Entscheidungsstichwort (Thema)

Rückforderung von Kindergeld bei Zahlung an vorrangig und nachrangig Berechtigten

 

Leitsatz (redaktionell)

1. Bei der Berücksichtigung der Weiterleitung von Kindergeld handelt es sich um eine Billigkeitsentscheidung der Familienkasse, die nur der eingeschränkten gerichtlichen Kontrolle unterliegt. Es ist nicht sachwidrig, die Gewährung einer Billigkeitsentscheidung von einer Erklärung des vorrangig kindergeldberechtigten Elternteils auf amtlichen Vordruck abhängig zu machen.

2. Hat der getrennt lebende Ehemann Kindergeld für ein Kind erhalten, für das die Kindergeldberechtigung wegen Haushaltswechsels auf die Ehefrau übergegangen ist und wurde der Ehefrau als vorrangig Berechtigte Kindergeld rückwirkend für den gleichen Zeitraum ausbezahlt, nachdem der nachrangig Berechtigte die geforderten Nachweise für eine erfolgte Weiterleitung nicht erbringen konnte, kann eine Weiterleitung des Kindergelds für den gleichen Zeitraum im Klageverfahren wegen Rückforderung von Kindergeld nicht berücksichtigt werden.

 

Normenkette

EStG § 64 Abs. 1-2, § 70 Abs. 2; AO 1977 § 37; FGO § 102

 

Gründe

Der Kläger ist Vater der minderjährigen Kinder A… und B…. Nach der Trennung von seiner Ehefrau im September 1996 lebte das Kind A… im Haushalt des Klägers, das Kind B… im Haushalt der Ehefrau (vgl. Bl. 3-4 FG-Akte). Für beide Kinder erhielt der Kläger in der Zeit von Oktober 1996 bis August 1997 Kindergeld. Im August 1997 zog das Kind A… ebenfalls in den Haushalt der Ehefrau des Klägers. Dieser beantragte daraufhin die Einstellung der Zahlung von Kindergeld für beide Kinder ab September 1997. Der Beklagte forderte den Kläger auf, die Weiterleitung des Kindergeldes für das Kind B… an seine Ehefrau in der Zeit von Oktober 1996 bis August 1997 auf amtlichem Vordruck nachzuweisen. Der Kläger legte Kopien von handschriftlichen Unterhaltsberechnungen der Monate Januar 1997 bis Juli 1997 sowie Bestätigungen über gezahlten Unterhalt für die Monate September, Oktober, Dezember 1996 und August 1997 an seine Ehefrau vor, die jeweils von ihr unterschrieben waren, zudem einen Bankauszug über den im November 1996 an seine Ehefrau geleisteten Unterhalt.

Der Beklagte forderte mit Bescheid vom 29. Mai 1998 das Kindergeld für das Kind B… für den Zeitraum Oktober 1996 bis August 1997 in Höhe von DM 2.360 von dem Kläger zurück. Der hiergegen eingelegte Einspruch blieb erfolglos.

Die beigeladene Ehefrau des Klägers erhielt von der für sie zuständigen Kindergeldkasse Kindergeld für das Kind B… rückwirkend für die Monate Februar 1997 bis August 1997.

Der Kläger hat am 08. März 1999 Klage erhoben. Er ist der Ansicht, das Kindergeld für seinen Sohn B… weitergeleitet zu haben. Seine getrennt lebende Ehefrau habe die erhaltenen Beträge quittiert. Bei Prüfung seiner Nettobezüge sei leicht nachvollziehbar, dass er den Kindergeldanteil für das Kind B… an seine Ehefrau gezahlt habe. Er habe bei den Unterhaltsberechnungen sowohl das Nettogehalt seiner Frau sowie sein eigenes Nettogehalt (DM 2.939), in dem Kindergeldzahlungen für zwei Kinder enthalten gewesen seien, zugrunde gelegt. Die Summe beider Nettogehälter habe er durch zwei geteilt, von dem Ergebnis DM 50 als Eigenbehalt abgezogen, den verbleibenden Betrag um das Nettogehalt seiner Frau gekürzt und das so erhaltene Ergebnis (DM 683), das den Unterhaltsanspruch seiner Frau darstelle und den Kindergeldanteil enthalte, um bereits geleistete Unterhaltsvorschüsse gekürzt. Den Restbetrag habe er in bar an seine Frau ausgezahlt. Nachdem die Beigeladene in der mündlichen Verhandlung bestätigte, dass ihr Kindergeld für die Monate Oktober 1996 bis Januar 1997 weitergeleitet worden ist, änderte der Beklagte den angefochtenen Bescheid in der Weise, dass das Kindergeld nur noch für die Zeit von Februar 1997 bis August 1997 in Höhe von DM 1.540 zurückgefordert wird.

Der Kläger beantragt,

den geänderten Bescheid aufzuheben.

Der Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

Die Klage ist zulässig, aber unbegründet.

Der Beklagte hat die Kindergeldfestsetzung für das Kind B… ab Februar 1997 zu Recht aufgehoben. Dem Kläger steht Kindergeld für das Kind B… für den Zeitraum Februar 1997 bis August 1997 nicht zu.

Kindergeldberechtigte war gem. § 64 Abs. 1 und Abs. 2 Satz 1 EinkommensteuergesetzEStG – die getrennt lebende Ehefrau des Klägers. Gem. § 64 Abs. 1 EStG wird für jedes Kind nur einem Berechtigten Kindergeld gezahlt, bei mehreren Berechtigten wird gem. § 64 Abs. 2 Satz 1 EStG das Kindergeld demjenigen gezahlt, der das Kind in seinem Haushalt aufgenommen hat. Das Kind B… lebte seit September 1996 nicht mehr im Haushalt des Klägers, sondern in dem seiner von ihm getrennt lebenden Ehefrau. Mit Wirkung von Oktober 1996 ging die Kindergeldberechtigung für dieses Kind daher auf die Ehefrau des Klägers über.

Der Kläger hat danach Kindergeld zumindest in Höhe von DM 1.540 zu Unrecht erhalten. Er kann sich für den Zeitraum Februar 1997 bis August 1997 nicht wirksam auf die Weiterleitung des Kindergeldes berufen.

Denn der...

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