rechtskräftig

 

Entscheidungsstichwort (Thema)

Rechtmäßigkeit von Pfändungsverfügungen; Gehaltspfändung; unrechtmäßige Drittschuldnerleistung

 

Leitsatz (redaktionell)

1. Die Vollstreckung aus noch nicht bestandskräftig festgesetzten Steueransprüchen erfolgt für das Finanzamt mit dem Risiko von Schadensersatzleistungen gemäß § 717 Abs. 2 ZPO.

2. Die Pfändung des Gehalts durch das Finanzamt betrifft lediglich dessen pfändbaren Teil. Der Arbeitgeber (Drittschuldner) berechnet die abzuführenden, gepfändeten Beträge in eigener Verantwortung und auf eigenes Risiko. Überhöhte Zahlungen des Arbeitgebers an das Finanzamt führen nicht zur Unrechtmäßigkeit der Pfändungsverfügung, sondern zu einem Rückzahlungsanspruch, der im Wege einer allgemeinen Leistungsklage gegenüber dem Finanzamt geltend zu machen ist.

 

Normenkette

AO §§ 251 ff.

 

Gründe

I.

Die Antragsteller sind Eheleute, die beim Antragsgegner zusammen zur Einkommensteuer veranlagt werden und zwei Kinder haben. Im Zuge von Fahndungsmaßnahmen gegen Gesellschaften, an denen die Antragsteller, deren Verwandte oder sonstige Angehörige und nahestehende Personen beteiligt waren, ging es im Wesentlichen um folgende Vorgänge:

Beim Antragsgegner wird die 1992 gegründete „S. A. GmbH”, V., die am 8. März 1999 in „S. L. GmbH” und schließlich am 14. Mai 1999 in „B. L. GmbH” umbenannt worden ist, steuerlich geführt (künftig: B. GmbH).

Gegenstand des Unternehmens der B. GmbH war zunächst allein die Arbeitnehmerüberlassung, ab 29. September 1995 waren es zudem der Freileitungsbau und ab dem 8. März 1999 auch der Aufbau, die Wartung und der Abbau von Hochspannungsmasten (Bl. 2 1 K 14/00).

Das Stammkapital der B. GmbH i.H.v. 50.000 DM wurde zunächst zu jeweils 25.000 DM vom Antragsteller und dessen Cousin H.-Y. gehalten. Durch Vertrag vom 26. Januar 1996 hat der Antragsteller seinen Geschäftsanteil auf seine Ehefrau, die Antragstellerin, übertragen. Die B. GmbH hat am 6. Dezember 1999 Insolvenzantrag gestellt. Wesentliche Teile ihres Anlagevermögens wurden zuvor an die am 16. Dezember 1997 ins Handelsregister eingetragene S. F. GmbH, L. (künftig: S. GmbH) veräußert, die seit 1999 auch die Geschäftstätigkeit der B. GmbH fortführt. Die B. GmbH hat am 3. Dezember 1999 Antrag auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens gestellt.

Am 25. August 2000 ist dieser Antrag mangels Masse abgewiesen worden (Bl. 4, 241 1 K 14/00).

Bei der Veranlagung zur Körperschaftsteuer und Umsatzsteuer 1995 überprüfte der Antragsgegner die Betriebsausgaben der B. GmbH für „Fremdleistungen” i.H.v. 957.513 DM. Es handelte sich um Zahlungen an die türkischen Firmen „A.”, „F.” und „X.”. Da der Verdacht bestand, dass es hierbei um fingierte Eingangsrechnungen – sogenannte Abdeckrechnungen – handelte, leitete die Steuerfahndungsstelle des Finanzamtes S. entsprechende Ermittlungen ein.

Im Zuge dieser Fahndungsprüfung wurde u.a. festgestellt, dass die Herren H.-Y., der Antragsteller und dessen Bruder F.-Y. (bzw. weitere, ihnen verwandte oder nahestehende Personen) an den vorgenannten Subunternehmen entweder als Gesellschafter beteiligt oder als deren Geschäftsführer tätig waren. Die Fa. X. wurde 1991 in der Türkei gegründet und firmierte zunächst als Fa. A., später dann unter ihrem heutigen Namen. An der Fa. X. sind F.-Y., der Bruder des Antragstellers, A.-Y. und I.-Y., der Cousin des Antragstellers, beteiligt, und zwar mit 50% und jeweils 25% der Anteile (alleiniger Geschäftsführer: F.-Y.).

Am 17. Dezember 1998 wurden bei der erstmaligen Durchsuchung der Geschäfts- und Büroräume der B. GmbH Buchführungs- und eine Vielzahl sonstiger Unterlagen der Firmen F., A. und X. vorgefunden und sichergestellt (vorgefertigte Lohnquittungen, Anträge auf Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis türkischer Arbeitnehmer, Stempel, Vordrucke, Briefbögen und Formulare). Die Arbeitnehmer der in Rede stehenden Subunternehmen wurden im Inland ausschließlich mit den Fahrzeugen der B. GmbH transportiert; auch sind nach den Aufzeichnungen des Antragstellers sämtliche Lohnzahlungen an die Arbeitnehmer der Firma F. und der Firma A. von ihm vorgenommen worden. Des weiteren wurden hohe Bargeldbestände (ca. 60.000 DM) vorgefunden, die offensichtlich der Entlohnung der Arbeitnehmer dienten. Auf der Computeranlage der B. GmbH wurden Lohnabrechnungen für die Firma X. durchgeführt. Die Briefbögen der Firmen trugen die Adresse, die Telefon- und Faxnummer der B. GmbH. Die vorgeblichen Subunternehmen unterhielten im Inland keine Bankkonten, über die Geschäftsvorfälle abgewickelt wurden. Ein Konto der Firma X. bei der Z.-bank, F., diente augenscheinlich der Abwicklung von Geldtransfers in die Türkei.

Weitere Ermittlungen bei einem inländischen Auftraggeber der B. GmbH, der Firma C. E. GmbH (künftig: C.) in D., ergaben, dass der als Subunternehmer beschäftigten B. GmbH die Auftragsweitergabe an weitere Subunternehmerfirmen nach den Verträgen mit der C. untersagt oder von deren ausdrücklicher, schriftlicher Zustimmung abhängig war (Bl. 160 1 V 186/99). Derartige Genehmigungen sind...

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