Entscheidungsstichwort (Thema)

Angemessenheit einer Pensionszusage. Prüfung der Überversorgung anhand eines Fremdvergleichs. Ablehnung der 75%-Grenze des BFH als Indiz für eine Überversorgung

 

Leitsatz (redaktionell)

1. Abzulehnen ist die typisierende Ansicht des BFH (zuletzt v. 28.4.2010, I R 78/08, BStBl II 2013, 41) und des sich anschließenden BMF-Schreiben (v. 3.11.204, BStBl I 2004, 1045), dass eine Überversorgung, die zur Kürzung der Pensionsrückstellung führt, anzunehmen ist, wenn die betriebliche Versorgungsanwartschaft zusammen mit der Rentenanwartschaft aus der gesetzlichen Rentenversicherung 75 % der am Bilanzstichtag bezogenen Aktivbezüge übersteigt.

2. Der Versorgungsgrad in Höhe von 75 % lässt sich in zukünftigen Jahren, in denen die Altersvorsorge der nachgelagerten Besteuerung unterliegt, nicht rechtfertigen; unklar ist, welche Gehaltsbestandteile zum sog. Aktivbezug gehören; welche Rentenanwartschaften in die Vergleichberechnung einzubeziehen sind (hier: Anwartschaften aus jahrzehntelangen Zahlungen eines in der DDR pflichtversicherten selbständigen Handwerksmeisters in die Rentenversicherung der DDR sowie aus dem Beitritt zur freiwilligen Zusatzrentenversicherung der Sozialversicherung der DDR) sowie Unsicherheiten bei der Bewertung der Rentenanwartschaft z. B. aus anderen Staaten der EU.

3. Die steuerliche Berücksichtigungsfähigkeit einer Pensionszusage beim Arbeitgeber kann nicht davon abhängen, welche Anwartschaften ein Arbeitnehmer ggf. bei einem früheren Arbeitgeber und nach welchen Modalitäten erworben hat.

4. Die Versorgungsprüfung des BFH ist zudem in Fällen der Altersteilzeit nicht sinnvoll anwendbar.

5. Eine Angemessenheitsüberprüfung von Versorgungszusagen in der Anwartschaftsphase kann nur nach den Grundsätzen der vGA erfolgen. Nur eine Prüfung der gesellschaftsrechtlichen Veranlassung kann zutreffend erfassen, ob eine Versorgungszusage fremdüblich ist oder nicht. Für den Fall von Arbeitnehmern, die nicht Gesellschafter sind, kann im Einzelfall ein Gestaltungsmissbrauch zu prüfen sein.

 

Normenkette

EStG § 6a Abs. 3 S. 2 Nr. 1 S. 4; HGB § 249 Abs. 1; KStG § 8 Abs. 3 S. 2; AO § 42; EStG § 5 Abs. 1; KStG § 8 Abs. 1

 

Nachgehend

BFH (Urteil vom 20.12.2016; Aktenzeichen I R 4/15)

 

Tenor

Die Bescheide über Körperschaftsteuer und den Gewerbesteuermessbetrag für 2005 bis 2007 vom 04. Juli 2011, jeweils in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 24. Januar 2012, werden dahingehend geändert, dass eine den Gewinn erhöhende Korrektur der Pensionsrückstellung in Höhe von 151.458,00 EUR (im Jahr 2005), in Höhe von 500,00 EUR (im Jahr 2006) und in Höhe von 951,00 EUR (im Jahr 2007) rückgängig gemacht wird und Auszahlungen der Pensionsleistungen in Höhe von 10.135,00 EUR (2006) sowie in Höhe von 12.163,00 EUR (2007) nicht als verdeckte Gewinnausschüttung dem Einkommen hinzugerechnet werden.

Die Revision zum Bundesfinanzhof wird zugelassen.

Die Kosten des Verfahrens werden dem Beklagten auferlegt.

 

Tatbestand

Die Beteiligten streiten um die Angemessenheit einer Pensionszusage.

Die Klägerin wurde mit Gesellschaftsvertrag vom 10. Dezember 1991 als B. GmbH gegründet. In den Streitjahren betrieb sie ein Unternehmen u.a. des Ofen-, Kamin- und Luftheizungsbaus sowie des Fliesenlegerhandwerks. Das Stammkapital betrug 50.000,00 DM. Alleiniger Gesellschafter-Geschäftsführer war zunächst Herr C., Ofenbaumeister, geboren am 24. Februar 1941.

Die Klägerin und Herr C. schlossen am 02. Januar 1992 einen Anstellungsvertrag. Herr C. wurde hiernach ab dem 01. Januar 1992 als Ofenbaumeister und Geschäftsführer für die Klägerin tätig und erhielt ein anfängliches Bruttomonatsgehalt in Höhe von 7.000,00 DM. Vereinbart wurde zudem eine Tantieme in Höhe von „bis zu 50 % vom Jahresüberschuss vor Steuer nach Feststellung der Bilanz.” Eine Regelung zur privaten Nutzung eines betrieblichen Kfz enthielt der Vertrag nicht. Die Klägerin stellte zudem die Söhne des Herrn C. – die jetzigen Geschäftsführer –, Herrn D. (geb. 1967) und Herrn E. (geb. 1970), als reguläre Arbeitskräfte an.

Am 01. Dezember 1993 erteilte die Klägerin Herrn C. eine Versorgungszusage. Hiernach hatte dieser einen Anspruch auf ein unveränderliches Ruhegehalt in Höhe von 6.000,00 DM monatlich ab Vollendung des 65. Lebensjahres. Ebenfalls wurden Hinterbliebenenbezüge für dessen Ehefrau in Höhe von 60 % der Versorgungsbezüge vereinbart. Der Anspruch war unverfallbar. Die Klägerin schloss mit der F. Versicherung eine nicht dynamisierte (partielle) Rückdeckungsversicherung und leistete einen jährlichen Beitrag in Höhe von 19.063,43 DM. Die Ansprüche aus der Versicherung verpfändete die Klägerin Herrn C. zur Sicherung seiner Ansprüche.

Mit der Körperschaftsteuererklärung für das Jahr 1998 übersandte die Klägerin dem Beklagten die Anlage WA und machte unter „Vergütungen an Anteilseigner und ihnen nahestehenden Personen” Angaben zur Zuführung zu Pensionsrückstellungen in Höhe von 54.444,00 DM. In der Vertragsakte des Beklagten ist zwar der Anstellungsvertrag vom 02. Januar 1992, nic...

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