rechtskräftig

 

Entscheidungsstichwort (Thema)

Zur Unbilligkeit der Vollstreckung aus bestandskräftigem Steuerbescheid bei behaupteten Gegenansprüchen des Steuerschuldners. allein auf die Rechtswidrigkeit der Steuerfestsetzung gestützter Antrag auf einstweilige Anordnung der vorläufigen Einstellung der Vollstreckung unzulässig

 

Leitsatz (redaktionell)

1. § 258 AO stellt eine allein für das Vollstreckungsverfahren geltende Billigkeitsregelung dar. Er erlaubt nicht die verdeckte Anwendung der Regelung über die Aussetzung der Vollziehung auf bereits unanfechtbare Steuerbescheide.

2. Die Vollstreckung aus einem bestandskräftigen Steuerbescheid könnte sich im Hinblick auf behauptete Gegenansprüche des Steuerschuldners allenfalls dann als unbillig erweisen, wenn diese unstreitig sind oder zumindest mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit bestehen und wenn sie fällig sind.

3. Der Antrag, durch einstweilige Anordnung die Vollstreckung vorläufig einzustellen, ist unzulässig, wenn er ausschließlich mit der Rechtswidrigkeit der Steuerfestsetzung begründet wird.

 

Normenkette

AO § 258; ErbStG 2009 § 13a Abs. 4; AO § 169 Abs. 1 S. 1, § 170 Abs. 2 Nr. 1; FGO §§ 69, 114 Abs. 5

 

Tenor

Der Antrag wird zurückgewiesen.

Die Kosten des Verfahrens werden der Antragstellerin auferlegt.

Die Entscheidung ergeht unanfechtbar.

 

Tatbestand

I.

Die Antragstellerin ist eine 1999 gegründete Aktiengesellschaft. Im November 2005 verlegte die Antragstellerin ihren Firmensitz von A nach B.

Am 22. August 2005 reichte die Antragstellerin die Umsatzsteuererklärung 2004 beim Finanzamt A ein. Das Finanzamt stimmte der Steuererklärung, die einen Erstattungsanspruch auswies, zu und überwies den Erstattungsbetrag noch im Jahre 2005 an sie. Nach einer im Jahre 2005 durchgeführten Betriebsprüfung für 2001 bis 2003 erließ der Antragsgegner am 30. Dezember 2009 u.a. auch einen nach § 164 Abs. 2 AO geänderten Umsatzsteuerbescheid für 2004. Der Vorbehalt der Nachprüfung blieb bestehen. Des Weiteren enthielt der Bescheid die Erläuterung „Die am 05.10.2006 eingegangene Umsatzsteuer-Jahreserklärung steht einer Steuerfestsetzung unter dem Vorbehalt der Nachprüfung gleich”. Der Bescheid wurde der Antragstellerin am 31. Dezember 2009 durch Postzustellungsurkunde zugestellt.

Mit Schreiben vom 4. Oktober 2010 stellte die Antragstellerin den Antrag auf Änderung des Umsatzsteuerbescheides 2004 gemäß § 164 Abs. 2 AO. Der Antragsgegner lehnte den Änderungsantrag wegen Festsetzungsverjährung mit Bescheid am 8. Oktober 2010 ab. Die Antragstellerin legte gegen den Ablehnungsbescheid am 15. Oktober 2010 Einspruch ein, den der Antragsgegner mit Entscheidung vom 1. Dezember 2010 zurückwies. Den am 23. November 2010 gestellten Antrag auf Aussetzung der Vollziehung wies der Antragsgegner am 26. November 2010 zurück. Am 21. Dezember 2010 erhob die Antragstellerin Klage (1 K 1670/10). Den daraufhin beim Finanzgericht des Saarlandes gestellten Aussetzungsantrag wies dieses durch Beschluss vom 9. Februar 2011 1 V 1671/10 als unzulässig zurück. Auf die Akten der beiden vorgenannten Verfahren wird Bezug genommen.

Am 27. Januar 2011 hat die Antragstellerin beim Finanzgericht des Saarlandes beantragt,

das Gericht möge eine einstweiligen Anordnung dahingehend erlassen, dass bis zur endgültigen Entscheidung im Klageverfahren 1 K 1670/10 Vollstreckungsmaßnahmen unterbleiben.

Der Antragsgegner habe die Änderung nach § 164 Abs. 2 AO abgelehnt, weil Festsetzungsverjährung eingetreten sei. Auf Grund des im Bescheid vom 30. Dezember 2009 bekannt gegebenen Datums (5. Oktober 2006) habe die Antragstellerin davon ausgehen können, dass die Festsetzungsfrist gemäß § 169 Abs. 1 AO mit Ablauf des 31. Dezember 2006 beginne und somit erst am 31. Dezember 2010 ende. Der Änderungsantrag sei erst zu diesem Zeitpunkt gestellt worden, da erst zu diesem Zeitpunkt über die auch für das Streitjahr bedeutsamen umsatzsteuerlichen Sachverhalte 2005-2008 entschieden gewesen sei. Im Übrigen leide der Umsatzsteuerbescheid 2004 an einem schwerwiegenden Mangel, so dass die Vollstreckung einen wesentlichen Eingriff in die Rechtssphäre der Antragstellerin darstelle.

Der Antragsgegner hat keinen Antrag gestellt.

Im Verfahren 1 V 1671/10 hat er auf seine Klageerwiderung im Verfahren 1 K 1670/10 verwiesen. Demnach sei zum Zeitpunkt des Änderungsantrages vom 4. Oktober 2010 für die Umsatzsteuer des Streitjahres Festsetzungsverjährung eingetreten. Der Änderungsbescheid vom 30. Dezember 2009 sei nicht nichtig.

Wegen weiterer Einzelheiten wird auf die Schriftsätze der Beteiligten, die Akten der Verfahren 1 V 1671/10 und 1 K 1670/10 sowie auf die Akten des Antragsgegners Bezug genommen.

 

Entscheidungsgründe

II.

Der Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung wird zurückgewiesen. Es kann dahinstehen, ob sich die Antragstellerin ausschließlich auf Aussetzungsgründe nach § 69 Abs. 2 FGO beruft. In jedem Fall sind die Voraussetzungen des § 114 Abs. 1 FGO weder dargelegt noch nach Aktenlage ersichtlich.

1. Nach § 114 Abs.1 Satz 2 FGO kann das Geric...

Das ist nur ein Ausschnitt aus dem Produkt Haufe Steuer Office Excellence. Sie wollen mehr?

Anmelden und Beitrag in meinem Produkt lesen


Meistgelesene beiträge