rechtskräftig

 

Entscheidungsstichwort (Thema)

Vorsteueraufteilung nach den Gesamtumsätzen des Organkreises bezüglich Eingangsleistungen bei der Organgesellschaft im Falle einer umsatzsteuerrechtlicher Organschaft, steuerfreien Umsätzen des Organträgers und Nutzung von Räumlichkeiten bzw. Gerätschaften der Organgesellschaft durch den Organträger und durch andere Unternehmer

 

Leitsatz (redaktionell)

1. Erbringt bei einer umsatzsteuerrechtlichen Organschaft der Organträger steuerfreie Umsätze (hier: Steuerbefreiung nach § 4 Nr. 14 UStG für Umsätze eines Arztes mit einer radiologischen Praxis) und werden von der Organgesellschaft deren Räumlichkeiten mit Gerätschaften (im Streitfall: Praxisräume mit Kernspintomographieanlagen sowie radiologischen Geräten) teilweise umsatzsteuerpflichtig anderen Unternehmern (hier: andere Ärzte) und teilweise dem Organträger zur Nutzung überlassen, ist für die Aufteilung des Vorsteuerabzugs der Eingangsleistungen der Organgesellschaft auf die Umsätze des gesamten Organkreises abzustellen, also auf diejenigen Umsätze, die bei dem Organträger einerseits aus seiner steuerfreien Tätigkeit und andererseits aus den ihm zuzurechnenden Umsätzen der Organgesellschaft angefallen sind. Hat die Organgesellschaft mietvertraglich feste Nutzungszeiten für ihre Räume und Gerätschaften mit dem Organträger bzw. ihren übrigen Kunden vereinbart, führt eine auf Basis dieser voraussichtlichen Nutzungszeiten vorgenommene Vorsteueraufteilung nicht zu einer sachgerechten wirtschaftlichen Zurechnung der jeweiligen Umsätze; dies gilt insbesondere, wenn die tatsächlichen Nutzungszeiten der Räumlichkeiten der Organgesellschaft nicht aufgezeichnet worden sind und damit nicht feststehen.

2. Hat der Unternehmer nach § 15 Abs. 4 Satz 1 UStG eine Aufteilung der Vorsteuer nach wirtschaftlicher Zurechnung der jeweiligen Umsätze vorzunehmen, so muss sich diese bei Vorliegen einer Organschaft daran orientieren, dass die Organgesellschaft in umsatzsteuerrechtlicher Hinsicht nicht mehr als eigenes Unternehmen existiert, sondern nur noch das (Gesamt)Unternehmen des Organträgers.

 

Normenkette

UStG § 15 Abs. 1 S. 1 Nr. 1, Abs. 4 Sätze 1-3, § 2 Abs. 2 Nr. 2; MwStSystRL Art. 173 Abs. 1, Art. 174

 

Nachgehend

BFH (Beschluss vom 04.08.2020; Aktenzeichen XI R 15/18)

 

Tenor

Die Klage wird abgewiesen.

Die Kosten des Verfahrens werden dem Kläger auferlegt.

Die Revision wird zugelassen.

 

Tatbestand

Der Kläger ist Arzt und betreibt eine radiologische Praxis, aus der er steuerfreie Umsätze erzielt. Zudem ist er – wie zwischen den Beteiligten unstreitig ist – Organträger der B… GmbH, deren alleiniger Gesellschafter und Geschäftsführer er im Streitjahr war. Gegenstand der B… GmbH sind der Erwerb, die Vermietung und Verpachtung von Räumen und von medizinischen Geräten, insbesondere von Kernspintomographieanlagen oder radiologischen Geräten und deren Zurverfügungstellung für entsprechend fachlich qualifizierte Diagnoseärzte gegen Entgelt und die Unterstützung freiberuflich tätiger Ärzte außerhalb ihrer ärztlichen Versorgungstätigkeit, sowie die Organisation und Durchführung von Fortbildungsveranstaltungen für Ärzte und medizinisches Personal. Zur Erfüllung des Gesellschaftszwecks hatte die B… GmbH in einem Ärztehaus im C… Flächen im 3. Obergeschoss und im 5. Obergeschoss angemietet und zum Betrieb einer CT-Praxis (3. Obergeschoss) sowie einer MRT-Praxis (5. Obergeschoss) eingerichtet. Nutzungsverträge für diese Praxen schloss die B… GmbH einerseits mit dem Kläger selbst, und zwar ab dem 01.04.2013 betreffend 50 % der Nutzungskapazitäten der MRT-Praxis und ab dem 01.04.2014 betreffend 10 % der Nutzungskapazitäten der CT-Praxis sowie andererseits mit Frau D… betreffend 50 % der Nutzungskapazitäten der CT-Praxis ab dem 01.04.2014. In dem mit Frau D… geschlossenen Miet- und Nutzungsvertrag vom 25.11.2013, auf den verwiesen wird (Bl. 15 ff. der Gerichtsakte), war eine Mindestabnahme von 30 Stunden pro Woche fest vereinbart, was 50 % der Nutzungszeit entsprach. Der Mietpreis wurde nach angefangenen Stunden bemessen.

In den Umsatzsteuer-Voranmeldungen behandelte der Kläger die zwischen der B… GmbH und ihm getätigten Umsätze aus den Nutzungsverträgen i. H. v. 330.660,00 EUR (MRT-Praxis) und 46.420,00 EUR (CT-Praxis) angesichts der bestehenden Organschaft als nichtsteuerbare Innenumsätze, während er die Umsätze zwischen der B… GmbH und Frau D… dem Regelsteuersatz unterwarf. Die Vorsteuer kürzte er um die Anteile der auf ihn, den Kläger, entfallenden Nutzungskapazitäten, also hinsichtlich der CT-Praxis um 10 % und hinsichtlich der MRT-Praxis um 50 %.

Der Beklagte stellte den vorstehend geschilderten Sachverhalt anlässlich einer bei dem Kläger durchgeführten Umsatzsteuer-Sonderprüfung fest. Im Prüfungsbericht vom 23.10.2014, auf den Bezug genommen wird, führte die Prüferin aus, dass sich die Höhe der abziehbaren Vorsteuern nach den tatsächlichen Umsätzen des gesamten Organkreises berechne. Der von dem Kläger angewandte wirtschaftliche Aufteilungsmaßstab anhand d...

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