Entscheidungsstichwort (Thema)

Ansatz von Kinderfreibeträgen nach dem Monatsprinzip. Einkommensteuer 1996

 

Leitsatz (amtlich)

Bei der Prüfung, ob die gebotene steuerliche Freistellung durch das Kindergeld nicht in vollem Umfang bewirkt wurde und deswegen bei der Veranlagung zur Einkommensteuer der Kinderfreibetrag unter Verrechnung des Kindergeldes anzusetzen ist, ist auf den Kalendermonat abzustellen.

 

Normenkette

EStG 1996 § 31 S. 1, § 32 Abs. 6, § 31 Sätze 4-5

 

Nachgehend

BFH (Urteil vom 15.01.2003; Aktenzeichen VIII R 84/01)

 

Tenor

Abweichend von dem Einkommensteuerbescheid vom 17. April 1998 in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 30. Juli 1998 wird die Einkommensteuer 1996 unter Berücksichtigung eines Kinderfreibetrags i.H.v. 3.654 DM festgesetzt.

Die Kosten des Verfahrens hat der Beklagte zu tragen.

Das Urteil ist hinsichtlich der Kosten vorläufig vollstreckbar. Der Beklagte darf die Vollstreckung gegen Sicherheitsleistung in Höhe des jeweils zu vollstreckenden Betrages abwenden, wenn die Kläger nicht zuvor Sicherheit in entsprechender Höhe leisten.

Die Zuziehung eines Bevollmächtigten für das Vorverfahren war notwendig.

Die Revision wird zugelassen.

 

Tatbestand

Soweit die gebotene steuerliche Freistellung des Existenzminimums eines Kindes des Steuerpflichtigen durch das staatliche Kindergeld nicht in vollem Umfang bewirkt worden ist, ist bei der Veranlagung zur Einkommensteuer ein Kinderfreibetrag unter Verrechnung des Kindergeldes anzusetzen. Zu diesem Zweck ist eine sog. „Günstigerprüfung” durchzuführen. Zwischen den Beteiligten ist streitig, ob bei dieser Prüfung auf den Kalendermonat oder das Kalenderjahr abzustellen ist.

Die Kläger wurden mit Bescheid vom 15. Mai 1997 zur Einkommensteuer für das Streitjahr 1996 veranlagt. Dabei wurde für das zweite Kind, den im Januar 1978 geborenen in Ausbildung befindlichen Sohn Marcel, ein Kinderfreibetrag i.H.v. 6.264 DM berücksichtigt, Der Bescheid erging hinsichtlich des Freibetrages vorläufig, weil die Werbungskosten des Kindes noch nicht abschließend hatten geprüft werden können. Die steuerlich Entlastung durch den Freibetrag betrug 968 DM.

Aufgrund einer Mitteilung der zuständigen Familienkasse wurde dem Beklagten im März 1998 bekannt, dass die Kläger von August bis Dezember 1996 entgegen ihren Angaben in der Einkommensteuererklärung für dieses Kind doch Kindergeld i.H.v. insgesamt 1.500 DM erhalten hatten. Daraufhin setzte der Beklagte die Einkommensteuer für das Streitjahr mit Bescheid vom 17. April 1998 ohne den bislang gewährten Kinderfreibetrag geändert fest, weil die gebotene steuerliche Freistellung des Existenzminimums des Kindes durch das gezahlte Kindergeld in vollem Umfang bewirkt worden sei.

Dagegen richtet sich nach erfolglosem Vorverfahren die vorliegende Klage, zu deren Begründung die Kläger vortragen, für die Monate Januar bis Juli 1996, in denen sie kein Kindergeld erhalten hätten, stehe ihnen der monatliche Kinderfreibetrag nach § 32 Abs. 6 Einkommensteuergesetz (EStG) zu.

Die Kläger, für die in der mündlichen Verhandlung niemand erschienen ist, haben schriftsätzlich beantragt,

den Einkommensteuerbescheid 1996 vom 17. April 1998 in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 30. Juli 1998 dahin abzuändern, dass ein monatlicher Kinderfreibetrag nach § 32 Abs. 6 EStG für die Monate Januar bis Juli 1996 i.H.v. insgesamt 3.654 DM gewährt wird.

Der Beklagte beantragt,

  • die Klage abzuweisen,
  • hilfsweise, für den Fall des Unterliegens,

    die Revision wegen grundsätzlicher Bedeutung zuzulassen.

Er ist der Ansicht, bei der Prüfung der gebotenen Freistellung des Existenzminimums eines Kindes durch das Kindergeld oder den Kinderfreibetrag sei nicht auf den Kalendermonat, sondern das Kalenderjahr abzustellen. Im Rahmen der Prüfung, ob der Kinderfreibetrag abzuziehen sei, sei stets das zu versteuernde Einkommen (Jahresbetrag) zugrunde zu legen. Die Prüfung habe deshalb nicht für jeden einzelnen Monat zu erfolgen, sondern zusammenfassend für den gesamten Zeitraum, in dem das Kind steuerlich zu berücksichtigen sei.

Die Ansicht des Finanzgerichts München (Urteil vom 11.11.1997 13 K 2792/97, EFG 1998, 370) sei unzutreffend, dass durch § 31 EStG die steuerliche Freistellung des Existenzminimums eines Kindes durch den Kinderfreibetrag und das Kindergeld in der Weise bewirkt werde, dass der Familie mindestens ein Betrag in Höhe des monatlichen Kindergeldes zur Verfügung stehen müsse und deshalb für Zeiträume, in denen kein Kindergeld gezahlt werde, der anteilige Kinderfreibetrag zu gewähren sei. Denn eine derartige Trennung von Kindergeld und Kinderfreibetrag innerhalb eines Anspruchszeitraums sei im Gesetz nicht vorgesehen.

Die Höhe des erhaltenen Kindergeldes von 1.500 DM übersteige den Betrag der steuerlichen Freistellung i.H.v. 968 DM. Ein zusätzlicher Anspruch auf einen (Teil-)Kinderfreibetrag i.H.v. 3.654 DM bestehe deshalb nicht.

Dem Gericht haben bei seiner Entscheidung die für die Kläger geführten Einkommensteuerakten des Beklagten zur Steuernummer 442/00080 vorgelegen.

 

Ents...

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