rechtskräftig

 

Entscheidungsstichwort (Thema)

Haftung nach § 75 AO 1977 bei Übernahme eines Teilbetriebes im Ganzen

 

Leitsatz (redaktionell)

Ein Unternehmen haftet für Kapitalertragsteuerschulden eines in der Gliederung des Vorunternehmens gesondert geführten, im Ganzen übernommenen, als Teilbetrieb anzusehenden Betriebes nach § 75 AO 1977, wenn die wesentlichen Grundlagen des Teilbetriebes –Teile des Warenbestandes und besonders die Arbeitsverträge mit den Geschäftsführern, die den wirtschaftlichen Erfolg des Teilbetriebes des nahe stehenden Vorunternehmens maßgebend bestimmten– übergehen. Die Haftung ist auf den Bestand des übernommenen Vermögens und die auf den Teilbetrieb entfallenden Kapitalertragsteuern beschränkt.

 

Normenkette

AO 1977 § 75; EStG § 43 Abs. 1

 

Tenor

Der Haftungsbescheid vom 03. Juli 2003 in der Fassung der Einspruchsentscheidung vom 13. Oktober 2003 wird dahin geändert, dass die Haftungssumme auf 27.550,42 DM herabgesetzt wird.

Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.

Die Kosten des Verfahrens tragen die Klägerin und der Beklagte zu je 50 v.H.

Die Hinzuziehung eines Bevollmächtigten im Vorverfahren war notwendig.

Die Entscheidung ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar. Der Beklagte kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung in Höhe von 110 v.H. des vollstreckbaren Betrags abwenden, wenn nicht die Klägerin vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110 v.H. des jeweils zu vollstreckenden Betrags leistet.

Die Revision wird nicht zugelassen.

 

Tatbestand

Verfahrensgegenstand sind der Haftungsbescheid des Beklagten vom 03. Juli 2003 und der dazu ergangene Einspruchsbescheid vom 13. Oktober 2003.

Streitig ist, ob die Klägerin einen Teilbetrieb der B. International GmbH übernommen hat und deshalb zu Recht nach § 75 AO vom Beklagten für Kapitalertragsteuerschulden der B. International GmbH in Haftung genommen wurde.

Den Kapitalertragsteuerschulden der B. International GmbH, für die die Klägerin vom Beklagten als Haftungsschuldner gemäß § 75 AO in Anspruch genommen wird, liegt folgender Sachverhalt zugrunde:

Mit Bescheid vom 04. Oktober 1999 setzte der Beklagte gegenüber der B. International GmbH Kapitalertragsteuer in Höhe von 106.400,– DM und Solidaritätszuschlag zur Kapitalertragsteuer in Höhe von 5.852,– DM für den Anmeldezeitraum Januar bis Dezember 1998 fest. Anlass für diese Steuerfestsetzung waren bei einer Betriebsprüfung festgestellte kapitelertragsteuerpflichtige verdeckte Gewinnausschüttungen in Gestalt von überhöhten Vergütungszahlungen an die amerikanischen Geschäftsführer der B. International GmbH, die beschränkt steuerpflichtigen Herren J. B. und W. B., New York.

Bei der B. International GmbH handelte es sich um ein Tochterunternehmen der B. International Inc. mit Sitz in New York, USA. Geschäftsführer der B. International GmbH waren die in New York ansässigen Herren J. B. und W. B. sowie seit 1984 auch der in Deutschland ansässige Herr O. E. Zwischen der B. International GmbH und Herrn O. E. bestand kein schriftlich fixierter, sondern nur ein mündlich abgeschlossener Geschäftsführervertrag. In den Jahren 1993 bis 1996 erzielte Herr J. B. eine Gesamtvergütung als Geschäftsführer, die derjenigen von Herrn W. B. betragsmäßig jeweils weitgehend entsprach, und im Jahr 1997 erhielten beide eine genau gleich hohe Gesamtvergütung.

Gesellschafter der B. International GmbH waren seit 1987 neben der zu 79 v.H. beteiligten B. International Inc. der zu 1 v.H. beteiligte Geschäftsführer J. B. und der zu 20 v.H. beteiligte Geschäftsführer O. E. Gesellschafter des Mutterunternehmens B. International Inc. waren zu je 50 v.H. die Herren J. B. und W. B.

Nachdem das Finanzgericht Bremen durch Urteil vom 25. November 1999 zum Verfahren Az. 499078K1 wegen Körperschaftsteuer 1993 bis 1997 entschieden hatte, dass verdeckte Gewinnausschüttungen in Gestalt von überhöhten Vergütungszahlungen nur in einem geringeren als dem vom Beklagten zugrunde gelegten Umfang vorgenommen worden seien, erließ der Beklagte am 16. Mai 2000 einen – bestandskräftig gewordenen – Bescheid gegenüber der B. International GmbH, mit dem er für den Anmeldezeitraum Januar bis Dezember 1998 nunmehr Kapitalertragsteuer in Höhe von 52.228,– DM und Solidaritätszuschlag zur Kapitalertragsteuer in Höhe von 2.872,84 DM festsetzte. Hierzu gab er in dem Bescheid wörtlich folgende Erläuterungen:

„Dieser Bescheid ändert gemäß § 172 Abs. 1 Nr. 2 a AO i. V. m. § 132 AO den Bescheid über Kapitalertragsteuer (KESt) 1998 und Solidaritätszuschlag zur KESt 1998. Die Änderung erfolgt aufgrund des Urteils des FG Bremen vom 25.11.1999, Az.: 4 99 078 K1 „

Zu ihrem Unternehmensgegenstand teilte die B. International GmbH dem Finanzgericht Bremen in dem Verfahren Az. 499078K1 wegen Körperschaftsteuer 1993 bis 1997 mit, das mit dem vorgenannten Urteil vom 25. November 1999 beendet wurde, wörtlich folgendes mit:

  1. „Seit ihrer Gründung betreibt die Klägerin die internationale Spedition. Seit 1987 ist das Pharmamarketing ebenfalls Gegenstand des Unternehmen...

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