rechtskräftig

 

Entscheidungsstichwort (Thema)

Lohnsteuerabzugspflicht des wirtschaftlichen Arbeitgebers nach § 38 Abs. 1 Satz 2 EStG bei internationaler Arbeitnehmerentsendung

 

Leitsatz (redaktionell)

Stellt eine estnische Firma einem inländischen Unternehmen die Personalkosten für den im Betrieb des inländischen Unternehmens eingegliederten, die Weisungen des inländischen Unternehmens ausführenden und am Firmensitz und bundesweit Serviceleistungen erbringenden Arbeitnehmers in Rechnung und findet danach die Arbeitnehmerüberlassung aufgrund summarischer Prüfung im Verfahren der Aussetzung der Vollziehung ausschließlich im Interesse des inländischen Unternehmens statt, ist das inländische Unternehmen gem. § 38 Abs. 1 Satz 2 EStG in der seit 1.1.2004 geltenden Fassung zum Lohnsteuerabzug verpflichtet.

 

Normenkette

EStG § 38 Abs. 1 S. 2, § 19 Abs. 1 S. 1 Nr. 1, § 8 Abs. 1; FGO § 69 Abs. 2 S. 2, Abs. 3 S. 1

 

Tenor

Der Antrag wird als unbegründet zurückgewiesen.

Die Kosten des Verfahrens werden der Antragstellerin auferlegt.

Die Entscheidung ergeht unanfechtbar.

 

Tatbestand

I.

Von Juni bis Dezember 2012 wurde bei der Antragstellerin eine Lohnsteuer-Sonderprüfung für Januar 2008 bis Dezember 2011 durchgeführt. Der Prüfer kam aufgrund seiner Ermittlungen zu der Überzeugung, dass die Antragstellerin Arbeitgeberin i.S.d. § 38 Abs. 1 Satz 2 EStG des Herrn Dipl. Ingenieur A sei und führte hierzu Folgendes aus:

„Der Geschäftsführer und Gesellschafter Y ist zu 50 % an einer Kapitalgesellschaft X mit Sitz in Estland beteiligt. Gegenstand beider Unternehmen ist … der Vertrieb … von Maschinen …. Die übrigen Anteile werden von dem Gesellschafter A gehalten, der gleichzeitig auch Service Manager und Prokurist der inländischen Firma ist. Die Firma in Estland wurde 1999 gegründet, um auf dem estnischen Markt Fuß zu fassen. Die estnische Gesellschaft hat nur die inländische Firma als Auftraggeber. Der Gesamtumsatz entspricht dem Lohn des dort beteiligten A. Weiterhin sollte auf diese Art auch vor der EU-Vollmitgliedschaft Estlands die Möglichkeit bestehen, dass A als Manager der estnischen Firma in Deutschland arbeiten kann.

Zum 01.05.2004 wurde Estland in die EU aufgenommen. Mit dem Beitritt stehen somit einem Arbeitnehmer, der die Staatsangehörigkeit des neuen EU-Mitgliedstaats besitzt, die Möglichkeiten des § 1a EStG offen.

Die ausländische Firma X hat jedoch über den gesamten Prüfungszeitraum (2008 bis 2011) die Personalkosten für A i.H.v. …. EUR jährlich der inländischen Firma in Rechnung gestellt. Nach den Serviceberichten, die im Rahmen der Prüfung vorgelegt wurden, ergab sich, dass A für das inländische Unternehmen am Firmensitz und bundesweit Serviceleistungen erbracht hat. Für Dienstreisen wurde ein Firmenfahrzeug zur Verfügung gestellt.

Nach dem Gesamtbild der Verhältnisse trägt das inländische Unternehmen die Verantwortung und auch das Risiko für die durch die Tätigkeit des A erzielten Ergebnisse. Im Übrigen ist der Prokurist A den Weisungen des inländischen Gesellschafter-Geschäftsführers unterworfen. Demnach ist das inländische Unternehmen als wirtschaftlicher Arbeitgeber nach § 38 Abs. 1 Satz 2 EStG verpflichtet den Lohnsteuerabzug vorzunehmen.

Das inländische Unternehmen haftet gem. § 42 d Abs. 1 EStG für die Lohnsteuer, die es einzubehalten und abzuführen hat.

A ist It. Auskunft des Einwohnermeldeamts der Gemeinde Z seit 2002 unter der Anschrift … gemeldet und somit unbeschränkt steuerpflichtig (Steuerklasse I). Die Wohnung befindet sich im Eigentum des Geschäftsführers der Astin. und wurde A unentgeltlich überlassen. Über Baujahr, Größe und Ausstattung der Wohnung liegen keine Angaben vor. Die unentgeltliche oder verbilligte Überlassung von Wohnräumen durch den Arbeitgeber ist ein steuerpflichtiger geldwerter Vorteil (§ 8 Abs. 1 EStG, § 19 EStG). Eine Wohnung ist mit dem um übliche Preisnachlässe geminderten üblichen Endpreis am Abgabeort (§ 8 Abs. 2 Satz 1 EStG, ortsüblicher Mietpreis) zu bewerten. Unter dem üblichen Endpreis (§ 8 Abs. 2 Satz 1 EStG) ist der Mietzins zu verstehen, der unter Berücksichtigung der örtlichen Verhältnisse und unter Beachtung gesetzlicher Mietpreisbestimmungen für eine nach Baujahr, Lage, Art, Größe, Ausstattung und Beschaffenheit vergleichbare Wohnung üblich ist (Vergleichsmiete). Der Mietzins für die Wohnung wird mit 400 EUR mtl. geschätzt. Die Prüfung geht auch davon aus, dass dem Prokuristen A ein Firmenwagen für private Zwecke zur Verfügung stand. …

Der Antragsgegner schloss sich der Auffassung des Prüfers an und erließ am 23. April 2013 gegenüber der Antragstellerin Haftungsbescheide über Lohnsteuer, die Gegenstand des Verfahrens 2 V 1183/13 sind. Darüber hinaus erließ er auf der Grundlage der Prüfungsfeststellungen auch für die Folgezeiträume Bescheide über Lohnsteuer …. Am Montag, den 27. Mai 2013, legte die Antragstellerin gegen diese Bescheide Einspruch ein und stellte gleichzeitig den Antrag auf Aussetzung der Vollziehung. Am 11. Juni 2013 kündigte der Antragsgegner die Vollstreckung aus d...

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