Entscheidungsstichwort (Thema)

Lösegeldzahlungen nicht als Betriebsausgaben abziehbar

 

Leitsatz (redaktionell)

Zahlt eine Kapitalgesellschaft Lösegeld für einen ihrer Gesellschafter oder für eine diesem nahestehende Person, so führt diese Zahlung zu einer verdeckten Gewinnausschüttung, die dem betreffenden Gesellschafter zuzurechnen ist.

 

Normenkette

KStG § 8 Abs. 3 S. 2; EStG § 12 Nr. 1

 

Tatbestand

Die Beteiligten streiten darum, ob eine Lösegeldzahlung, die die Klägerin geleistet hat, als verdeckte Gewinnausschüttung anzusehen ist. Dem liegt folgender Sachverhalt zugrunde:

Der mit 33,8% des Stammkapitals an der Klägerin beteiligte Gesellschafter A und sein Bruder, der in den Streitjahren ohne Gesellschaftsbeteiligung als Geschäftsführer der Klägerin tätige Aa wurden im Streitjahr 1993 von unbekannten Personen unter dem Vorwand nach B gelockt, dort günstige Verträge über die Lieferung von Müllpressen abschließen zu können. In B angekommen brachte die Brüder ... eine bewaffnete B Personengruppe, die in Wahrheit keinerlei geschäftliche Interessen hatte, in ihre Gewalt und hielt sie in einem von Mauern und Wachtürmen umgebenen „Hotel“ fest. Unstreitig durften die Gefangengehaltenen erst gegen Zahlung eines Geldbetrages in Höhe von umgerechnet 74.256,00 DM das „Hotel“ und das Land wieder verlassen, um unverrichteter Dinge nach Hause zurückzukehren.

Die Zahlung des Lösegeldes leistete die Klägerin am 16. Juli 1993 und verbuchte diese Aufwendungen als Betriebsausgabe.

Im Anschluss an eine 1996 stattgefundene Betriebsprüfung änderte der Beklagte mit Bescheiden vom 15. September 1997 die Körperschaftsteuerfestsetzung für 1993 und 1994 und die Gewerbesteuerfestsetzung für 1993 sowie die Feststellung der dementsprechenden Besteuerungsgrundlagen unter Berücksichtigung einer verdeckten Gewinnausschüttung in Höhe der gezahlten Lösegelder.

Die hiergegen eingelegten Einsprüche der Klägerin blieben ohne Erfolg. In der Einspruchsentscheidung vom 11. August 1998 begründet der Beklagte seine Entscheidung damit, dass nach der eindeutigen Rechtsprechung des Bundesfinanzhofes - BFH - Aufwendungen für die Erhaltung des Lebens, der Gesundheit und der Freiheit zu den Kosten der privaten Lebensführung gehören würden. Habe eine Kapitalgesellschaft durch sie ihr Vermögen gemindert, so liege dementsprechend eine verdeckte Gewinnausschüttung vor. Denn Leben, Gesundheit und Freiheit der Gesellschafter seien deren höchstpersönliche Rechtsgüter. Der Ort und der Zeitpunkt einer Entführung seien für die Beurteilung des privaten Zusammenhangs nicht entscheidend. Es sei daher unerheblich, ob die Entführung im Betrieb oder auf einer Dienst- bzw. Privatreise im In- oder Ausland stattgefunden habe.

Die Lösegeldzahlung sei auch nicht auf die Herren ... aufzuteilen; denn ein Aufteilungsmaßstab sei nicht zu erkennen. Aus diesem Grunde sehe der Beklagte die Gesamtzahlung als verdeckte Gewinnausschüttung an, die Herrn A zuzurechnen sei.

Hiergegen hat sich die Klägerin mit der vorliegenden, rechtzeitigen Klage gewandt.

Sie ist der Auffassung, dass, da die Reise der Herren nach B unstreitig betrieblich veranlasst gewesen sei, auch die maßgebliche Veranlassung der erpressten Zahlung betrieblicher Natur gewesen sein müsse. Die dem entgegen stehende Rechtsprechung des BFH beziehe sich - soweit vorhanden - lediglich auf Inlandssachverhalte, die auf den Streitfall nicht zu übertragen seien.

Im Streitfall seien vielmehr die Urteile zu PKW-Unfallkosten eines Arbeitnehmers bei Fahrten zwischen Wohnung und Arbeitsstätte heranzuziehen. Denn auch hier sei entscheidendes Argument, dass bei multikausaler Verursachung ein Schaden letztlich durch die berufliche Sphäre des Arbeitnehmers veranlasst worden sei. Die Berührung des Sachverhalts mit der privaten Lebensführung trete demgegenüber in diesen Fällen in den Hintergrund.

Ebenso sei der Streitfall zu beurteilen. Auch hier sei der Auslöser für die Freiheitsberaubung letztlich im betrieblichen Bereich anzusiedeln. Denn Auslöser für die Reise der Brüder ... nach B seien ausschließlich geschäftliche Interessen der Klägerin gewesen.

Die Klägerin beantragt,

abweichend von den Bescheiden vom 24. September 1997 und 22. Oktober 1997 in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 11. August 1998 die Körperschaftsteuer 1993 auf 75.254,00 DM, die Körperschaftsteuer 1994 auf 0,00 DM, die Gewerbesteuer 1993 auf 27.402,00 DM geändert festzusetzen und die Besteuerungsgrundlage für die Streitjahre dementsprechend ohne Berücksichtigung einer verdeckten Gewinnausschüttung bezüglich der gezahlten Lösegelder festzustellen.

Der Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

Die Beteiligten beantragen hilfsweise,

die Revision zuzulassen.

Der Beklagte beruft sich auf die Gründe seiner Einspruchsentscheidung und trägt ergänzend vor, es bedürfe keines Analogieschlusses zur Behandlung von Unfallkosten auf der Fahrt zwischen Wohnung und Arbeitsstätte als Betriebsausgaben, da bereits durch höchstrichterliche Entscheidung endgültig geklärt sei, dass Lösegeldzahlungen den Kost...

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