Entscheidungsstichwort (Thema)

Zurechnung von im eigenen Namen des Treuhänders aufgenommenen Darlehen beim Treugeber. Annahme von Dauerschuldzinsen nach § 8 Nr. 1 GewStG. Pauschalwertberichtigung von Darlehensforderungen und sonstigen Vermögensgegenständen. Einzelwertberichtigung einer Forderung

 

Leitsatz (redaktionell)

1. Geht ein Treuhänder eine Verbindlichkeit zwar im eigenen Namen ein, tut er dies aber in der Weise auf fremde Rechnung, dass im Innenverhältnis zum Treugeber die Verpflichtungen aus der Verbindlichkeit allein letzteren treffen, können die steuerlichen Folgen der Kreditaufnahme dem Treugeber zuzurechnen sein. Ist jedoch auch bei wirtschaftlicher Betrachtungsweise Schuldner der Verbindlichkeit (hier: aufgrund von Haftungsbeschränkungen) der Treuhänder, scheidet eine von der zivilrechtlichen Schuldnerschaft abweichende steuerliche Zurechnung der Darlehen beim Treugeber aus.

2. Sind die dem Treuhänder zuzurechnenden Darlehen als Dauerschulden i.S. des § 8 Nr. 1 GewStG zu qualifizieren, scheitert eine Hinzurechnung der in diesem Zusammenhang gezahlten Zinsen nicht daran, dass der Treuhänder die Darlehensforderungen und -verbindlichkeiten nicht bilanziert und die Zinsen nicht als Betriebsausgaben behandelt hat.

3. Eine Pauschalwertberichtigung auf Darlehensforderungen scheidet aus, wenn die Forderungen tatsächlich erfüllt werden und lediglich in späteren Jahren teilweise aufgrund von Sanierungsvereinbarungen zurückgezahlt werden.

4. Die Vornahme einer pauschalen Wertberichtigung auf sonstige Vermögensgegenstände ist nicht zulässig.

5. Zum Nachweis der Berechtigung der Einzelwertberichtigung einer Forderung reicht der Verweis auf Jahresfehlbeträge und Cash flow-Kennzahlen des Schuldners nicht aus.

 

Normenkette

GewStG § 8 Nr. 1; AO § 39 Abs. 2 Nr. 1 S. 2; EStG § 6 Abs. 1 Nr. 2 S. 2, § 5 Abs. 1 S. 1, § 4 Abs. 1, 4; HGB § 253 Abs. 3 S. 2

 

Nachgehend

BFH (Urteil vom 16.12.2008; Aktenzeichen I R 82/07)

BFH (Urteil vom 16.12.2008; Aktenzeichen I R 82/07)

 

Tenor

Die Bescheide über den einheitlichen Gewerbesteuermessbetrag und die Gewerbesteuer für 1988 bis 1991, sämtlich vom 09. Mai 2005, und die Einspruchsentscheidung vom 08. September 1999 werden dahingehend geändert, dass die Hinzurechnung von Dauerschulden und Dauerschuldzinsen insoweit rückgängig gemacht wird, als die für die C…/R… GbR, die O… GbR, die Sch… GbR, die B… GbR, die Be… GbR, die Dr. M… GbR, die R… GbR und die Re… GbR aufgenommenen Kredite als Dauerschulden der Klägerin angesehen worden sind. Die Berechnung der Steuer wird gemäß § 100 Abs. 2 Satz 3 der Finanzgerichtsordnung dem Beklagten übertragen.

Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.

Die Revision zum Bundesfinanzhof wird zugelassen.

Die Kosten des Verfahrens werden zu 90 % der Klägerin und zu 10 % dem Beklagten auferlegt.

Das Urteil ist hinsichtlich der Kosten vorläufig vollstreckbar. Der Beklagte kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe des Kostenerstattungsanspruchs der Klägerin abwenden, wenn nicht die Klägerin vor der Vollstreckung Sicherheit in derselben Höhe leistet.

Die Hinzuziehung eines Bevollmächtigten für das Vorverfahren wird für notwendig erklärt.

Der Streitwert wird auf EUR 2 232 140 festgesetzt.

 

Tatbestand

Die Klägerin wurde im Jahre 1975 gegründet. Zweck des Unternehmens der Klägerin ist u.a. die Verwaltung von Darlehen-Fonds und die Übernahme von Treuhandschaften in diesem Zusammenhang.

I. Darlehen an Objektgesellschaften

Die Klägerin hatte Treuhandverträge mit verschiedenen Fondsgesellschaften abgeschlossen, nach denen sie im Namen der Fondsgesellschaften Darlehen an sogenannte Objektgesellschaften in der Rechtsform der GmbH & Co KG, die Häuser im sozialen Wohnungsbau errichteten, vergeben sollte. Die Fondsgesellschaften verfügten jeweils über Eigenkapital, allerdings überstieg der an die Objektgesellschaften zu gewährende Darlehensbetrag das Eigenkapital. In Höhe des Differenzbetrages sollte die Klägerin die Darlehen mittels Krediten der X…-bank (X…) refinanzieren. Diese Kredite sollte die Klägerin im eigenen Namen, aber für Rechnung der jeweiligen Fondsgesellschaft aufnehmen. Die Klägerin erhielt von den Fondsgesellschaften Vergütungen in Form einer einmaligen Haftungsvergütung sowie einer jährlichen Vergütung zwischen 0,8 und 2 ‰ des refinanzierten Darlehensbetrages. In den Streitjahren betrug die durchschnittlich tatsächlich gezahlte Vergütung 1,3 ‰. Seit 1990 bezog die Klägerin darüber hinaus für die Geschäftsführung innerhalb der Fondsgesellschaften eine Geschäftsführervergütung von DM 500 bis DM 1 000 pro Gesellschaft.

In der ganz überwiegenden Zahl der Gesellschaftsverträge der Fondsgesellschaften fand sich folgende Bestimmung zur Haftung der Gesellschafter:

㤠4 Haftung der Gesellschafter

1. Jeder Gesellschafter haftet den Gläubigern der Fonds-Gesellschaft nur beschränkt bis zur Höhe der jeweils von ihm übernommenen Einlage. Eine unmittelbare persönliche Haftung ist ausgeschlossen, soweit der Gesellschafter die Einlage an die Gesellschaft geleistet hat. Eine Nachs...

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