rechtskräftig

 

Entscheidungsstichwort (Thema)

Verfassungsmäßigkeit des Ausgleichs von halbierten Altverlusten aus der Veräußerung von Aktien mit vollen Neugewinnen aus der Aktienveräußerung

 

Leitsatz (redaktionell)

1. Auch wenn der zum 31.12.2008 gesondert festgestellte Verlust aus privaten Aktien-Veräußerungsgeschäften aufgrund der Gewinnermittlungsvorschriften des § 23 i. V. m. § 3 Nr. 40 Buchst. j, § 3c Abs. 2 EStG a. F. nur die Hälfte der tatsächlichen Verluste umfasst, bestehen keine verfassungsrechtlichen Bedenken, diese Verluste mit den – nach Einführung der Abgeltungssteuer – als Kapitaleinkünfte in vollem Umfang steuerbaren Aktiengewinnen zu verrechnen. Weder ist eine Verletzung des allgemeinen Gleichheitssatzes, in seinem allgemeinen Verständnis oder in seiner bereichsspezifischen Ausprägung der Folgerichtigkeit, noch eine Verletzung des Grundrechts der Eigentumsfreiheit oder des Rechtsstaatsprinzips ersichtlich.

2. Die zeitliche Begrenzung der Verrechnung von vor dem 1.1.2009 erzielten und gesondert festgestellten Verlusten aus Spekulationsgeschäften bis zum Ablauf des Veranlagungszeitraums 2013 begegnet keinen verfassungsrechtlichen Bedenken.

 

Normenkette

EStG 2002 § 3 Nr. 40 Buchst. j, § 23 Abs. 1 S. 1 Nr. 2, Abs. 3 Sätze 7-8, § 10d Abs. 4 S. 1; EStG 2009 § 20 Abs. 2, § 52a Abs. 3 S. 2, Abs. 4 S. 2, Abs. 10 S. 1, Abs. 11 S. 4, § 23 Abs. 3 Sätze 1, 9, § 3c Abs. 2; GG Art. 3 Abs. 1, Art. 14, 20 Abs. 3

 

Tenor

Die Klage wird als unbegründet abgewiesen.

Der Kläger trägt die Kosten des Verfahrens.

Die Revision wird zugelassen.

 

Tatbestand

Der Rechtsstreit betrifft die Frage der Verfassungsmäßigkeit des eingeschränkten Verlustabzugs bei Aktienverkäufen.

Der Kläger erzielt als Beamter der … Einkünfte aus nichtselbstständiger Arbeit. Daneben hielt er in seinem Privatvermögen Aktienanleihen bei der X-Bank, aus denen er Einkünfte aus Kapitalvermögen erzielte. In den Veranlagungszeiträumen vor dem Streitjahr hatte der Kläger bei der Veräußerung verschiedener Aktien und Anleihen, die der Beklagte als private Veräußerungsgeschäfte berücksichtigte, Verluste in Höhe von insgesamt x.xxx EUR erlitten. Nachdem der Kläger auch im Streitjahr aus Aktienverkäufen einen Verlust in Höhe von y.yyy EUR erzielt hatte, den der Beklagte gemäß § 3 Nr. 40 Buchst. j EStG nur zur Hälfte berücksichtigte, ergab sich bis zum 31. Dezember 2008 ein Gesamtverlust in Höhe von zz.zzz EUR. Diesen Verlust stellte der Beklagte im Feststellungsbescheid vom 18. März 2009 gesondert als vortragsfähig fest.

Dagegen legte der Kläger am 31. März 2009 Einspruch ein, über den der Beklagte zunächst nicht entschied.

Am 18. Mai 2011 hat der Kläger die vorliegende Klage erhoben.

Am 5. September 2011 erließ der Beklagte eine Einspruchsentscheidung und wies darin den Einspruch des Klägers als unbegründet zurück.

Zur Begründung seiner Klage trägt der Kläger im Wesentlichen vor, der Verlustvortrag hätte um a.aaa EUR höher festgestellt werden müssen, da nach Einführung der Vollversteuerung von Aktiengewinnen ab dem 1. Januar 2009 eine entsprechende volle Berücksichtigung der in der Vergangenheit angefallenen Verluste verfassungsrechtlich geboten sei. Die Anwendung des Halbeinkünfteverfahrens stelle eine verfassungswidrige Ungleichbehandlung dar und sei mit dem Gebot der Besteuerung nach der wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit nicht vereinbar. Denn die Möglichkeit der Verlustverrechnung stelle einen wesentlichen Bestandteil des objektiven Nettoprinzips dar. Deren Beschränkung bedürfe daher eines sachlichen Grundes. Ein solcher fehle indessen, insbesondere sei nicht erkennbar, worin die sachliche Rechtfertigung für die zeitliche Begrenzung der Verlustverrechnung bis zum Jahr 2013 liegen solle. Demgegenüber würden Verluste bei allen anderen Einkunftsarten grundsätzlich berücksichtigt. Wegen der dargestellten Einschränkungen sei der Kläger gezwungen, vor dem 1. Januar 2014 alle Aktiengewinne bis zur Höhe der festgestellten Verluste plus der Verdoppelungsbeträge realisieren, da ansonsten seine Verrechnungsmöglichkeiten endgültig entfielen. Der Kläger ist der Auffassung, dass daher gleichzeitig eine Verletzung des Grundrechts aus Art. 14 Abs. 1 GG vorliege.

Der Kläger beantragt,

unter Änderung des Bescheids über die gesonderte Feststellung des verbleibenden Verlustvortrags zur Einkommensteuer auf den 31. Dezember 2008 vom 18. März 2011 in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 5. September 2011 den Verlust aus privaten Veräußerungsgeschäften in Höhe von bb.bbb EUR festzustellen.

Der Beklagte beantragt,

die Klage als unbegründet abzuweisen.

Zur Begründung führt er im Wesentlichen aus, die Feststellung des vortragsfähigen Verlustes stehe im Einklang mit der seinerzeit geltenden Rechtslage. Bis zum 31. Dezember 2008 seien das Halbeinkünfteverfahren und damit einhergehend das Halbabzugsverbot anzuwenden gewesen, und dementsprechend seien die bis zu diesem Zeitpunkt angefallenen Verluste des Klägers aus Wertpapierverkäufen nur zur Hälfte berücksichtigungsfähig gewesen. Eine Verletzung des ...

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