Entscheidungsstichwort (Thema)

Kindergeldauszahlung bei getrennt lebenden Eltern

 

Leitsatz (redaktionell)

1. Bei mehreren Berechtigten (hier: getrennt lebende Eltern) ist das Kindergeld an vorrangig denjenigen zu zahlen, in dessen Haushalt das Kind aufgenommen ist, auch wenn die Berechtigten zivilrechtlich etwas anderes vereinbart haben. § 64 Abs. 2 Satz 1 EStG verstößt nicht gegen Art. 3 Abs. 1 GG (Anschluss an BFH-Beschluss vom 10.11.1998 VI B 125/98, BStBl II 1999, 137).

2. Wurde das Kindergeld auch ab dem Zeitpunkt des Getrenntlebens der Ehegatten wie zuvor beim Zusammenleben der Familie weiter an den Vater ausbezahlt, obwohl das Kind nunmehr ausschließlich im Haushalt der Mutter lebte, ist die für die Kindergeldfestsetzung zuständige Stelle nach § 70 Abs.2 EStG zu einer Aufhebung der Kindergeldfestsetzung und zu einer Rückforderung nach § 37 Abs.2 AO 1977 gegenüber dem Vater als dem Leistungsempfänger berechtigt und verpflichtet. Insoweit sind anderweitige zivil- und unterhaltsrechtliche Vereinbarungen der Eltern genauso unbeachtlich wie die Frage, ob die Mutter als ab dem Zeitpunkt des Getrenntlebens vorrangig Kindergeldberechtigte einen eigenen Kindergeldantrag gestellt hat oder noch stellen wird.

 

Normenkette

EStG § 64 Abs. 2 S. 1, Abs. 1; GG Art. 3 Abs. 1; EStG § 62 Abs. 1, § 63 Abs. 1; AO 1977 § 37 Abs. 2, § 155 Abs. 6; EStG § 31 S. 3, § 70 Abs. 2, § 67

 

Tatbestand

Die Beteiligten streiten darüber, ob der Beklagte die frühere Kindergeldfestsetzung gegenüber dem Kläger im angefochtenen Bescheid zurecht ab November 1997 aufgehoben hat und ob er in dem mit dem Aufhebungsbescheid verbundenen Erstattungsbescheid zurecht einen Erstattungsbetrag in Höhe des für November 1997 bis Dezember 1998 gezahlten Kindergeldes festgesetzt hat.

Aus der Ehe des Klägers ist der im Juni 1990 geborene Sohn hervorgegangen. Der Beklagte hatte gegenüber dem Kläger das Kindergeld in gesetzlicher Höhe festgesetzt und gezahlt.

Nachdem der Beklagte im Dezember 1998 durch Mitteilung der Kindergeldkasse beim Arbeitsamt Stade erfahren hatte, daß die Eheleute seit dem 12. Oktober 1997 getrennt lebten und daß der Sohn seitdem im Haushalt der Mutter lebte, stellte er am 14. Dezember 1998 die Kindergeldzahlung ein und unterrichtete den Kläger darüber mit Schreiben vom gleichen Tage (KGA 3).

Da der Kläger nicht – wie vom Beklagten erbeten – eine Erklärung der getrennt lebenden Ehefrau darüber vorlegen konnte, daß das Kindergeld in Höhe von monatlich 220 DM an die Ehefrau weitergeleitet worden war, hob der Beklagte mit dem angefochtenen Bescheid vom 17. Mai 1999 die Kindergeldfestsetzung mit Wirkung vom 01. November 1997 auf und setzte zugleich einen Erstattungsbetrag in Höhe des für diesen Zeitraum an den Kläger gezahlten Kindergeldes (3.080 DM) fest.

Dagegen wurde für den Kläger mit am 17. Juni 1999 eingegangenen Schreiben vom 15. Juni 1999 Einspruch eingelegt (KGA 14, 16a) und gleichzeitig eine „Bestätigung zur Vorlage bei der Familienkasse” der Ehefrau des Klägers vorgelegt, in der es u. a. heißt (KGA 16):

Das Kindergeld, wurde von Okt. 97 bis Nov. 98 an meinen Mann gezahlt.

Ich habe 110,– bekomme, die auf den Unterhalt angerechnet wurden. Die anderen 110,– hat mein Mann behalten. Der Sohn lebt seit der Trennung 97 bei der Mutter.

Zur Begründung des Einspruchs wurde ausgeführt, das Kindergeld sei bei der Berechnung der Unterhaltsansprüche des Kindes berücksichtigt und „dementsprechend an die Ehefrau… in dem Umfang weitergeleitet worden, in dem dies nach den Grundsätzen der Rechtsprechung und der Düsseldorfer Tabelle zu geschehen hatte”. Hätte die Ehefrau den gesamten Betrag des Kindergeldes erhalten, (hätte sie) davon die Hälfte (an den Kläger) erstatten müssen. Müsse der Kläger das Kindergeld erstatten, müsse seine Ehefrau den gesamten Betrag an ihn zurückzahlen, da sie ja bereits die Hälfte erhalten habe und die andere Hälfte dem Kläger zustehe. Daher bestehe „überhaupt keine Veranlassung, die Entscheidung über das Kindergeld zu ändern”.

Der Beklagte wies den Einspruch mit Einspruchsentscheidung vom 24. Juni 1999 (KGA 20) als unbegründet zurück.

Nach der Trennung am 12. Oktober 1997 stehe das Kindergeld seit November 1997 der Ehefrau des Klägers nach § 64 EStG zu, da der Sohn in ihrem Haushalt lebe. Die unterhaltsrechtlichen Vereinbarungen zwischen den Eheleuten ließen die Regelungen des § 64 Abs. 2 Satz 1 EStG unberührt.

Da sich seit der vorangegangenen Kindergeldfestsetzung durch das Getrenntleben und durch das Verbleiben des Kindes in dem Haushalt der Mutter die Verhältnisse geändert hätten, sei die Festsetzung des Kindergeldes nach § 70 EStG vom Zeitpunkt der Änderung der Verhältnisse an aufzuheben gewesen. Da die Kindergeldzahlung für die Monate November 1997 bis Dezember 1998 erfolgt sei, obgleich die Ehefrau des Klägers vorrangig berechtigt gewesen sei, sei nach § 37 Abs. 2 AO der Erstattungsbetrag in Höhe des zu Unrecht gezahlten Kindergeldes festzusetzen gewesen.

Nach Zustellung der Einspruchsentscheidung am 25. Juni 1999 (KGA 25), ist für...

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