Entscheidungsstichwort (Thema)

Betriebsausgabenabzug aus Scheinrechnungen – Schätzung der Aufwendungen für Schwarzeinkäufe im Verfahren der Aussetzung der Vollziehung

 

Leitsatz (redaktionell)

  1. Scheinrechnungen, denen keine tatsächliche Leistung des Rechnungsausstellers zugrunde liegt, rechtfertigen mangels betrieblicher Veranlassung der Aufwendung keinen Betriebsausgabenabzug.
  2. Führt eine vollständige Kürzung des Betriebsausgabenabzugs um die in den Scheinrechnungen ausgewiesenen Beträge zu einer bei summarischer Prüfung kaum plausiblen Diskrepanz zwischen dem Wareneinkauf des Stpfl. und seinem Warenverkauf, die für bei Dritten getätigte Schwarzeinkäufe spricht, kann für Aussetzungszwecke davon ausgegangen werden, dass der Stpfl.in Höhe der Hälfte der Rechnungsbeträge tatsächlich Waren eingekauft hat.
 

Normenkette

EStG § 4 Abs. 4; FGO § 69

 

Tatbestand

Der Antragsteller betreibt unter Bezeichnung „N” einen Großhandel mit Textilien. Ausweislich seiner Gewinnermittlungen erzielte er in den Jahren 2007 und 2008 Umsatzerlöse von 1.539.015,13 € (2007) und 1.767.541,17 € (2008) und Gewinne von 164.628,67 € (2007) und 196.818,03 € (2008). Der in den Gewinnermittlungen ausgewiesene Materialaufwand betrug 1.139.834,23 € (2007) und 1.321.207,53 € (2008); der Wareneinsatz belief sich nach den Feststellungen des Antragsgegners auf 1.122.594.- € (2007) und 1.341.006.- € (2008). Anlässlich einer abgekürzten Außenprüfung (Prüfungszeitraum 2007 und 2008) traf der Prüfer folgende Feststellungen:

In den Veranlagungszeiträumen 2007 und 2008 hatte der Antragsteller – im Materialaufwand enthaltene - Beträge i. H. v. 361.855.- € (2007) und 423.802.- € (2008) aus mehreren Rechnungen einer Firma „O”, Inhaber „T”, über die Lieferungen von Kleidungsstücken (Röcke, Hosen, Kleider, Jacken, Tops, Westen, Mäntel, Blusen) als Betriebsausgaben abgezogen. Der Prüfer vertrat die Auffassung, der Betriebsausgabenabzug aus den genannten Rechnungen sei zu versagen, da den Rechnungen tatsächlich keine entsprechenden Lieferungen des Herrn „T” an den Antragsteller zugrunde gelegen hätten. Der Betriebsausgabenabzug sei daher um die genannten Beträge zu kürzen.

Seine Auffassung stützte der Prüfer auf eine Selbstanzeige des Herrn „T” vom 12.11.2010, in der dieser – vertreten durch den Rechtsanwalt, Steuerberater und Wirtschaftsprüfer „X” – erklärt hatte, in der Zeit von 2007 bis 2010 weder Textileinkäufe vorgenommen noch Textilverkäufe durchgeführt zu haben, sondern anderen Großhändlern Scheinrechnungen erteilt zu haben, um diesen einen Vorsteuerabzug zu ermöglichen. Hierfür habe er eine Provision zwischen 7 % und 9 % erhalten. Außerdem habe er – zur Minderung seiner eigenen Umsatzsteuerschuld - von anderen Großhändlern Einkaufsrechnungen mit ausgewiesener Umsatzsteuer erhalten und diesen Rechnungsausstellern eine Provision zwischen 3 % und 5 % gezahlt. In der Selbstanzeige wird weiter ausgeführt, Herr „T” habe inzwischen eine Stornierung der von ihm erteilten Scheinrechnungen veranlasst, so dass die Rechnungsadressaten keinen Vorsteuerabzug mehr geltend machen könnten.

Am 20.07.2012 erließ der Antragsgegner geänderte Einkommensteuerbescheide 2007 und 2008, mit denen er die Gewinne des Antragstellers um 295.389.- € (2007) und 423.803.- € (2008) erhöhte. Bei der Änderung des Einkommensteuerbescheides 2008 blieb nach Aktenlage eine Erhöhung der Gewerbesteuerrückstellung um 66.006.- € unberücksichtigt. Über den hiergegen eingelegten Einspruch hat der Antragsgegner bisher noch nicht entschieden. Die Antragsteller beantragen – nach Ablehnung durch den Antragsgegner – Aussetzung der Vollziehung durch das Gericht.

Die Antragsteller machen geltend, den Rechnungen der Firma „O”, Inhaber „T” lägen tatsächliche Lieferungen des Herrn „T” an den Textilgroßhandel des Antragstellers zugrunde. Herr „T” habe die in den Rechnungen bezeichneten Textilien persönlich mit ein bis zwei Helfern in das Ladenlokal des Antragstellers geliefert. Der Antragsteller habe die angelieferte Ware begutachtet und kontrolliert. Die Ware sei in bar bezahlt worden. Herr „T” habe den Erhalt des Kaufpreises quittiert. Die von Herrn „T” eingekaufte Ware habe der Antragsteller anschließend in den Geschäftsräumen seines Textilgroßhandels an verschiedene Abnehmer weiterveräußert.

Der Antragsgegner stütze sich für seine Annahme auf die Selbstanzeige des „T” vom 12.11.2010. Herr „T” habe seinen Vertreter - Rechtsanwalt, Steuerberater und Wirtschaftsprüfer „X” – jedoch mit Schreiben vom 01.12.2010 beauftragt, die Selbstanzeige umgehend zurückzuziehen.

Der Antragsteller habe am 22.02.2012 eine Eigentümergrundschuld in Höhe von 300.000.- € zu Lasten seines hälftigen Anteils an dem Grundstück „U-Straße 1” in „L-Stadt” – dem Einfamilienhaus des Antragstellers und seiner Ehefrau – bestellt und dem Antragsgegner als Sicherheitsleistung angeboten. Das Grundstück habe einen Verkehrswert von ca. 350.000.- €; die vorrangige Grundschuld für die „C-Bank” habe zum 31.03.2012 mit ca. 198.000.- € valutiert. Der Antragsge...

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