Entscheidungsstichwort (Thema)

Rückgängigmachung von Sonderabschreibungen nach FördG bei Rücktritt vom Kaufvertrag. Anzahlung auf Eigentumswohnung, die nicht errichtet worden ist, als Werbungskosten

 

Leitsatz (redaktionell)

1. Der Abzug von Sonderabschreibungen auf Anzahlungen i.S.v. § 4 Abs. 1 Satz 5 FördG ist rückgängig zu machen, wenn der Verkäufer oder der Käufer vor der Übergabe des Wirtschaftsgutes vom Kaufvertrag zurücktritt.

2. Werden Anzahlungen auf eine zu errichtende Eigentumswohnung geleistet, mit der Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung erzielt werden sollten, und tritt der Erwerber später vom Kaufvertrag zurück, weil die Eigentumswohnung nicht errichtet worden ist, sind die Anzahlungen im Jahr der Zahlung als vorweggenommene Werbungskosten bei den Einkünften aus Vermietung und Verpachtung abziehbar. Eine evtl. Rückzahlung der geleisteten Anzahlungen ist im Rückzahlungsjahr als Einnahme aus Vermietung und Verpachtung zu erfassen.

 

Normenkette

FördG § 4 Abs. 1 S. 5; EStG § 9 Abs. 1 S. 1, § 21 Abs. 1

 

Nachgehend

BFH (Urteil vom 28.06.2002; Aktenzeichen IX R 51/01)

 

Gründe

Die Kläger sind Eheleute und werden zusammen zur Einkommensteuer veranlagt. Im Jahr 1994 schlossen sie einen Kaufvertrag über eine Eigentumswohnung und einen dazugehörigen Stellplatz zum Preis von DM 282.843,00 ab. Die Wohnung sollte im Laufe des Jahres 1995 fertiggestellt werden. Die Kläger beabsichtigten, sie zu vermieten.

Im Dezember 1994 überwiesen die Kläger den Kaufpreis abzüglich eines Nachlasses für vollständige Bezahlung in 1994 von 5 %, also DM 268.701,00. Davon entfielen DM 28.490,00 auf den Grund und Boden.

Hinsichtlich des auf das Gebäude entfallenden Kaufpreises von DM 240.211,00 gewährte der Beklagte zunächst eine Sonderabschreibung nach dem Fördergebietsgesetz – FördG – in Höhe von 50 %, also DM 120.106,00.

Im Jahr 1996 traten die Kläger vom Kaufvertrag über die Eigentumswohnung zurück, da der Baufortschritt nicht den vertraglichen Vereinbarungen entsprach. Die Kläger erhielten den für die Eigentumswohnung angezahlten Betrag zurück. Sie setzten die für 1994 und 1995 in Anspruch genommenen Sonderabschreibungen in Höhe von DM 121 452,00 in ihrer Einkommensteuererklärung für 1996 als Einnahmen bei den Einkünften aus Vermietung und Verpachtung an.

Der Beklagte änderte den Einkommensteuerbescheid 1994 mit Bescheid vom 20. Juli 1998 und machte die Sonderabschreibung rückgängig. Während des Einspruchsverfahrens erließ der Beklagte am 04. März 1999 einen neuerlichen Änderungsbescheid. Der Einspruch der Kläger hatte keinen Erfolg.

Die Kläger sind der Auffassung, dass die Rückabwicklung des Kaufes der Eigentumswohnung zu negativen Werbungskosten bei den Einkünften aus Vermietung und Verpachtung im Jahr des Rücktritts vom Kaufvertrag führe.

Die Kläger beantragen,

den Einkommensteuerbescheid 1994 vom 04. März 1999 in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 14. Juni 1999 dahingehend zu ändern, dass Werbungskosten bei den Einkünften aus Vermietung und Verpachtung in Höhe von DM 120.106,00 berücksichtigt werden.

Die Beklagte beantragt,

  • die Klage abzuweisen,
  • hilfsweise für den Fall des Unterliegens, die Revision zuzulassen.

Der Beklagte ist der Auffassung, dass Anzahlungen auf Anschaffungskosten nur dann zu Sonderabschreibungen führen können, wenn auch tatsächlich ein Wirtschaftsgut angeschafft wurde. Das sei hier jedoch nicht der Fall.

Die Klage ist zulässig und begründet.

Allerdings waren die von den Klägern in Anspruch genommenen Sonderabschreibungen im Jahr 1994 rückgängig zu machen. Der Abzug von Sonderabschreibungen auf Anzahlungen i.S.v. § 4 Abs. 1 Satz 5 FördG ist rückgängig zu machen, wenn der Verkäufer oder der Käufer vor der Übergabe des Wirtschaftsgutes vom Kaufvertrag zurücktritt (so für den Rücktritt des Verkäufers FG München, Urteil vom 12. Mai 1999 13 K 2924/98, EFG 1999, 1037).

Der angefochtene Bescheid erweist sich jedoch aus einem anderen Grund als rechtswidrig. Die von den Klägern im Jahr 1994 geleistete Anzahlung war bei den Einkünften aus Vermietung und Verpachtung als Werbungskosten zu berücksichtigen

Werbungskosten sind gemäß § 9 Abs. 1 Satz 1 Einkommensteuergesetz – EStG – Aufwendungen, die der Erwerbung, Sicherung und Erhaltung von Einnahmen dienen. Aufwendungen i.S.d. § 9 Abs. 1 Satz 1 EStG sind Vermögensabflüsse in Geld oder Geldeswert (BFH, Beschluss des Großen Senats vom 4. Juli 1990 GrS 1/89, BStBl. II 1990, 830, 836). Vorauszahlungen auf ein Bauvorhaben sind danach Aufwendungen.

Der Anerkennung als Werbungskosten steht nicht entgegen, dass die Anzahlung geleistet wurde, als Einnahmen aus Vermietung und Verpachtung noch nicht anfallen konnten, weil die Eigentumswohnung noch nicht errichtet war. Werbungskosten können bereits entstehen, bevor es zur Einnahmenerzielung kommt. Voraussetzung für die Anerkennung solcher sog. vorab entstandener Werbungskosten ist ein ausreichend bestimmter wirtschaftlicher Zusammenhang zwischen Aufwendungen und Einkunftserzielung (BFH a.a.O. m.w.N.). Ein solcher Zusammenhang ist zu bejahen...

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