rechtskräftig

 

Entscheidungsstichwort (Thema)

Vorlage an das Bundesverfassungsgericht: Anknüpfung an Zahl der Bildschirme in § 11 Abs. 2 des Bremischen Vergnügungsteuergesetzes als Bemessungsgrundlage für Bremische Wettbürosteuer verfassungswidrig?

 

Leitsatz (redaktionell)

1. Es wird die Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts darüber eingeholt, ob § 11 Abs. 2 des Bremischen Vergnügungssteuergesetzes vom 14.12.1990 in der Fassung des Gesetzes zur Einführung einer Wettbürosteuer vom 14.3.2017 mit dem Grundgesetz unvereinbar und deshalb ungültig ist.

2. Nach Auffassung des vorlegenden Gerichts ist § 11 Abs. 2 VergnStG BR mit Art. 3 Abs. 1 GG insoweit unvereinbar, als darin als Bemessungsgrundlage für die Wettbürosteuer die Zahl der Bildschirme, also ein Stückzahlmaßstab, vorgesehen ist. Ein solcher Stückzahlmaßstab ist ungeeignet für die Bemessung der Wettbürosteuer, weil ihm der erforderliche Bezug zu dem eigentlichen Steuergegenstand fehlt.

3. Bei der Bremischen Wettbürosteuer als Unterart der Vergnügungssteuer handelt es sich um den Typus einer örtlichen Aufwandsteuer i. S. v. Art. 105 Abs. 2a GG, für die eine Befugnis des Landes Bremen zur Gesetzgebung besteht.

4. Der Einführung einer an den Wetteinsatz anknüpfenden Wettbürosteuer hätte Unionsrecht nicht entgegengestanden; eine solche Wettbürosteuer hätte insbesondere nicht gegen Art. 401 der Richtlinie 2006/112/EG verstoßen.

 

Normenkette

VergnStG BR §§ 8, 11 Abs. 2; GG Art. 3 Abs. 1, Art. 105 Abs. 2a; Richtlinie 2006/112/EG Art. 401; AEUV Art. 56, 49; EU-Grundrechtecharta Art. 20-21

 

Tenor

Das Verfahren wird ausgesetzt. Es wird die Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts darüber eingeholt, ob § 11 Abs. 2 des Bremischen Vergnügungssteuergesetzes vom 14. Dezember 1990 in der Fassung des Gesetzes zur Einführung einer Wettbürosteuer vom 14. März 2017 mit dem Grundgesetz unvereinbar und deshalb ungültig ist.

 

Tatbestand

A. Sach- und Streitstand

Im Rahmen des unter dem Aktenzeichen 2 K 37/19 (1) beim Finanzgericht Bremen geführten Klageverfahrens wegen Festsetzung von Wettbürosteuer für den Monat Juli 2017 ist zwischen den Beteiligten u. a. streitig, ob §§ 8 ff. des Bremischen Vergnügungssteuergesetzes vom 14. Dezember 1990 (Gesetzblatt der Freien Hansestadt Bremen –Brem.GBl.– vom 19. Dezember 1990, 467 ff.) in der Fassung des Gesetzes zur Einführung einer Wettbürosteuer vom 14. März 2017 (Brem.GBl. 2017, 104) – nachfolgend abgekürzt: VergnStG BR – mit Art. 3 Abs. 1 des Grundgesetzes (GG) unvereinbar und deshalb ungültig sind und ob Art. 56 des Vertrags über die Arbeitsweise der Europäischen Union (AEUV) dahin auszulegen ist, dass er §§ 8 ff. VergnStG BR entgegensteht.

Die Wettbürosteuer wird in der Stadtgemeinde Bremen von den Landesfinanzbehörden und in der Stadtgemeinde Bremerhaven von der Stadtgemeinde Bremerhaven verwaltet (§ 1 Abs. 2 Satz 1 des Bremischen Abgabengesetzes –BremAbgG– vom 15. Mai 1962, Brem.GBl. 1962, 139, zuletzt § 3 geändert durch Art. 2 des Gesetzes vom 14. November 2017, Brem.GBl. 2017, 482, 485). Nach § 3 Abs. 1 BremAbgG findet auf Steuern, die von den Landesfinanzbehörden oder von der Stadtgemeinde Bremerhaven verwaltet werden, u. a. die Abgabenordnung (AO) in ihrer jeweiligen bundesrechtlichen Fassung sinngemäß Anwendung. Steuerstellen sind für Bremen das Finanzamt Bremen – die Beklagte im vorliegenden Verfahren – als Landesfinanzbehörde und für Bremerhaven der Magistrat der Stadt Bremerhaven (§ 9 Abs. 2 i. V. m. § 6 Abs. 2 VergnStG BR und § 3 Nr. 1 der Finanzämter-Zuständigkeitsverordnung –FÄZuV– vom 31. Juli 2004, Brem.GBl. 2004, 446, zuletzt Anlage geändert durch Verordnung vom 8. Dezember 2017, Brem.GBl. 2017, 815).

Die Klägerin wurde mit Gesellschaftsvertrag vom … gegründet und ist im Handelsregister des Amtsgerichts … eingetragen. Gegenstand ihres Unternehmens ist die Annahme, Durchführung, Vermittlung und Vermarktung von Wetten aller Arten, der Betrieb von Wettannahme- und Wettvermittlungsstellen, die Aufstellung und der Betrieb von Wettterminals, Internetterminals und Spielautomaten mit oder ohne Gewinnmöglichkeit sowie der Betrieb von Gastronomieunternehmen.

Die Klägerin ist Franchisenehmerin des Franchisesystems Z. Sie betreibt mehrere Wettvermittlungsstellen im Land Bremen, in denen sie unter dem Namen Z für den in … (EU-Ausland) lizensierten Wettveranstalter … – nachfolgend abgekürzt: Wettveranstalter – Sportwetten als sog. Prematchwetten (Wetten vor Spielbeginn) und sog. Livewetten (Wetten nach Spielbeginn) vermittelt.

Für jede in den Wettvermittlungsstellen der Klägerin abgeschlossene Wette erhält der Kunde einen Wettschein in Papierform. Auf dem Wettschein wird eine „Gebühr” i. H. v. 5 % des jeweiligen Wetteinsatzes ausgewiesen. Diese „Gebühr” verkörpert die Umlage der vom Bund beim Wettveranstalter erhobenen, bundesgesetzlich geregelten Sportwettensteuer nach § 17 Abs. 2 des Rennwett- und Lotteriegesetzes (RennwLottG) in der Fassung des Gesetzes zur Besteuerung von Sportwetten vom 29. Juni 2012 (BGBl I 2012, 1424). Beträgt der „Pr...

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