rechtskräftig

 

Entscheidungsstichwort (Thema)

Verfassungsmäßigkeit der Berliner Vergnügungsteuer für Spielautomaten im Jahr 2000. Kein Normenkontrollverfahren bei vermuteter bloßer Unvereinbarkeit und Erklärung der weiteren Anwendbarkeit des einfachen Gesetzes. Keine Berechtigung der Finanzgerichtsbarkeit zur Unwirksamkeitserklärung einer ungültigen Regelung entsprechend § 47 Abs. 5 VwGO

 

Leitsatz (redaktionell)

1. Auch wenn möglicherweise § 3 Abs. 2 S. 1 des Berliner Vergnügungssteuergesetzes wegen der Besteuerung von Spielgeräten nach dem Stückzahlmaßstab gegen Art. 3 Abs. 1 GG verstößt, scheidet eine Vorlage an das BVerfG aus, nachdem das Gericht mit Beschluss v. 4.2.2009 (Az.: 1 BvL 8/05) § 4 Abs. 1 des Hamburgischen Spielgerätesteuergesetzes mit Art. 3 Abs. 1 GG für unvereinbar, aber für weiterhin anwendbar erklärt hat. Daraus lässt sich schließen, dass auch die Berliner Regelung weiter anzuwenden wäre.

2. Ist für die Vergnügungsteuer als Gemeindesteuer in Abhängigkeit von der Art der Erhebung – statt dem überwiegenden Verwaltungsrechtsweg – der Finanzrechtsweg gegeben, scheidet eine Unwirksamkeitserklärung wie in § 47 Abs. 5 VwGO mangels entsprechender Regelung in der FGO aus.

 

Normenkette

Berliner Vergnügungsteuergesetz § 3 Abs. 2 S. 1; Hamburger Spielgerätesteuergesetz § 4 Abs. 1; GG Art. 100 Abs. 1 S. 1, Art. 3 Abs. 1, Art. 12 Abs. 1; VwGO § 47 Abs. 5, § 183

 

Nachgehend

BFH (Urteil vom 07.09.2011; Aktenzeichen II R 24/11)

BFH (Urteil vom 07.09.2011; Aktenzeichen II R 24/11)

 

Tenor

Die Klage wird abgewiesen.

Die Revision zum Bundesfinanzhof wird zugelassen.

Die Kosten des Verfahrens werden der Klägerin auferlegt.

 

Tatbestand

Die Beteiligten streiten darum, ob die Vergnügungsteuer für den Monat Juli 2000 erhoben werden durfte.

Die Klägerin betrieb ein Automatenaufstellungsgewerbe mit … in Spielhallen aufgestellten Glücksspielautomaten. Der Beklagte setzte die Vergnügungsteuer der Klägerin für Juli 2000 abweichend von deren Vergnügungsteueranmeldung (DM 300 pro Spielgerät) mit Bescheid vom … September 2000 auf der Grundlage der ab Juli 2000 geltenden höheren Steuersätze (DM 600 pro Spielgerät) fest. Dem lag die Neuregelung des Berliner Vergnügungsteuergesetzes zugrunde.

Art. 1 des vom Abgeordnetenhaus von Berlin am 31. Mai 2000 beschlossenen und am 1. Juli 2000 in Kraft getretenen Vierten Gesetzes zur Änderung des Gesetzes über eine Vergnügungsteuer für Spielautomaten (GVBl. S. 343) – VgStG-Sp – lautete:

„§ 3 Abs. 2 Satz 1 des Gesetzes über eine Vergnügungsteuer für Spielautomaten vom 28.10.1988 (GVBl. S. 1961), das zuletzt durch das Gesetz vom 22.06.1994 (GVBl. S. 185) geändert worden ist, erhält folgende Fassung:

Die Steuer beträgt je Spielautomat und angefangenen Kalendermonat für das Aufstellen von Spielautomaten in Spielhallen und ähnlichen Unternehmen im Sinne des § 33i der Gewerbeordnung

mit Gewinnmöglichkeit

600,– DM (vorher 300 DM),

ohne Gewinnmöglichkeit

300,– DM (vorher 150 DM),

Spielautomaten an den übrigen in § 1 Abs.1 genannten Orten (Gaststätten u. ä.) mit Gewinnmöglichkeit

50,– DM (keine Änderung),

ohne Gewinnmöglichkeit

25,– DM (keine Änderung), …”

Gegen die erhöhte Festsetzung legte die Klägerin Einspruch ein und führte zur Begründung an, die landesgesetzliche Neuregelung der Steuersätze auf das Doppelte des bisherigen Steuersatzes für in Spielhallen aufgestellte Automaten sei verfassungswidrig. Sie sei mit Artikel 3 und 12 Grundgesetz – GG – unvereinbar, weil der Gesetzgeber damit eine unverhältnismäßige Differenzierung der Besteuerung zwischen in Spielhallen aufgestellten Automaten und an anderen Orten, insbesondere in Gaststätten aufgestellten Geräten eingeführt habe. Auf die weiteren Ausführungen der Klägerin wird Bezug genommen.

Mit Einspruchsentscheidung vom … Januar 2001 wies der Beklagte den Einspruch der Klägerin als unbegründet zurück. Er habe die Vergnügungsteuer gesetzeskonform auf der Grundlage der ab 1. Juli 2000 neu geltenden Steuersätze festgesetzt.

Die Klägerin hat fristgerecht vor dem ursprünglich zuständigen Finanzgericht Berlin Klage erhoben; das Verfahren wurde unter dem Aktenzeichen 8 K 8050/01 geführt. Die Klägerin wiederholte und vertiefte ihr bisheriges Vorbringen.

Mit Beschluss des Finanzgerichts Berlin vom 12. Januar 2005 wurde das Verfahren ausgesetzt bis zu einer rechtskräftigen Entscheidung des Bundesfinanzhofs in der Sache II R 2/05. Der Bundesfinanzhof hob mit Urteil vom 26. Februar 2007 (BFHE 217, 280, BFH/NV 2007, 1255) das diesem Verfahren zugrundeliegende Urteil des Finanzgerichts Berlin vom 1. November 2004 in der Sache 8 K 8052/01 auf und verwies die Sache an das nunmehr zuständige Finanzgericht Berlin-Brandenburg zurück, wo es unter dem Aktenzeichen 6 K 6080/07 geführt wurde. Der Bundesfinanzhof sah weder einen Verfassungsverstoß darin, dass lediglich die Steuer für die in Spielhallen und ähnlichen Unternehmen betriebenen Spielgeräte erhöht wurde, noch in der Höhe der Steuer. Der Bundesfinanzhof hielt die mit Wirkung ab 1. Juli 2000 in Berlin erfolgte Erhöhung der V...

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