rechtskräftig

 

Entscheidungsstichwort (Thema)

Hängebeschluss im finanzgerichtlichen Verfahren. effektiver Rechtsschutz

 

Leitsatz (redaktionell)

1. Der Erlass einer Zwischenentscheidung im Sinne eines Hängebeschlusses ist in der FGO nicht vorgesehen und kommt daher im Finanzgerichtsverfahren nur ausnahmsweise in Betracht, wenn effektiver Rechtsschutz nach Art. 19 Abs. 4 GG nicht anders gewährt werden kann.

2. Voraussetzung ist neben dem Vorliegen einer unübersichtlichen, komplexen, einer summarischen Prüfung noch nicht zugänglichen Sach- und Rechtslage, dass der Eilantrag nicht unzulässig, offensichtlich aussichtslos oder rechtsmissbräuchlich ist und dass eine selbst im Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes bereits vorab ergehende Entscheidung des Gerichts zur Vermeidung irreversibler Zustände bzw. schwerer und unabwendbarer Nachteile, deren Eintritt konkret bevorsteht, erforderlich ist.

 

Normenkette

FGO §§ 33, 69, 114; GG Art. 19 Abs. 4

 

Tenor

Der Antrag auf Erlass einer Zwischenentscheidung (sog. Hängebeschluss) wird abgelehnt.

Die Kostenentscheidung bleibt der Schlussentscheidung vorbehalten.

 

Tatbestand

I.

Die Antragstellerin begehrt mit ihrem am 5. August 2021 bei Gericht eingegangenen Antrag im Rahmen des einstweiligen Rechtsschutzes die einstweilige Feststellung, dass sie am Standort ihrer Zweigniederlassung in X keinen Betrieb der Fleischwirtschaft i.S.v. § 6 Abs. 9 des Arbeitnehmer-Entsendegesetzes (AEntG) betreibt. Dieses hätte zur Folge, dass sie einstweilen nicht als Betrieb der Fleischwirtschaft einer Einschränkung des Einsatzes von Fremdpersonal nach § 2 Abs. 1, § 6a des Gesetzes zur Sicherung von Arbeitnehmerrechten in der Fleischwirtschaft (GSA Fleisch) unterliegen würde.

Über die im Nachgang in der Hauptsache von der Antragstellerin erhobene, bei Gericht am 13. August 2021 eingegangenen Feststellungsklage (Az. 3 K 568/21) hat der Senat noch nicht entschieden.

Die Antragstellerin hat ausweislich der Eintragungen im Handelsregister des Amtsgerichts Y () ihren Sitz in Z und betreibt Zweigniederlassungen in X, W und V. Am Standort X produziert die Antragstellerin nach eigenen Angaben auch sog. Convenience Produkte. Neben eigenen Mitarbeitern beschäftigte die Antragstellerin jedenfalls bis zum 31. März 2021 auch Werkarbeitnehmer und Zeitarbeiter.

Zur Begründung ihres o.g. Antrages hat die Antragstellerin u.a. vorgetragen, dass die bei ihr tätigen Beschäftigten am Standort X in der Zeit von Juli 2020 bis Juni 2021 von insgesamt abgeleisteten Arbeitsstunden mit einem Anteil von 46,50 v.H. in der Fleischverarbeitung und im Übrigen in anderen Tätigkeitsbereichen (etwa bei der Herstellung veganer Produkte, Verpackung, Werksverkauf etc.) eingesetzt waren. Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die Antragsschrift verwiesen.

Das Gebot effektiven Rechtsschutzes gebiete zudem den Erlass einer Zwischenentscheidung, da zu befürchten sei, dass der Antragsgegner u.a. einer Aussetzung seiner Kontrollbefugnisse bis zur rechtskräftigen Klärung der streitigen Rechtsfragen nicht zustimme. Ohne Erlass der beantragen Zwischenentscheidung drohten daher die Einleitung von Ordnungswidrigkeitsverfahren sowie die Einziehung von Taterträgen, welche die Antragstellerin schwerwiegend, existentiell und irreparabel in ihren Rechten und unternehmerischen Interessen verletze. Es drohten monatliche Einziehungen in Höhe der an die Zeitarbeitsunternehmen geleisteten Zahlungen von über EUR. Erginge die Zwischenentscheidung und würde der Eilantrag später abgelehnt, wäre der Antragsgegner lediglich für einen vorübergehenden, überschaubaren Zeitraum daran gehindert gewesen, die Einhaltung der Vorgaben des § 6a GSA Fleisch zu prüfen. In seinen weiteren Prüfungskompetenzen, etwa nach dem Schwarzarbeitsbekämpfungsgesetz, wäre er nicht beschränkt. Es werde auf die Entscheidung des FG Hamburg vom 30. März 2021 (4 V 22/21) in einem parallel gelagerten Fall verwiesen.

Die Antragstellerin könne den Einsatz von Fremdarbeitern auch sehr schnell wieder beenden, wenn der Antrag auf einstweilige Anordnung abschlägig beschieden würde. Während der Zeit, für die der Hängebeschluss ergehe, würden die Zeitarbeiten den ihnen zustehenden Tariflohn erhalten.

Die Antragstellerin beantragt,

dem Antragsgegner bis zum Abschluss des Eilverfahrens zu untersagen, von seiner Kontrollbefugnis gemäß § 6b GSA Fleisch Gebrauch zu machen und innerhalb dieses Zeitraums zwischen Antragstellung und Abschluss des Eilverfahrens eventuell begangene Verstöße gegen § 6a GSA Fleisch im Hinblick auf den Einsatz von Zeitarbeitern zu ahnden, insbesondere diesbezüglich Bußgeldbescheide zu verhängen und eine Einziehung gem. § 29a OWiG zu vollziehen,

hilfsweise für den Fall, dass das Gericht die Antragstellerin am Standort X, als Betrieb der Fleischwirtschaft im Sinne von § 6 Abs. 9 AEntG einstuft, wird dem Antragsgegner untersagt, in den unter Ziffer 2 des Hauptantrages aufgeführten Betriebsbereichen () von seiner Kontrollbefugnis gemäß § 6b GSA Fleisch Gebrauch zu machen und dort innerhalb diese...

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