Entscheidungsstichwort (Thema)

Anerkennung von Kirchensteuer als Sonderausgabe im Jahr der wirtschaftlichen Belastung

 

Leitsatz (redaktionell)

Es unterliegt keinen ernstlichen rechtlichen Zweifeln, dass ein Kirchensteuer- Erstattungsüberhang in einem Folgejahr ein rückwirkendes Ereignis darstellt, aufgrund dessen der Sonderausgabenabzug des Verausgabungsjahrs unter Änderung der bestandskräftigen Steuerfestsetzung um den Erstattungsüberhang im Zuflussjahr zu mindern ist.

 

Normenkette

EStG § 10 Abs. 1 Nr. 4, § 11 Abs. 1; AO § 175 Abs. 1 S. 1 Nr. 2

 

Streitjahr(e)

2000

 

Tatbestand

I.

Die Antragsteller zahlten im Jahre 2000 evangelische Kirchensteuer in Höhe von insgesamt 7.345 DM. Diese Kirchensteuerzahlungen setzte sich zusammen aus den Vorauszahlungen für das Jahr 2000 in Höhe von 5.411 DM und Nachzahlungen im Jahr 2000 für frühere Jahre.

Mit Einkommensteuerbescheid für 2000 vom 31.10.2001 setzte der Antragsgegner die Einkommensteuer auf 32.262 DM, die Kirchensteuer für 2000 auf 1.830,78 DM und den Solidaritätszuschlag auf 1.108,96 DM fest. Es ergab sich ein Kirchensteuererstattungsbetrag in Höhe von 3.580,22 DM, der am 31.10.2001 an die Antragsteller überwiesen wurde. Bei dieser Steuerfestsetzung wurden gezahlte Kirchensteuern in Höhe von 7.345 DM als Sonderausgaben berücksichtigt.

Bei der Veranlagung zur Einkommensteuer 2001 stellte der Antragsgegner folgende Kirchensteuererstattungen und -Zahlungen im Veranlagungszeitraum 2001 fest:

Zahlungen

2.152 DM

Erstattungen für 2000

3.580 DM

Erstattungen für 1999

931 DM

Erstattungsüberhang

2.359 DM

Am 19.03.2003 erließ der Antragsgegner einen nach § 175 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 Abgabenordnung (AO) geänderten Einkommensteuerbescheid für 2000, in welchem er die als Sonderausgaben berücksichtigten Kirchensteuerzahlungen aus 2000 in Höhe von 7.345 DM um den Erstattungsüberhang von 2.359 DM minderte.

Aus dem Änderungsbescheid vom 19.03.2003 ergab sich eine Einkommensteuer-Zahllast in Höhe von 446,87 € (874 DM), eine Kirchensteuer-Zahllast in Höhe von 36,72 € (71,82 DM) und eine Solidaritätszuschlags-Zahllast in Höhe von 22,44 € (43,89 DM). Die geforderten Beträge wurden von den Antragstellern gezahlt.

Gegen diesen Bescheid legten die Antragsteller fristgerecht Einspruch ein, den sie damit begründeten, dass kein rückwirkendes Ereignis im Sinne des § 175 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 AO vorläge.

Der Antragsgegner wies mit Einspruchsentscheidung vom 29.4.2003 den Einspruch als unbegründet zurück. Eine Änderung nach § 175 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 AO sei geboten. Auf die Urteile des Bundesfinanzhofes (BFH) vom 26.06.1996 X R 73/94, BStBl 1996 II 646, vom 28.05.1998 X R 7/96, BStBl 1999 II 95 und vom 18.05.2000 IV R 28/98, BFH/NV 2000, 1455 werde hingewiesen. Danach sei der Kirchensteuererstattungsbetrag grundsätzlich mit der im Jahr der Erstattung gezahlten Kirchensteuer zu verrechnen. Eine Ausnahme bestehe jedoch dann, wenn im Jahr der Erstattung eine Kompensation mit gezahlten Beträgen nicht möglich sei. In diesem Fall sei der Sonderausgabenabzug des Jahres der Verausgabung um die nachträgliche Erstattung zu mindern und ein bestandskräftiger Bescheid nach § 175 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 AO zu ändern. Dieser Rechtsgedanke sei auch im Erlass des Bundesfinanzministers (BMF) vom 11.07.2002 - IV C - S 2221 - 191/02 enthalten.

Die Antragsteller haben am 13.05.2003 Klage erhoben. Die Klage ist unter dem Aktenzeichen 11 K 2686/03 E anhängig.

Mit Schreiben vom 20.03.2003 beantragten die Antragsteller die Aussetzung der Vollziehung des Änderungsbescheides 2000 vom 19.03.2003 beim Antragsgegner. Der Antragsgegner lehnte den Antrag mit Schreiben vom 27.03.2003 ab. Den Antrag der Antragsteller vom 13.05.2003 auf Aufhebung der Vollziehung, lehnte der Antragsgegner mit Schreiben vom 28.05.2003 ab.

Mit Schreiben vom 02.06.2003 haben die Antragsteller die Aufhebung der Vollziehung des Einkommensteueränderungsbescheides 2000 vom 19.03.2003 beim Finanzgericht beantragt.

Zur Begründung tragen die Antragsteller vor, den Urteilen des BFH vom 26.06.1996 und vom 28.05.1998 (am angegebenen Ort), mit denen der Antragsgegner die Änderung des Einkommensteuerbescheides 2000 begründet habe, lägen nicht vergleichbare Sachverhalte zu Grunde. Im zitierten Urteil aus dem Jahre 1996 seien für einen aus der Kirche ausgetretenen Steuerpflichtigen weiterhin Kirchensteuern an die Finanzverwaltung gezahlt worden. Der BFH habe festgestellt, dass diese Kirchensteuern nicht als Sonderausgaben abgezogen werden könnten. Grund hierfür sei, dass bei rechtzeitiger Kenntnis des Austritts aus der Kirche eine Kirchensteuerfestsetzung unterblieben und somit die später zurückgeforderten Kirchensteuern gar nicht in die Berechnung der Sonderausgaben einbezogen worden wären. Das BFH-Urteil aus dem Jahre 1998 habe sich mit der Anerkennung von Sozialversicherungsbeiträgen als Sonderausgaben befasst. Die Beträge seien für eine Person, die nicht der Versicherungspflicht unterlegen habe, abgeführt und in einem späteren Jahr zurückerstattet worden. Der Steuerpflichtig...

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