rechtskräftig

 

Entscheidungsstichwort (Thema)

Steuerfreiheit einer Abfindung bei einem Arbeitgeberwechsel im Zusammenhang mit der Verlagerung eines Geschäftsbereichs auf ein neugegründetes Joint-Venture-Unternehmen

 

Leitsatz (redaktionell)

1. Verlagert der Arbeitgeber im Rahmen eines Joint venture einen Geschäftsbereich auf ein Gemeinschaftsunternehmen, dessen Geschäftsleitung durch ein „fremdes”, nicht zum Konzern des Arbeitgebers gehörendes Unternehmen besetzt wird, so kann eine an einen Arbeitnehmer gezahlte Abfindung auch dann nach § 3 Nr. 9 EStG steuerfrei sein, wenn der Arbeitnehmer zunächst zeitlich befristet mit der Garantie der anschließenden Weiterbeschäftigung beim bisherigen Arbeitgeber zu dem Gemeinschaftsunternehmen versetzt, ihm aber in einer Betriebsvereinbarung bei einem arbeitsrechtlichen Wechsel zum Betreiber des Gemeinschaftsunternehmens innerhalb der Versetzungszeit vom bisherigen Arbeitgeber eine Abfindung zugesagt worden ist und wenn er nunmehr dieses Angebot eines mit einer Abfindung verbundenen Arbeitgeberwechsels annimmt.

2. Auch wenn der Aufhebungsvertrag des Arbeitnehmers mit dem „alten” Arbeitgeber zeitlich erst nach dem Abschluss des Arbeitsvertrages mit dem „neuen” Arbeitgeber unterzeichnet worden ist, hat der „alte” Arbeitgeber die entscheidende Ursache für die Aufhebung des bisherigen Arbeitsvertrages mit der Entscheidung gesetzt, den Geschäftsbereich, in dem der Arbeitnehmer tätig ist, als Eigengeschäft aufzugeben und mit der Erledigung dieser Aufgabe ein neu zu gründendes Gemeinschaftsunternehmen zu beauftragen.

 

Normenkette

EStG 1999 § 3 Nr. 9

 

Tenor

Die Einkommensteuer 2004 wird unter Änderung des Bescheids vom 4. Juli 2005 in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 21. Juni 2006 dahin gehend festgesetzt, dass hinsichtlich der von der Fa. … AG geleisteten Sonderzahlung in Höhe von 30 000 EUR § 3 Nr. 9 EStG zur Anwendung kommt.

Die Kosten des Verfahrens werden dem Beklagten auferlegt.

Beschluss:

Die Zuziehung eines Bevollmächtigten zum Vorverfahren war notwendig.

 

Tatbestand

Die Beteiligten streiten um die Frage, ob eine an den Kläger im Streitjahr 2004 seitens der Fa. … AG ausgezahlte Abfindung im Zusammenhang mit der einvernehmlichen Auflösung des Arbeitsverhältnisses nach § 3 Nr. 9 des Einkommensteuergesetzes teilweise einkommensteuerfrei ist oder nicht.

Der 1961 geborene Kläger ist verheiratet und wird zusammen mit seiner Ehefrau vom Beklagten zur Einkommensteuer veranlagt. Er war im Vorjahr des Streitjahres, also im Jahr 2003 ganzjährig zu einem Bruttoarbeitslohn in Höhe von rund 50 000 EUR als Fertigungsfachmann bei der Fa. … AG am Standort … beschäftigt. Dort war er im Bereich der Zentralen Nockenwellenfertigung eingesetzt.

Im Herbst 2002 entschloss sich die Fa. … AG, die Zentrale Nockenwellenfertigung als Eigengeschäft aufzugeben und dieses Geschäft der Fa. … GmbH (künftig: M-GmbH) zu überlassen. Zu diesem Zweck gründete sie zusammen mit der M-GmbH eine Joint Venture Gesellschaft namens „… GmbH & Co. KG”, deren Geschäftsleitung durch die M-GmbH besetzt wurde.

Mit Schreiben vom 20. Dezember 2002 teilte die Fa. … AG dem Kläger u.a. Folgendes mit:

„…

  1. Sie werden bei vorgenanntem Gemeinschaftsunternehmen …. voraussichtlich ab 1. Januar 2003 weiterbeschäftigt. Diese Beschäftigung dauert längstens bis zum 31. Dezember 2008.
  2. Während der Beschäftigung für das Gemeinschaftsunternehmen bliebt Ihr bisheriger Arbeitsvertrag unverändert bestehen …
  3. Spätestens zum 1. Januar 2009 werden Sie wieder in einer … Betriebsstätte beschäftigt. …
  4. Die Firma … (M-GmbH) ist berechtigt, Ihnen ein Angebot für einen endgültigen Wechsel zu vorgenanntem Unternehmen zu unterbreiten. Falls Sie ein solches Angebot vor Ablauf des 31. Dezember 2008 annehmen und damit auf Ihr Recht zur Weiterbeschäftigung bei der … AG verzichten, haben Sie in diesem Fall einen Anspruch auf eine Ausgleichszahlung …”.

Diesem Zusageschreiben war am 18. Dezember 2002 der Abschluss einer Betriebsvereinbarung zwischen der Fa. … AG und der Fa. … GmbH & Co. oHG auf der einen und dem Betriebsrat der Fa. … AG vorangegangen, in der die o.g. Zusageelemente des bisherigen Arbeitgebers des Klägers im Hinblick auf die bevorstehende Aufgabe der Zentralen Nockenwellenfertigung enthalten sind.

Der Kläger schloss am 17. Dezember 2003 einen Arbeitsvertrag mit der Fa. M-GmbH für die Zeit ab 1. Februar 2004 ab. In der Folgezeit wurde er vertragsgemäß als Fertigungsfachmann im Nockenwellenfertigungsbetrieb in … eingesetzt.

Am 2. Januar 2004 schlossen die Fa. … AG und der Kläger eine „Vereinbarung” mit folgendem Wortlaut ab:

„… Sie haben sich auf unsere Veranlassung hin entschlossen, das Arbeitsverhältnis im gegenseitigen Einvernehmen aus betrieblichen Gründen zu beenden.

Für den Verlust des Arbeitsplatzes erhalten Sie in Anlehnung an die §§ 9 und 10 des Kündigungsschutzgesetzes eine soziale Abfindung in Höhe von 30 000 EUR.

Dieser Betrag wird Ihnen zum 31. Januar 2004 auf Ihr Lohnkonto überwiesen und ist im Rahmen der gesetzlichen Vorschriften steuer- und abgaben...

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