Entscheidungsstichwort (Thema)

Hinterziehungszinsen

 

Nachgehend

BFH (Urteil vom 24.05.2000; Aktenzeichen II R 25/99)

 

Tenor

Die Klage wird abgewiesen.

Die Klägerin trägt die Kosten des Verfahrens.

Die Revision wird zugelassen.

 

Tatbestand

Die Beteiligten streiten über die Festsetzung von Hinterziehungszinsen zur Einkommen- und Vermögensteuer.

Die Klägerin ist Alleinerbin und damit Gesamtrechtsnachfolgerin ihres am 22. März 1997 verstorbenen Ehemanns. Sie und ihr Ehemann wurden steuerlich zusammen veranlagt. Mit Schreiben vom 24. August 1989 hatte das FA ihnen mitgeteilt, daß sie, sofern sich keine Änderungen in rechtlicher und tatsächlicher Hinsicht ergäben, keine ESt- Erklärungen mehr abzugeben hätten.

Am 16. Januar 1996 gaben die Klägerin und ihr Ehemann für den Zeitraum 1989 bis 1994 ESt-Erklärungen und VSt-Erklärungen beim FA ab. Zu einem späteren Zeitpunkt im Jahr 1996 reichten sie für beide Steuerarten die Steuererklärungen für die Jahre 1985 bis 1988 ein.

Den Erklärungen war vorausgegangen, daß im September 1995 der Steuerfahndungsstelle B von der Steuerfahndungsstelle D ein anonymisierter Einzahlungsbeleg eines Luxemburger Referenzkontos einer großen deutschen Geschäftsbank übersandt worden war. Diesen Beleg hatte die Steuerfahdungsstelle D im Rahmen von Ermittlungen wegen des Verdachts der Beihilfe zur Steuerhinterziehung beim Geschäftssitz der Geschäftsbank in Deutschland sichergestellt. Wie sich herausstellte, war der Ehemann der Klägerin Kontoinhaber des Referenzkontos gewesen.

Die zuständige Staatsanwaltschaft sah aufgrund der im Jahr 1996 eingereichten Steuererklärungen die Voraussetzungen einer strafbefreienden Selbstanzeige nach § 371 Abs. 3 AO als erfüllt an und stellte das gegen den Ehemann der Klägerin eingeleitete Strafverfahren im Januar 1997 ein.

Auf Grund der Nacherklärungen erließ das FA für die Streitjahre ESt- und VSt-Bescheide, die rechtsbeständig wurden. Die Steuerschulden wurden beglichen.

Mit Bescheid vom 2. Juni 1997 setzte das FA gegen die Klägerin Hinterziehungszinsen wegen Steuerverkürzung von ESt und VSt im einzelnen wie folgt fest:

Zinsen zur

DM

Einkommensteuer 1985

7.744,–

Einkommensteuer 1986

7.297,–

Einkommensteuer 1987

3.552,–

Einkommensteuer 1988

2.268,–

Einkommensteuer 1989

729,–

Einkommensteuer 1990

205,–

Vermögensteuer 1.1.1986

1.204,–

Vermögensteuer 1.1.1987

1.204,–

Vermögensteuer 1.1.1988

1.204,–

Vermögensteuer 1.1.1988

396,–

Vermögensteuer 1.1.1989

380,–

Vermögensteuer 1.1.1990

152,–

Vermögensteuer 1.1.1991

228,–

Vermögensteuer 1.1.1992

456,–

Vermögensteuer 1.1.1993

24,–

Vermögensteuer 1.1.1994

235,–

Gesamtbetrag

27.278,–

Bei der Zinsfestsetzung berücksichtigte das FA die in den Steuerbescheiden nach § 233 a AO festgesetzten (und beglichenen) Nachzahlungszinsen in Höhe von 9.110,– DM, indem es den von ihm errechneten Gesamtbetrag der Hinterziehungszinsen von 36.388,– DM um den genannten Betrag der Nachzahlungszinsen kürzte.

Am 23. Juni 1997 legte die Klägerin gegen den Zinsbescheid Einspruch ein. Sie trug vor, daß nach der Entscheidung des BVerfG vom 22. Juni 1995 zur VSt für den Zeitraum vor dem 1. Januar 1997 keine VSt hätte erhoben werden dürfen, so daß auch die Festsetzung von Hinterziehungszinsen nicht infragekomme. Außerdem sei die Hinterziehung ungerechter Steuern nicht strafwürdig.

Der Einspruch blieb erfolglos. In der Einspruchsentscheidung vom 23. Juli 1998 führte das FA aus, daß hinterzogene Steuern zu verzinsen seien. Da weder Schuldausschließungs- noch Rechtfertigungsgründe, die eine Entstehung des Zinsanspruchs hindern würden, vorlägen und da der objektive und subjektive Tatbestand einer Steuerhinterziehung erfüllt seien, seien die Hinterziehungszinsen festzusetzen gewesen. Es handele sich hierbei nicht um eine Strafmaßnahme. Vielmehr gehe es darum, den Zinsvorteil einer Steuerhinterziehung abzuschöpfen. Insoweit komme es auf die Strafwürdigkeit und Strafbedürftigkeit nicht an. Daran könne es ausnahmsweise trotz schuldhafter Verwirklichung von Unrecht fehlen, wenn die Strafzwecke an sich eine Strafe rechtfertigen würden, diese aber wegen besonderer Umstände aus kriminalpolitischen Gründen nicht unbedingt geboten erscheine.

Am 5. August 1998 hat die Klägerin Klage erhoben. Sie trägt vor, daß sich ihr Einspruch gegen den Zinsbescheid insgesamt gerichtet habe und sie mit der Klage die Aufhebung des Zinsbescheides insgesamt verfolge. Hinterziehungszinsen könnten nur erhoben werden, wenn der objektive und der subjektive Tatbestand einer Steuerhinterziehung i. S. von § 370 AO vorlägen. Es komme darauf an, ob die Klägerin oder der verstorbene Ehemann ESt oder VSt vorsätzlich verkürzt hätten. Dies sei nicht der Fall, da die Strafbarkeit einer Verkürzung dieser Steuern für die infragestehenden Zeiträume nicht hinreichend i. S. des Art. 103 Abs. 2 GG gesetzlich bestimmt gewesen sei. Dies habe zur Folge, daß es keinen objektiven Tatbestand gebe, nach dem sich eine Strafbarkeit bestimmen lasse. Im übrigen dürfe eine Strafe nur verhängt werden, wenn die Strafbarkeit in einer...

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