Entscheidungsstichwort (Thema)

Umsatzbesteuerung von Geldspielautomatenumsätzen. Aussetzung der Vollziehung betr. den Umsatzsteuer-Vorauszahlungsbescheid für April 2002

 

Leitsatz (amtlich)

Nach dem Beschluss des BFH vom 30. November 2000 V B 187/00, BFH/NV 2001, 657 ist es ernstlich zweifelhaft, ob es mit dem Grundsatz der steuerlichen Neutralität vereinbar ist, für die Umsatzbesteuerung von Geldspielautomaten danach zu differenzieren, ob sie in und von öffentlich zugelassenen Spielbanken ausgeführt werden oder nicht. Demnach ist zwar möglicherweise, indessen nicht mit großer Wahrscheinlichkeit davon auszugehen, dass die Umsätze aus dem Betrieb von Geldspielautomaten aus gemeinschaftsrechtlichen Gründen umsatzsteuerfrei zu belassen sind. Angesichts dieser Unsicherheit tritt das Sicherungsbedürfnis des FA in vergleichbaren Fällen nicht zwangsläufig in den Hintergrund, so dass die Anforderung einer Sicherheitsleistung bei Gewährung der Aussetzung der Vollziehung nicht von vornherein als fehlerhaft anzusehen ist.

 

Normenkette

UStG § 4 Nr. 9b

 

Tenor

Der Antrag auf Aussetzung der Vollziehung ohne Sicherheitsleistung wird als unbegründet abgewiesen.

Die Kosten des Verfahrens werden der Antragstellerin auferlegt.

Die Entscheidung ergeht unanfechtbar.

 

Tatbestand

I.

Die Antragstellerin führt Umsätze durch das Betreiben von Geldspielautomaten und Unterhaltungsgeräten aus. Streitig ist zwischen den Beteiligten, ob diese Umsätze – ebenso wie vergleichbare Umsätze einer öffentlichen Spielbank – gemäß § 4 Nr. 9b zweite Alternative Umsatzsteuergesetz (UStG) umsatzsteuerfrei sind.

Der Antragsgegner setzte mit Bescheid vom 5. Juli 2002 die Vorauszahlung zur Umsatzsteuer für April 2002 auf 28.676,67 EUR fest, wovon unstreitig von der Antragstellerin 7.238,49 EUR zu zahlen sind. Der Restbetrag von 21.438,14 EUR betrifft die streitigen Automatenumsätze.

Gegen diesen Vorauszahlungsbescheid legte die Antragstellerin am 16. Juli 2002 Einspruch ein, über den der Antragsgegner noch nicht entschieden hat. Gleichzeitig beantragte sie die Aussetzung der Vollziehung. Diesem Antrag gab der Antragsgegner am 23. Juli 2002 dem Grunde nach statt, wobei er jedoch Sicherheit in Höhe des festgesetzten Betrages forderte.

Am 12. August 2002 wandte sich die Antragstellerin mit einem entsprechenden Aussetzungsantrag an das Finanzgericht.

Die Antragstellerin beantragt,

der Umsatzsteuer-Vorauszahlungsbescheid für April 2002 vom 5. Juli 2002 bis zum Ablauf eines Monats nach Bekanntgabe der Einspruchsentscheidung ohne Sicherheitsleistung von der Vollziehung auszusetzen.

Die Antragstellerin macht geltend, die Aussetzung der Vollziehung sei ohne die Anforderung einer Sicherheitsleistung auszusprechen, da aufgrund von Gerichtsentscheidungen sowohl des Europäischen Gerichtshofs (EuGH) wie auch des Bundesfinanzhofs (BFH) die Umsätze aus dem Betrieb von Geldspielautomaten aus gemeinschaftstrechtlichen Gründen umsatzsteuerfrei zu belassen seien. Da die innerstaatliche Regelung des § 4 Nr. 9b UStG gemeinschaftsrechtswidrig und mit großer Wahrscheinlichkeit in der Hauptsache ein für die Antragstellerin günstiger Prozessausgang zu erwarten sei, müsse die Aussetzung der Vollziehung ohne Sicherheitsleistung gewährt werden.

Der Antragsgegner beantragt sinngemäß,

den Antrag auf Aussetzung der Vollziehung ohne Sicherheitsleistung als unbegründet zurückzuweisen.

Der Antragsgegner räumt zwar ein, dass die Rechtslage unsicher sei. Allerdings komme im Fall der Antragstellerin eine ungesicherte Gewährung der Aussetzung der Vollziehung wegen der problematischen Liquidität der Antragstellerin nicht in Betracht. Bei ungesicherter Aussetzung der Vollziehung sei die Realisierung des Steueranspruchs im Falle der Erfolglosigkeit des Einspruchs der Antragstellerin zweifelhaft. Im Übrigen habe die Antragstellerin bislang immer die Aussetzung der Vollziehung unter Stellung von Sicherheitsleistung erhalten. Von daher sei es auch ermessensgerecht, eine solche auch jetzt zu verlangen, zumal die Antragstellerin offensichtlich auch in der Lage sei, eine solche Sicherheitsleistung – etwa in Form einer Bankbürgschaft – zu stellen.

Wegen weiterer Einzelheiten wird auf die Schriftsätze der Beteiligten und die beigezogenen Verwaltungsakten Bezug genommen.

 

Entscheidungsgründe

II.

1. Nach § 69 Abs. 3 Satz 1 Finanzgerichtsordnung (FGO) kann das Gericht der Hauptsache die Vollziehung eines Verwaltungsaktes ganz oder teilweise gemäß § 69 Abs. 2 Sätze 2 bis 6 FGO aussetzen. Die Vollziehung soll ausgesetzt werden, wenn ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit des angefochtenen Verwaltungsaktes bestehen oder wenn die Vollziehung für den Betroffenen eine unbillige, nicht durch überwiegende öffentliche Interessen gebotene Härte zur Folge hätte. Ernstliche Zweifel i.S. des § 69 Abs. 2 Satz 2 FGO sind zu bejahen, wenn bei summarischer Prüfung des angefochtenen Steuerbescheides neben für seine Rechtmäßigkeit sprechenden Umständen gewichtige Gründe zutage treten, die Unentschiedenheit in der Beurteilung der entscheidungserhebli...

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