Entscheidungsstichwort (Thema)

Streitwert und Kostenentscheidung bei Kindergeldsache

 

Leitsatz (redaktionell)

  1. Soweit sich in einer Kindergeldsache der Streitgegenstand des Klageverfahrens und des außergerichtlichen Vorverfahrens deckt, wird die in der Einspruchsentscheidung von der Familienkasse getroffene Kostenentscheidung für das Einspruchsverfahren durch die gerichtliche Kostenentscheidung gegenstandslos.
  2. Wird eine Kindergeldfestsetzung mit Auswirkung für den Zeitraum vor Klageerhebung und über diesen Zeitraum hinaus angefochten, so bemisst sich der Streitwert des Klageverfahrens nach dem streitig gebliebenen Kindergeld für die Zeit vor Klageerhebung zuzüglich des Kindergeldes ab Klageerhebung, das im Normalfall in Höhe eines Jahresbetrags anzunehmen ist.
  3. Der Gegenstandswert für das Einspruchsverfahren bemisst sich nach den bis zur Einspruchseinlegung rückständigen Kindergeldbeträgen zuzüglich eines Jahreswerts ab Einspruchsentscheidung.
 

Normenkette

FGO § 138 Abs. 2 S. 1, § 139; EStG § 77 Abs. 3; GKG § 13 Abs. 1 S. 1, Abs. 2, § 17 Abs. 1, 4; BRAGO § 8 Abs. 1 S. 2

 

Tatbestand

Der Beklagte hatte ursprünglich für das behinderte Kind des Klägers Kindergeld nach dem früheren Bundeskindergeldgesetz - BKGG - festgesetzt. Die fingierte Festsetzung des Kindergelds als Steuervergütung gemäß § 78 Abs. 1 des Einkommensteuergesetzes - EStG - hob er mit Bescheid vom 13. 11. 1997 mit Wirkung zum 1. 1. 1997 auf. Im Rahmen des von den Prozessvertretern angestrengten außergerichtlichen Rechtsbehelfsverfahrens half der Beklagte in der Einspruchsentscheidung vom 4. 8. 1998 insoweit teilweise ab, als er die fiktive Festsetzung der Steuervergütung erst mit Wirkung vom 1. 11. 1997 aufhob. Die Einspruchsentscheidung enthält neben der Entscheidung über die Festsetzung des Kindergelds als Steuervergünstigung hinaus noch folgenden Ausspruch: "Die im Einspruchsverfahren entstandenen notwendigen Aufwendungen können nach § 77 Abs. 1 EStG in Höhe von 90 % erstattet werden."

Mit der vorliegenden Klage erstrebte der Kläger die uneingeschränkte Aufhebung des Bescheids vom 13. 11. 1997. Nach den grundlegenden Entscheidungen des Bundesfinanzhofs - BFH - zur Auslegung des § 32 Abs. 4 Satz 1 Nr. 3 EStG half der Beklagte weiter ab.

 

Entscheidungsgründe

Nach der beiderseitigen Hauptsacheerledigungserklärung ist nur noch über die Kosten zu entscheiden. Diese Entscheidung folgt aus § 138 Abs. 2 Satz 1 der Finanzgerichtsordnung - FGO -. Die Behörde hat dem Klagebegehren entsprochen.

Wie in allen Finanzgerichtsverfahren, denen ein außergerichtliches Rechtsbehelfsverfahren vorausgegangen ist, umfasst diese Kostenentscheidung auch eine Kostenlastentscheidung für das Vorverfahren, allerdings nur soweit sich Klageverfahren und Vorverfahren decken (vgl. grundlegend BFH-Beschluss vom 17. September 1975 VII B 25/73, Sammlung der Entscheidungen des Bundesfinanzhofs - BFHE - 113, 348 = Bundessteuerblatt - BStBl - II 1975, 39; Ruban in Gräber, Kommentar zur Finanzgerichtsordnung; 4. Auflage - Gräber -, § 139 Rz 29 2. Absatz; Brandis in Tipke/Kruse, Kommentar zur Abgabenordnung und Finanzgerichtsordnung, 16. Auflage - T/K-, § 139 FGO Tz. 22 sowie für die Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO -: Beschluss des Verwaltungsgerichtshofs Baden-Württemberg vom 13. März 19918 S 625/91, Neue Zeitschrift für Verwaltungsrecht - Rechtsprechungsreport 1992, 54 und Olbertz in Schoch/Schmidt-Aßmann/Pietzner, Kommentar zur Verwaltungsgerichtsordnung - Schoch: VwGO - § 162 Rz. 64). In demselben Umfange wird auch eine in der Einspruchsentscheidung zur Kindergeldfestsetzung ausdrücklich oder konkludent von der Familienkasse getroffene Kostenlastentscheidung für das Einspruchsverfahren gegenstandslos (so Neumann in Sodan/Ziekow, Nomos-Kommentar zur Verwaltungsgerichtsordnung - NK-VwGO - § 162 Rn. 17). Diese Derogation umfasst auch die in der früheren Kostenlastentscheidung der Familienkasse - im Streitfall wohl konkludent enthaltene Entscheidung über die Notwendigkeit der Hinzuziehung eines Bevollmächtigten für das Vorverfahren; es gilt insoweit nur noch die Entscheidung des Gerichts nach den §§ 138, 139 FGO, weil diese abweichend von § 91 Abs. 1 der Zivilprozessordnung nicht nur die Kosten des Rechtsstreits, sondern die Kosten des Verfahrens betrifft (vgl. Neumann in NK-VwGO, § 162 Rn. 16). Unberührt bleibt aber die Kostenlastentscheidung der Familienkasse einschließlich der Entscheidung über die Notwendigkeit der Hinzuziehung eines Bevollmächtigten soweit der "Einspruchsgegenstand" wegen der teilweisen Abhilfe der Familienkasse oder der Einschränkung des Klagebegehrens gegenüber dem Einspruchsbegehren nicht in das Klageverfahren gelangt. Die Hinzuziehung eines Bevollmächtigten bereits im Vorverfahren war für notwendig zu erklären, weil schwierige Rechtsfragen im Streit waren, die zu einer Klärung erst durch den BFH geführt haben.

Die Streitwertfestsetzung beruht auf den §§ 13, 25 des Gerichtskostengesetzes - GKG -. Das Gericht hält eine Streitwertfestsetzung für angemessen, weil über den ...

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