Entscheidungsstichwort (Thema)

Grunderwerbsteuer. Einheitliches Vertragswerk bei Personenmehrheit auf Veräußererseite erfordert Zusammenwirken von Grundstücksverkäufer und Bauunternehmen

 

Leitsatz (redaktionell)

1. Entscheidend für das Vorliegen eines sog. einheitlichen Vertragswerks ist, dass der den Grundstücksübereignungsanspruch begründende Vertrag in ein Vertragsgeflecht einbezogen ist, das objektiv erkennbar darauf gerichtet ist, dem Erwerber als einheitlichen Leistungsgegenstand das Grundstück in bebautem Zustand zu verschaffen.

2. Bei einer Personenmehrheit auf der Veräußererseite liegt ein einheitlicher Erwerbsgegenstand nicht allein deshalb vor, weil der Grundstückserwerber bereits vor Abschluss des das Grundstück betreffenden Verpflichtungsgeschäfts einen Gebäudeerrichtungsvertrag abgeschlossen hat. Die Bindung an die Bebauung muss vielmehr gegenüber der aus mehreren Personen bestehenden, einheitlich agierenden Veräußererseite bestehen.

 

Normenkette

GrEStG § 1 Abs. 1 Nr. 1, § 8 Abs. 1, § 9 Abs. 1 Nr. 1

 

Nachgehend

BFH (Urteil vom 01.10.2014; Aktenzeichen II R 20/13)

BFH (Urteil vom 01.10.2014; Aktenzeichen II R 20/13)

 

Tenor

Unter Änderung des Bescheids über Grunderwerbsteuer vom 24. Juli 2007 in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 6. Mai 2008 wird die Grunderwerbsteuer auf EUR 523,– festgesetzt.

Der Beklagte trägt die Kosten des Verfahrens.

Das Urteil ist für die Klägerin wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar. Der Beklagte kann die vorläufige Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe des jeweils zu vollstreckenden Betrags abwenden, wenn nicht die Klägerin zuvor Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

 

Tatbestand

Am 30. Mai 2006 unterbreitete die B. GmbH der Klägerin ein Angebot für die Errichtung eines Hauses vom Typ … mit den Außenmaßen 10m × 12m auf einem noch nachzuweisenden Baugrundstück für einen Pauschalfestpreis in Höhe von EUR 97 200,–. In dem Angebot wird unter anderem auf einen Freiflächenplan des Grundstücks C.-straße in D. verwiesen. Die Klägerin nahm dieses Angebot am 30. Mai 2006 an. Die B. GmbH bestätigte die Annahme des Auftrags am 10. Juli 2006.

Am 22. Juni 2006 erstellte die E. GmbH, F. einen Lageplan für den Neubau eines Einfamilienhauses auf dem Grundstück C.-straße in D.. In diesem Lageplan war unter der Parzelle 25 mit einer Größe von 417m² der Name der Klägerin „A.” verzeichnet.

Am 28. Juni 2006 erteilten die Klägerin und die Eheleute G. der H. GmbH einen Reservierungsauftrag für das Grundstück C.-straße (Parzelle 25) für einen Kaufpreis in Höhe von EUR 47 955,–.

Die Klägerin erwarb sodann mit notariellem Kaufvertrag vom 7. Juli 2006 von der H. GmbH einen Miteigentumsanteil von 312/1000 an dem unbebauten, 417 m² großen Grundstück C.-straße. Weitere Erwerber dieses Grundstücks waren die Eheleute G., die jeweils einen Miteigentumsanteil von 344/1000 erwarben. Von dem Gesamtkaufpreis in Höhe von EUR 47 955,– entfiel auf die Klägerin ein Teilbetrag in Höhe von EUR 14 965,40. Nach § 3 des Kaufvertrags vom 7. Juli 2006 war den Vertragsparteien „bekannt, dass die I. GmbH beim Amt für Bauaufsicht in D. unter dem 27.10.04 den Vorbescheid Nr. 170/04 erwirkt” hatte. Nach dessen Inhalt sei die Errichtung eines Einfamilienhauses auf dem erworbenen Grundstück zulässig. § 7 des Kaufvertrags vom 7. Juli 2006 bestimmt weiter, dass sich die H. GmbH verpflichte, an einer etwaigen geänderten Vorbelastung mitzuwirken, wenn die von den Käufern beabsichtigte Errichtung eines Wohnhauses mit zwei Wohnungen und der anschließenden Aufteilung in Wohneigentum eine von der vertraglichen Regelung abweichende Belastung erfordere. Auf den Inhalt des Kaufvertrags vom 7. Juli 2006 wird im Übrigen Bezug genommen.

Am 9. August 2006 stellten die Klägerin und die Eheleute G. bei der zuständigen Bauaufsichtsbehörde einen Antrag auf Vorlage im Genehmigungsfreistellungsverfahren für die Errichtung eines Zweifamilienhauses auf dem Grundstück C.-straße.

Der Beklagte prüfte im Hinblick auf den Grundstückskaufvertrag vom 7. Juli 2006, ob ein sogenanntes einheitliches Vertragswerk vorliegt. Die Klägerin teilte daraufhin mit, sie sei durch ein Schild der E. GmbH/H. GmbH auf dem Grundstück auf dieses Grundstück aufmerksam geworden. Das Grundstück sei ihr von der E. GmbH/H. GmbH angeboten worden. Das Angebot sei persönlich mit Lageplan unterbreitet worden. Eine bestimmte Bebauung sei ihr nicht vorgeschlagen worden; auf das Bauunternehmen sei sie über das Internet aufmerksam geworden. Die Hausanschlusskosten seien aufgrund einer vertraglichen Bindung an die E. GmbH zu zahlen; die beteiligten Unternehmen seien durch die E. GmbH/H. GmbH ausgewählt und beauftragt worden. Auf den Inhalt des Fragebogens vom 9. Oktober 2010 wird Bezug genommen.

Der Beklagte erließ einen Grunderwerbsteuerbescheid unter dem Vorbehalt der Nachprüfung (§ 164 Abs. 1 AbgabenordnungAO –) in dem er eine Grunderwerbsteuer in Höhe von 3,5 % von EUR 14 961,– = EUR 523,– festsetzte.

Im April 2007 wandte sich der Beklagte an die B. GmbH. Die B. GmbH teilte auf die...

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