Entscheidungsstichwort (Thema)

Vermögensstockspenden: Feststellung des verbleibenden Abzugsbetrags – Berechnung des Zehnjahreszeitraums bei Zustiftungen in Folgejahren – Überschreitung des Abzugshöchstbetrags

 

Leitsatz (redaktionell)

  1. Die Feststellung des verbleibenden besonderen Abzugsbetrags gem. § 10b Abs. 1a Satz 4 i.V.m. § 10d Abs. 4 EStG bezieht sich allein auf zum Feststellungszeitpunkt geleistete, aber nicht abgezogene Spenden in den Vermögensstock einer Stiftung.
  2. Der Zehnjahreszeitraum gem. § 10b Abs. 1a Satz 1 EStG beginnt mit der ersten Zuwendung in den Vermögensstock einer Stiftung.
  3. Wird der Abzugshöchstbetrag von 1 Million € innerhalb dieses Zehnjahreszeitraums durch weitere Spenden überschritten, können die übersteigenden Beträge nur noch im Rahmen des § 10b Abs. 1 EStG zu berücksichtigen und ggf. vorzutragen sein, nicht aber zum Neubeginn eines Zehnjahreszeitraums führen (entgegen BMF-Schreiben vom 18.12.2008, BStBl I 2009, 16).
  4. Im Falle der Überschreitung des Abzugshöchstbetrags innerhalb des Zehnjahreszeitraums ist daher auch keine Feststellung eines verbleibenden besonderen Abzugsbetrags geboten.
 

Normenkette

EStG § 10b Abs. 1, 1a Sätze 1, 3-4, § 10d Abs. 4; FGO § 69 Abs. 2 S. 2, Abs. 3 S. 1

 

Tatbestand

Die Antragsteller sind zusammen zur Einkommensteuer veranlagte Eheleute. Im Rahmen der Einkommensteuerveranlagungen für die Jahre 2007 bis 2011 berücksichtigte der Antragsgegner (das Finanzamt --FA--) in den nachfolgend genannten Einkommensteuerbescheiden von den Antragstellern geltend gemachte Spenden in den Vermögensstock einer Stiftung im Sinne des § 10b Abs. 1a des Einkommensteuergesetzes EStG) in der in den Streitjahren gültigen Fassung in folgender Höhe (Beträge in €):

2007

2008

2009

2010

2011

Datum des Bescheides

29.9.2009

25.11.2010

30.8.2011

24.4.2014

2.12.2013

Geleistete Spende in Vermögensstock

252.000

341.300

192.750

223.000

310.000

Weitere Spenden/Beiträge

700

568

767

27.907

40.622

In ihrer Einkommensteuererklärung für 2012 beantragten die Antragsteller eine Berücksichtigung von Spenden in den Vermögensstock einer Stiftung in Höhe von 158.633 € sowie die Berücksichtigung weiterer Spenden im Sinne des § 10b Abs. 1 EStG in Höhe von 74.145 €. Die Veranlagung erfolgte mit Erstbescheid vom 3.3.2015.

Die Einkommensteuerbescheide für 2007 vom 29.9.2009, für 2009 vom 30.8.2011, für 2010 vom 24.4.2014 und für 2011 vom 2.12.2013 standen jeweils unter dem Vorbehalt der Nachprüfung gem. § 164 Abs. 1 der Abgabenordnung (AO). Für 2008 war der ursprünglich bestehende Vorbehalt der Nachprüfung mit dem geänderten Einkommensteuerbescheid vom 25.11.2010 aufgehoben worden.

Mit Schreiben vom 5.3.2015 wandten sich die Antragsteller an das FA und baten um Erledigung des Schreibens vom 20.12.2014. Gemäß der beigefügten Kopie des letztgenannten Schreibens hatten sie darin beantragt, von den in den Jahren 2007 bis 2011 geleisteten Spenden im Sinne des § 10b Abs. 1a EStG Teilbeträge in folgender Höhe in Spenden im Sinne des § 10b Abs. 1 EStG umzuqualifizieren (Beträge in €):

 2007

 2008

 2009

 2010

 2011

 Spende in Vermögensstock

 252.000

 341.300

 192.750

 223.000

 310.000

 Umzuqualifizierender Betrag

 72.237

 84.965

 60.118

 49.120

 48.239

 Differenz

 179.763

 256.335

 132.632

 173.880

 261.761

Ferner hatten die Antragsteller darin beantragt, gesonderte Feststellungen des besonderen Abzugsbetrags nach §§ 10b Abs. 1a i.V.m. 10d Abs. 4 EStG für 2007 bis 2012 vorzunehmen.

Mit Schreiben vom 10.4.2015 teilte das FA den Antragstellern mit, dass eine Änderung der Bescheide für 2007 bis 2009 nicht in Betracht komme, da die Festsetzungsfrist abgelaufen sei. Ab 2010 könnten die Spenden wunschgemäß aufgeteilt werden. Der Höchstbetrag von 1 Mio. € werde jedoch im Veranlagungszeitraum 2011 überschritten. Da 2011 und 2012 unter dem Vorbehalt der Nachprüfung stünden, sei der bisher erfolgte volle Spendenabzug nach § 10b Abs. 1a EStG zu versagen. Die abziehbaren Stiftungsspenden ergäben sich aus den Bescheiden über die gesonderte Feststellung des verbleibenden besonderen Abzugsbetrages auf den 31.12.2007 bis 31.12.2012. Bei der Einkommensteuerveranlagung für 2011 würden dementsprechend 40.070 € angesetzt, für 2012 verbleibe kein abziehbarer Betrag. Ab 2013 gelte ein gemeinsamer Höchstbetrag von 2 Mio €. Der Vortrag i.H.v. 380.324 € werde daher in 2013 nutzbar.

An demselben Tag erließ das FA Bescheide über die gesonderte Feststellung des verbleibenden besonderen Abzugsbetrags gem. § 10b Abs. 1a EStG auf den 31.12.2007 bis 31.12.2010, in denen es jeweils verbleibende besondere Abzugsbeträge in Höhe von 0 € feststellte. Für die beiden folgenden Veranlagungszeiträume stellte das FA folgende verbleibende Abzugsbeträge fest: 31.12.2011 = 221.691 €, 31.12.2012 = 380.324 €.

Am 21.4.2014 (2011 und 2012) sowie am 30.4.2015 (2010) erließ das FA Einkommensteuerbescheide, in denen es Spenden im Sinne des § 10b Abs. 1a EStG in folgender Höhe in Bezug brachte: 2010 = 173.880 €, 2011 = 40.070 €, 2012 = 0 €.

Gegen die Bescheide über die gesonde...

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