Entscheidungsstichwort (Thema)

Kraftfahrzeugsteuer

 

Nachgehend

BFH (Urteil vom 26.11.1996; Aktenzeichen VII R 64/96)

 

Tenor

Der Kraftfahrzeugsteuerbescheid vom 19.08.1994 und die Einspruchsentscheidung vom 16.08.1995 werden aufgehoben.

Die Kosten des Verfahrens trägt der Beklagte.

Das Urteil ist hinsichtlich der Kosten vorläufig vollstreckbar.

Dem Beklagten wird nachgelassen, die Vollstreckung gegen Sicherheitsleistung in Höhe des Kostenerstattungsanspruchs der Klägerin abzuwenden, sofern nicht die Klägerin vor der Vollstreckung Sicherheit in derselben Höhe leistet.

Die Revision wird zugelassen.

Beschluß:

Der Streitwert wird auf 4.046,– DM festgesetzt.

 

Gründe

Die Klägerin war in der Zeit vom 29.01.1991 (Tag der Zulassung) bis zum 10.12.1993 (Tag der Stillegung) im Beitrittsgebiet Halterin des ursprünglich unter dem amtlichen Kennzeichen DZT … ab 01.07. 1993 unter dem Kennzeichen ZS … zugelassenen Fahrzeuges.

Mit Bescheid vom 19.08.1994 setzte das damals zuständige Finanzamt M… gemäß §§ 12 a Abs. 4, 12 Kraftfahrzeugsteuergesetz -KraftStG- die Kraftfahrzeugsteuer für die Zeit vom 01.01.1991 bis zum 31.12.1992 auf 4.046,00 DM mit der Begründung fest, die Klägerin habe trotz Aufforderung des Finanzamtes die Original- Kraftfahrzeugsteuerkarte für den fraglichen Zeitraum nicht vorgelegt. Der dagegen gerichtete Einspruch, der von dem durch die Kreisgebietsreform zuständig gewordenen Beklagten nach Klageeingang beschieden wurde, blieb erfolglos.

Mit ihrer Klage macht die Klägerin geltend, sie habe bereits Kraftfahrzeugsteuer für den betreffenden Zeitraum in Höhe von 4.053,00 DM entrichtet. Zum Nachweis hat sie Kopien der Steuerkarte sowie Bank- und Buchführungsbelege eingereicht. Auch beruft sie sich darauf, daß andernfalls das Fahrzeug weder im Januar 1991 zugelassen noch im Juli 1993 umgekennzeichnet worden wäre. Ferner vertritt die Klägerin die Ansicht, die Steuerkarte sei ohne ihr Verschulden verloren gegangen. Es liege ein Härtefall vor, der ausnahmsweise erlaube, auch auf andere Beweismittel als allein die Original-Steuerkarte zurückzugreifen. Sie behauptet, die Zulassungsstelle habe anläßlich der Umkennzeichnung des Fahrzeuges am 01.07.1993 die dort vorgelegte Steuerkarte zwecks Weiterleitung an das Finanzamt einbehalten. Dies belege auch die eidesstattliche Versicherung des ehemaligen Geschäftsführers der Klägerin, Herrn A…. Die Zulassungsstelle habe die Entgegennahme der Steuerkarte – wie damals üblich – nicht quittiert. Daß die Steuerkarte verloren gegangen sei, sei darauf zurückzuführen, daß im damaligen Verwaltungsapparat viele Aushilfskräfte tätig gewesen seien. Dafür, daß Steuerkarten von der Zulassungsstelle entgegengenommen wurden und auch möglicherweise auf Behördenebene abhanden kamen, bietet die Klägerin als Zeugin Frau B… an, die Amtsleiterin des Straßenverkehrsamtes in L….

Die Klägerin beantragt,

den Kraftfahrzeugsteuerbescheid vom 19.08.1994 (St.-Nr. ZS….) und die Einspruchsentscheidung vom 16.08.1995 aufzuheben.

Der Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

Er beruft sich – wie bereits zuvor in der Einspruchsentscheidung – auf den als Urteil wirkenden Gerichtsbescheid des Bundesfinanzhofs -BFH- vom 20. September 1994 VII R 29/94 (Bundessteuerblatt -BStBL. – II 1995 Seite 79 ff.). Von dem dort erwähnten Zeichenzwang könne nur dann abgesehen werden, wenn die Klägerin darlege, daß ihr der Verlust der Steuerkarte nicht anzulasten sei. Insbesondere sei eine Bestätigung der Zulassungsstelle erforderlich, daß die Abgabe der Steuerkarte und damit ihr Abhandenkommen auf Behördenebene nicht auszuschließen sei.

Das Gericht hat Beweis erhoben durch Vernehmung des Zeugen A…. Wegen des Ergebnisses der Beweisaufnahme wird auf das Protokoll der mündlichen Verhandlung verwiesen. Wegen des weiteren Vorbringens der Beteiligten wird auf die gewechselten Schriftsätze und die Steuerakten des Beklagten Bezug genommen.

Die Klage ist zulässig, weil sie mit Ergehen der Einspruchsentscheidung in die Zulässigkeit hineingewachsen ist (so die h.M., vgl. die Darstellung in Gräber, FGO Kommentar, 3. Auflage 1993, § 44 Rn. 27 m.w.N.).

Die Klage ist auch begründet. Der Kraftfahrzeugsteuerbescheid vom 19.08.1994 und die dazu ergangene Einspruchsentscheidung vom 16.08.1995 sind rechtswidrig und verletzen die Klägerin in ihren Rechten (§ 100 Abs. 1 Satz 1 Finanzgerichtsordnung -FGO-).

Soweit die genannten Verwaltungsakte den Zeitraum vom 01.01.1991 bis zum 28.01.1991 betreffen, sind sie rechtswidrig, weil die Klägerin in diesem Zeitraum weder Halterin des Fahrzeugs im Sinne von § 1 Abs. 1 Nr. 1 KraftStG noch Steuerschuldnerin gemäß § 7 Nr. 1 KraftStG gewesen ist. Das Fahrzeug ist nämlich ausweislich des Fahrzeugbriefs erst am 29.01.1991 auf die Klägerin zugelassen worden.

Für den anschließenden Zeitraum sind die Voraussetzungen des § 12 a Abs. 4 Satz 3 KraftStG zum Erlaß eines Steuerfestsetzungsbescheides nicht erfüllt. Gemäß § 12 a Abs. 4 Satz 3 KraftStG ist die Kraftfahrzeugsteuer festzusetzen, wenn sie im Markenverfahren nicht oder nicht zutreffend...

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