Entscheidungsstichwort (Thema)

Täglich angefahrener Firmensitz des neuen Arbeitgebers ungeachtet einer sechsmonatigen Probezeit sowie einer gelegentlichen Tätigkeit an anderen Werkstätten als regelmäßige Arbeitsstätte des Arbeitnehmers

 

Leitsatz (redaktionell)

1. Auch wenn der Arbeitnehmer mit seinem neuen Arbeitgeber im Rahmen eines unbefristeten Arbeitsverhältnisses eine sechsmonatige Probezeit vereinbart hat, stellt der Firmensitz des neuen Arbeitgebers ab dem ersten Arbeitstag an eine regelmäßige Arbeitsstätte für den Arbeitnehmer dar, wenn er den Firmensitz werktäglich fortdauernd und immer wieder aufsucht, der Arbeitsvertrag einen Wechsel an andere Betriebe des Arbeitgebers nur unter Berücksichtigung der berechtigten Belange des Arbeitnehmers vorsieht und wenn der Arbeitnehmer nicht damit rechnen musste, an anderen Orten tätig werden zu müssen bzw. dorthin versetzt zu werden.

2. Von einer Auswärtstätigkeit ist auch dann nicht auszugehen, wenn der Arbeitnehmer gelegentlich vom Firmensitz aus andere Werkstätten anfährt.

 

Normenkette

EStG § 4 Abs. 5 S. 1 Nr. 5, § 9 Abs. 1 Sätze 1, 3 Nr. 4, Abs. 5

 

Nachgehend

BFH (Beschluss vom 16.12.2015; Aktenzeichen VI R 6/15)

BFH (Beschluss vom 16.12.2015; Aktenzeichen VI R 6/15)

 

Tenor

Die Klage wird abgewiesen.

Die Kosten des Verfahrens hat der Kläger zu tragen.

Die Revision wird zugelassen.

 

Tatbestand

Der Kläger begehrt erhöhte Werbungskosten für Fahrtaufwendungen zwischen Wohnung und Arbeitsstätte sowie Verpflegungsmehraufwendungen.

In der Einkommensteuererklärung 2012 machte der Kläger (neben anderen Werbungskosten) für eine Tätigkeit im Zeitraum … für 190 Fahrten mit je 80 km Fahrtkosten in Höhe von 4560 EUR als „Reisekosten bei Auswärtstätigkeit” sowie für diese Tätigkeit Verpflegungsmehraufwendungen für 190 Tage mit mindestens 8 Stunden Abwesenheit in Höhe von 1140 EUR geltend. Der Kläger gab an, dass er aufgrund einer im Arbeitsvertrag vereinbarten Probezeit von einem Jahr über keine regelmäßige Arbeitsstätte verfüge und somit die Fahrten zwischen Wohnung und Arbeitsstätte nach Reisekostengrundsätzen anzusetzen seien. Das gleiche gelte für die Verpflegungsmehraufwendungen.

Der Kläger hatte zum … eine unbefristete Anstellung als … übernommen. Laut Ziffer 7. des Arbeitsvertrages vom … konnte der Vertrag beiderseits im ersten halben Beschäftigungsjahr (Probezeit) mit einer Monatsfrist zum Monatsende gekündigt werden. Danach betrug die Kündigungsfrist für beide Seiten drei Monate zum Monatsende. Seine Tätigkeit bestand darin, Auslesegeräte für Kfz-Fehlerspeicher zu programmieren bzw. bei auftretenden Problemen diese in den Werkstätten der Vertragspartner vor Ort zu lösen.

Im Einkommensteuerbescheid … berücksichtigte der Beklagte diese geltend gemachten Fahrtkosten lediglich mit der Entfernungspauschale und setzte insoweit Werbungskosten in Höhe von 2280 EUR (190 Tage × 40 km × 0,30 EUR) an. Verpflegungsmehraufwendungen berücksichtigte der Beklagte für diese Tätigkeit nicht. In den Erläuterungen des Bescheides führte der Beklagte aus, dass die Fahrten nach … zum zweiten Arbeitgeber ohne entsprechende Nachweise als Fahrten zwischen Wohnung und Arbeitsstätte anerkannt worden seien.

Hiergegen richtete sich der Einspruch. Der Kläger vertrat die Auffassung, dass in der Probezeit von einem Jahr bei dem neuen Arbeitgeber noch nicht von einer dauerhaften Zuordnung zu dem Unternehmen ausgegangen werden könne und somit die Fahrten zwischen Wohnung und Arbeitsstätte sowie die Verpflegungsmehraufwendungen nach Reisekostenansätzen geltend gemacht werden könnten.

Mit Einspruchsentscheidung wies der Beklagte den Einspruch als unbegründet zurück.

Hiergegen hat der Kläger Klage erhoben. Er stellt zunächst klar, dass sein Begehren auf erhöhte Fahrtkosten und Verpflegungsmehraufwendungen entgegen der Angaben in der Steuererklärung sich nur auf den sechsmonatigen Zeitraum der vertraglich vereinbarten Probezeit beziehe. In der Probezeit vom … bis zum … habe er 119 Fahrten zwischen Wohnung und Arbeitsstätte mit je 40 km ausgeführt. Weitere 71 Fahrten seien nach Ablauf der Probezeit durchgeführt und vom Beklagten korrekt veranlagt worden.

Der Kläger ist der Ansicht, dass während der Probezeit keine regelmäßige Arbeitsstätte vorgelegen habe, da während der Probezeit eine Fortsetzung der Beschäftigung über die Probezeit hinaus als ungewiss und daher vorläufig und somit nicht als dauerhaft einzustufen sei. Die Tätigkeit des Klägers könne nach der Ausgestaltung des Arbeitsvertrages von Beginn an nicht auf Dauer angelegt sein, da eine Probezeit vereinbart worden sei und während dieser Zeit verkürzte Kündigungsfristen und dem Arbeitgeber damit mehrere Möglichkeiten zur Kündigung zur Verfügung gestanden hätten. Die Anzahl der Kündigungsmöglichkeiten in der Probezeit sei wesentlich höher als außerhalb der Probezeit, was nach Auffassung des Klägers ein entscheidendes Merkmal darstelle, dass der Arbeitgeber den Kläger erst viel später wirklich und dauerhaft an sein Unternehmen habe binden wollen. Im Streitfall se...

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