hundezwingeranlage angeliefert worden waren. S und B wussten, dass die Zigaretten nicht versteuert und nicht verzollt waren.

Zollhauptsekretär (ZHS) H vom Zollfahndungsamt D (ZFA) wurde am 09.05.1995 bekannt, dass der Kl im Raum D über ein Lager mit mindestens 5.000 Stangen unversteuerter und unverzollter Zigaretten verfügen sollte, für die er seinerzeit Abnehmer suchte.

Das ZFA ließ noch am gleichen Tag durch einen Scheinkäufer, den beim ihm tätigen ZHS N, telefonisch Kontakt zum Kl aufnehmen. Dabei erklärte der Kl, er habe Zigaretten verschiedener Marken vorrätig und könne zeitnah liefern. Die Übergabemodalitäten sollten dann bei einem Treffen am kommenden Tag in einer Gaststätte des Hauptbahnhofs besprochen werden.

Am 10.05.1995 traf sich ZHS N mit dem Kl im Restaurant ”C” im Hauptbahnhof. Dabei bot der Kl die Lieferung von 5.000 Stangen Zigaretten der Marken Golden American, HB und Camel zu Preisen zwischen 21,50 DM und 23 DM je Stange an.

Am 11.05.1995 teilte der Kl dem ZHS N mit, er könne beim ersten Geschäft nicht mehr als 3.000 Stangen liefern, wobei der Preis 22 DM/Stange betrage.

Die Verbindung vom Kl zu S, dem Lieferanten der Zigaretten, erfolgte über (K), einen Nachbarn des Kl, derart, dass der Kl mit S nichts zu tun hatte.

Am 13.05.1995 trafen sich K und der Kl mit ZHS N und - nach Angaben des Kl in der mündlichen Verhandlung - einem weiteren, verdeckt arbeitenden Beamten des ZFA am D Hauptbahnhof. ZHS N und der weitere Beamte waren mit einem Leihfahrzeug erschienen. Von D aus lotsten der Kl und K den ZHS N und den weiteren Beamten mit dem Wagen des K zu einem Hotelparkplatz nach M. Von dort wurde das von ZHS N und dem weiteren Beamten mitgebrachte Leihfahrzeug von einem Arbeitskollegen des Kl, dem vom Kl dazu angeworbenen H, übernommen. K nahm dann den S, der in seinen Wagen zugestiegen war, auf und lotste das Leihfahrzeug zum Lagerplatz in einer Hundezwingeranlage. Dort luden dann K, S und B 1739 Stangen Zigaretten in das Leihfahrzeug ein.

In dem Lager lagerten noch weitere 259 Stangen Zigaretten.

Kurze Zeit danach wurden S, K und H mit dem mit Zigaretten beladenen Leihfahrzeug aufgegriffen, das Lager durchsucht und der Kl, der mit ZHS N und dem weiteren, verdeckt arbeitenden Beamten in M in einer Gaststätte verblieben war, festgenommen.

Bei seiner Vernehmung durch Beamte des ZFA am 13.05.1995 gab K an, er habe von S zuvor in der vergangenen Woche ca. 80 bis 100 Stangen Zigaretten erhalten.

In der Wohnung des Kl wurde bei ihrer Durchsuchung am 13.05.1995 ein Notizzettel mit Aufzeichnungen gefunden, die im Zusammenhang mit Zigarettengeschäften stehen können.

Bei seiner Vernehmung durch Beamte des ZFA am 13.05.1995 gab H an, der Kl habe ihm vor einiger Zeit schon mal vier Stangen Zigaretten zum Preis von 25 DM/Stange verkauft. Letztlich habe der Kl ihm den Lohn für die Transportleistung am 13.05.1995 in Form von 45 Stangen Zigaretten, davon 25 Stangen der Marke Golden American mit je 250 Stück/Stange, gegeben.

Bei seiner Vernehmung durch Beamte des ZFA am 19.05.1995 gab der Kl an, er habe 1994 schon mal auf dem Trödelmarkt 10 Stangen unversteuerter Zigaretten gekauft.

S, B, K und H waren schon bei ihrer ersten Vernehmung durch Beamte des ZFA geständig, wobei B seine Aussage im Beisein seines Strafverteidigers machte. S und K bestätigten ihre Aussage bei ihrer richterlichen Vernehmung durch den Haftrichter. Hierbei erklärte K, er habe sich den Gewinn mit dem Kl teilen wollen.

Bei seiner Vernehmung am 19.05.1995 durch Beamte des ZFA bestätigte dann der Kl, der zunächst erklärt hatte, mit der Sache nichts zu tun zu haben, seine Beteiligung am Zigarettenverkauf vom 13.05.1995 und die Absicht, sich den Gewinn mit K zu teilen. Diese Aussage bestätigte er auch vor dem Haftrichter.

Mit Urteil des Amts...

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