Entscheidungsstichwort (Thema)

Keine erweiterte Gewerbeertragskürzung nach § 9 Nr. 1 Satz 2 GewStG für Unternehmen, das u. a. Reinigungsleistungen in fremden Gebäuden erbringt

 

Leitsatz (redaktionell)

Erbringt ein ansonsten unstreitig grundstücksverwaltendes Unternehmen u. a. durch eine angestellte Reinigungskraft entgeltlich Reingungsleistungen in fremden Gebäuden, die nicht als zwingend notwendiger Teil einer wirtschaftlich sinnvoll gestalteten eigenen Grundstücksverwaltung anzusehen sind (im Streitfall: Reinigung des Treppenhauses und des Hauseingangspodestes eines im Eigentum der Gesellschafter des Unternehmens stehenden Gebäudes), steht dem Unternehmen die erweiterte Gewerbeertragskürzung nach § 9 Nr. 1 Satz 2 GewStG nicht zu; die Übernahme von Reinigungsleistungen in fremden Gebäuden stellt auch keine „Betreuung von Wohnungsbauten” im Sinne der Vorschrift dar.

 

Normenkette

GewStG § 9 Nr. 1 S. 2

 

Nachgehend

BFH (Urteil vom 23.03.2023; Aktenzeichen III R 49/20)

 

Tenor

Die Klage wird abgewiesen.

Die Revision wird zugelassen.

Die Kosten des Verfahrens werden der Klägerin auferlegt.

 

Tatbestand

Zwischen den Beteiligten ist die erweiterte Grundbesitzkürzung des § 9 Nr. 1 Satz 2 Gewerbesteuergesetz –GewStG– strittig.

Die Klägerin wurde im Jahr 1980 durch Frau B… und Herrn C… gegründet. Diese sind jeweils zu 50 % an der Klägerin beteiligt und zu Geschäftsführern bestellt. Gegenstand der Klägerin ist der An- und Verkauf von Grundbesitz sowie die Bebauung von Grundstücken für eigene und fremde Rechnung. Die Klägerin ist Eigentümerin von fremdvermieteten Wohnimmobilien. Die Hausverwaltung der Grundstücke der Klägerin übernahm – ausweislich der vorliegenden Mietverträge der Klägerin – im Streitzeitraum die D… GmbH in E….

Die Klägerin hat ihren Sitz in der F…-straße in E…. Das Gebäude F…-straße stand im Streitjahr nicht im Eigentum der Klägerin, sondern im Eigentum der Gesellschafter. Es umfasst eine gesamte Nutzfläche von ca. 900 m², die sich auf vier Wohnungen aufteilt. Die zwei Wohnungen im Erdgeschoss waren im Streitjahr fremdvermietet. Die Wohnungen im Obergeschoss wurden durch die Gesellschafter selbst genutzt. Hierbei entfielen Räume auch auf die Geschäftsführung der Klägerin. Zwischen den Gesellschaftern und der Klägerin gab es keine vertragliche Vereinbarung zur Raumnutzung. Die Klägerin zahlte die auf sie entfallenden Kosten. Zum Nachweis der Raumnutzung und der Qualifikation als häusliches Arbeitszimmer hat die Klägerin im Klageverfahren Grundrisse sowie Fotos eingereicht. Hiernach habe die Klägerin den Raum 3.4 mit einer Grundfläche von 17,09 m² wie ein Arbeitszimmer genutzt. Für die Einzelheiten nimmt das Gericht auf die Grundrisse und Fotos in der Akte Bezug (Blatt 267 bis 271 sowie 285 bis 292).

Die Klägerin war in den Jahren 2011 und 2012 Arbeitgeberin von Frau G…. Diese wurde im Umfang von 57 Stunden monatlich zum Stundenlohn von 7 EUR für insgesamt 399 EUR (Bruttogehalt) beschäftigt. Die Klägerin stellte den Gesellschaftern am 18. Dezember 2012 mit zwei Rechnungen über 1.647,00 EUR (für 2011) und 1.647,84 EUR (für 2012) erbrachte Reinigungsleistungen im Objekt F…-straße in Rechnung. Ausweislich der Rechnungen habe Frau G… dreimal wöchentlich das gesamte Treppenhaus und das Hauseingangspodest gereinigt. Bei der Abrechnung legte die Klägerin Personalkosten von 9,15 EUR (2011) bzw. 9,1546 EUR (2012) je Stunde zu Grunde, die die Klägerin aus dem Bruttostundenlohn der Frau G… (7 EUR) zzgl. Sozialversicherung (30 %) sowie Umlagen U1/U2 (0,74 %) und für 2012 zudem zzgl. Umlage-Insolvenzsicherung (0,04 %) ermittelte.

Die Klägerin wurde zunächst erklärungsgemäß unter Vorbehalt der Nachprüfung (§ 164 Abgabenordnung –AO–) veranlagt. Hierbei berücksichtigte der Beklagte bei einem Gewinn von 213.489 EUR die sog. erweiterte Kürzung in Höhe von 212.586 EUR und ermittelte einen Gewerbeertrag von 903 EUR. Aufgrund der Prüfungsanordnung vom 14. Juni 2016 führte der Beklagte bei der Klägerin für 2012 bis 2014 eine steuerliche Außenprüfung durch. Die Betriebsprüfung kam mit Bericht vom 25. November 2016 (Tz. 4.3 und 4.4) zu der – hier allein noch strittigen – Feststellung, dass die Klägerin Reinigungsleistungen erbracht und damit gegen das Ausschließlichkeitsgebot des § 9 Nr. 1 Satz 2 GewStG verstoßen habe. Damit sei die erweiterte Kürzung nicht zu gewähren und es komme nur die einfache Kürzung in Höhe von 9.133 EUR in Ansatz (berücksichtigungsfähiger Einheitswert 761.044 EUR × 1,2%). Der Beklagte folgte dieser Prüfungsfeststellung und erließ am 20. März 2017 einen gemäß § 164 Abs. 2 AO geänderten Bescheid über den Gewerbesteuermessbetrag für 2012, mit dem er den Messbetrag auf 7.336 EUR festsetzte. Hierbei ging er nun von einem um 5.299 EUR erhöhten Gewinn aus Gewerbebetrieb aus. Die Höhe des Gewinns aus Gewerbebetrieb ist zwischen den Beteiligten unstreitig.

Hiergegen legte die Klägerin fristgerecht Einspruch ein. Sie habe den Gesellschaftern Reinigungsleistungen für 2011 und 2012 in Rechnung gestellt. Tatsächlich sei die Leistu...

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