Entscheidungsstichwort (Thema)

Umsatzsteuer-Voranmeldungen im vorläufigen Insolvenzverfahren

 

Leitsatz (redaktionell)

  1. Steuerfestsetzungen aufgrund von Umsatzsteuer-Voranmeldungen des Insolvenzschuldners, die im vorläufigen Insolvenzverfahren mit Billigung des sog. schwachen Insolvenzverwalters eingereicht werden, werden durch die Eröffnung des Insolvenzverfahrens nicht gegenstandslos.
  2. Eine erneute Festsetzung als sonstige Masseverbindlichkeit i.S.d. § 55 Abs. 4 InsO gegenüber dem Insolvenzverwalter ist daher ohne Rechtsgrundlage.
  3. Eine solche Festsetzung kann nicht in ein Leistungsgebot gegenüber dem Insolvenzverwalter zur Durchsetzung der während des vorläufigen Insolvenzverfahrens entstandenen Umsatzsteuerverbindlichkeiten als Masseforderungen umgedeutet werden.
  4. Es ist bislang ungeklärt, wie aufschiebend bedingte Masseverbindlichkeiten i.S.d. § 55 Abs. 4 InsO gegenüber dem Insolvenzverwalter durchzusetzen sind.
 

Normenkette

InsO § 21 Abs. 2 Nr. 2, §§ 38, 55 Abs. 4, § 174; UStG § 18 Abs. 1; AO § 168; FGO § 69

 

Streitjahr(e)

2011

 

Tatbestand

Der Antragsteller begehrt die Aussetzung der Vollziehung an ihn als Insolvenzverwalter eine GmbH gerichteter Umsatzsteuer-Vorauszahlungsbescheide.

Am 7.6.2011 beantragte die GmbH die Eröffnung des Insolvenzverfahrens über ihr Vermögen. Ebenfalls am 7.6.2011 wurde der Antragsteller zum sog. „schwachen” vorläufigen Insolvenzverwalter gemäß § 21 Abs. 2 Nr. 2 2. Fall InsO bestellt, Verfügungen der GmbH waren damit nur noch mit Zustimmung des InsoVw wirksam. Die GmbH führte ihren Geschäftsbetrieb mit Einwilligung des InsoVw zunächst fort.

Für die Monate Juni, Juli und August 2011 reichte die GmbH Umsatzsteuer-Voranmeldungen beim Antragsgegner, dem Finanzamt ein, die jeweils mit einer Zahllast endeten. Zahlungen auf die Umsatzsteuer durch die GmbH erfolgten jedoch nicht.

Mit Beschluss des Amtsgerichts vom 1.9.2011 wurde das Insolvenzverfahren über das Vermögen der GmbH eröffnet und der Antragsteller zum Insolvenzverwalter bestimmt.

Am 5.10.2011 übersandte das FA dem Antragsteller eine Vollstreckungsankündigung für die Umsatzsteuervorauszahlungen der Monate Juni bis August 2011.

Mit Schreiben vom 10.11.2011 forderte das FA den Antragsteller unter Hinweis auf § 55 Abs. 4 InsO zur Abgabe von Umsatzsteuer-Voranmeldungen für die Zeiträume Juni bis August 2011 auf. Mit Schreiben vom 15.11.2011 vertrat der Antragsteller die Auffassung, dass er aufgrund der bereits von der GmbH abgegebenen Umsatzsteuer-Voranmeldungen nicht zu einer - weiteren - Abgabe verpflichtet sei. Am 5.12.2011 erließ das FA daraufhin unter der Masse-Steuernummer der GmbH die hier streitigen Umsatzsteuer-Vorauszahlungsbescheide für die Monate Juni bis August 2011 gegen den Antragsteller als Insolvenzverwalter, und forderte diesen jeweils zur Zahlung der festgesetzten Umsatzsteuer auf. Die Höhe der festgesetzten Steuerforderungen entsprach jeweils der von der GmbH eingereichten Umsatzsteuer-Voranmeldung. Die Bescheide über die Festsetzung der Umsatzsteuer-Vorauszahlung tragen jeweils den handschriftlichen Vermerk: „Die Steuerfestsetzung betrifft die Festsetzung als sonstige Masseverbindlichkeit i.S.d. § 55 Abs. 4 InsO”.

Gegen die Umsatzsteuer-Vorauszahlungsbescheide vom 5.12.2011 legte der Antragsteller mit Schriftsatz vom 9.12.2011 Einspruch ein und beantragte gleichzeitig die Aussetzung der Vollziehung.

Es fehle an einer Rechtsgrundlage für die Steuererhebung bzw. Steuervollstreckung der Umsatzsteuervorauszahlungen für die Monate Juni bis August 2011 gegenüber dem Antragsteller als InsoVw. Die von der GmbH eingereichten Umsatzsteuer-Voranmeldungen zeigten nur Wirkung gegenüber dieser, nicht jedoch gegenüber dem InsoVw.

Er sei auch nicht zur Abgabe von Umsatzsteuer-Voranmeldungen für den streitigen Zeitraum verpflichtet, weil die GmbH diese selber eingereicht habe.

Am 14.12.2011 lehnte das FA den Antrag des Antragstellers auf Aussetzung der Vollziehung der ihm gegenüber ergangenen Umsatzsteuer-Vorauszahlungsbescheide ab. Mit Schreiben vom 14.12.2011 teilte das FA dem Antragsteller ebenfalls mit, dass die Umsatzsteuer-Vorauszahlungen 6-8/2011 der GmbH mit Berechnung vom 6.12.2011 auf 0 EUR reduziert worden seien; eine entsprechende Änderung der Anmeldungen zur Insolvenztabelle wurde in Aussicht gestellt.

Der Antragsteller begehrt die Aussetzung der Vollziehung der Umsatzsteuer-Vorauszahlungsbescheide für die Monate Juni bis August 2011 nunmehr durch das Gericht.

Der Vollziehung der Umsatzsteuer-Vorauszahlungsbescheide stehe § 90 Abs. 1 InsO entgegen. Hiernach seien Zwangsvollstreckungen wegen Masseverbindlichkeiten, die nicht durch eine Handlung des Insolvenzverwalters begründet worden seien, für die Dauer von 6 Monaten seit der Eröffnung des Insolvenzverfahrens unzulässig. Die Umsatzsteuer-Vorauszahlungsbescheide seien lediglich aufgrund der Fiktion des § 55 Abs. 4 InsO als - aufoktroyierte - Masseverbindlichkeiten zu behandeln, für die das Vollstreckungsverbot des § 90 Abs. 1 InsO Anwendung finde. Der Antragsteller als InsoVw ...

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