Entscheidungsstichwort (Thema)

Steuerliche Behandlung der Zuteilung von neuen Aktien im Rahmen der Aufspaltung eines US-amerikanischen Unternehmens durch einen sog. Spin-off.

 

Leitsatz (redaktionell)

1. Bezüge von in Drittstaaten ansässigen und kein Einlagekonto nach § 27 KStG führenden ausländischen Kapitalgesellschaften können zu den nach § 20 Abs. 1 Nr. 1 Satz 3 EStG nicht steuerpflichtigen Kapitaleinnahmen gehören, wenn unter Heranziehung des ausländischen Rechts eine Einlagenrückgewähr i. S. d. § 20 Abs. 1 Nr. 1 Satz 3 EStG vorliegt. Bei der Anwendung des deutschen Steuerrechts auf ausländische Sachverhalte und damit auch bei der Prüfung eines sog. Spin-off ist sodann eine rechtsvergleichende Qualifizierung der ausländischen Einkünfte nach deutschem Recht vorzunehmen (Anschluss an BFH, Urteil v. 13.7.2016, VIII R 47/13 und VIII R 73/13).

2. Eine Rückzahlung von nicht in das Nennkapital geleisteten Einlagen kann u. a. vorliegen, wenn die Leistungen der Kapitalgesellschaft im Wirtschaftsjahr das Nennkapital und den im Vorjahr festgestellten ausschüttbaren Gewinn übersteigen. Demgegenüber ist eine Sachausschüttung mit einer Dividende i. S. d. § 20 Abs. 1 Nr. 1, Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 EStG vergleichbar, wenn sie aus vorhandenen – laufenden oder in früheren Jahren angesammelten – Jahresüberschüssen der Gesellschaft (earnings und profits) gezahlt wird.

3. Gliedert eine US-amerikanische Inc. eine Sparte als selbstständiges Unternehmen (neue Inc.) aus (sog. Spin-off; im Streitfall: Streitjahr 2012) und erhält jeder Anteilseigner für jede bisherige Aktie zusätzlich neue Aktien der neugegründeten Inc. zugeteilt, wobei die Maßnahme von der bisherigen Inc. nicht durch eine Kapitalherabsetzung, sondern durch eine Verminderung der „Retained Earnings” finanziert wird, so ist die Zuteilung der neuen Aktien bei einem im Inland ansässigen Anteilseigner als Sachausschüttung mit einer Dividende vergleichbar und führt daher zu steuerpflichtigen Kapitaleinkünften.

 

Normenkette

EStG 2012 § 20 Abs. 1 Nr. 1 Sätze 1-3, Abs. 2 S. 1 Nr. 1, Abs. 4a Sätze 5, 7, § 8 Abs. 1

 

Nachgehend

BFH (Urteil vom 19.10.2021; Aktenzeichen VIII R 7/20)

 

Tenor

1. Die Klage wird abgewiesen.

2. Die Kläger tragen die Kosten des Verfahrens.

3. Die Revision wird nicht zugelassen.

 

Tatbestand

Streitig ist die steuerliche Behandlung der Zuteilung von neuen Aktien im Rahmen der Aufspaltung eines US-amerikanischen Unternehmens durch einen sog. Spin-off.

Die Kläger sind Ehegatten und wurden im Streitjahr 2012 zusammen zur Einkommensteuer veranlagt. Die Kläger erzielten Einkünfte aus nichtselbstständiger Arbeit sowie aus Kapitalvermögen. Die Kläger waren Inhaber von 375 Aktien der US-amerikanischen A Inc. (A). Aufgrund eines Beschlusses der Generalversammlung gliederte die A am xx.xx. 2012 ihre Sparte für Nordamerika als selbstständiges Unternehmen unter der Bezeichnung B Inc. (B) aus dem bisherigen Unternehmen aus. Gleichzeitig änderte A die Namensbezeichnung für den verbliebenen Unternehmensteil in C Inc. (C). Als Ergebnis dieses sog. Spin-off erhielt jeder Anteilseigner für jede A-Aktie (im Verhältnis 3:1) zusätzliche neue B-Aktien zugeteilt, ohne dass das Kapital der C herabgesetzt wurde. Entsprechend wurden den Klägern insgesamt 125 Aktien an der B zugewiesen und am xx.xx. 2012 in die Depots der Kläger eingebucht.

Aus den ([…]) Bilanzberichten der C ergibt sich, dass der Bilanzposten „Retainend Earnings” im Rahmen des Spin-off der B um xxx US-$ vermindert wurde (s. Rechtsbehelfsakten –RbA– Bl. 26). Die „Retained Earnings” betrugen zu Beginn des Geschäftsjahres 2012 xxx US-$. Der Posten erhöhte sich im Geschäftsjahr 2012 durch „Net Earnings” um xxx US-$ und verminderte sich –neben einem Abzug von xxx US-$ wegen „Exercise of stock options and issuance of other stock awards”– aufgrund von „Cash dividends declared (US-$ 1,00 per share)” um xxx US-$ sowie aufgrund des „Spin-Off B, Inc.” um xxx US-$. Entsprechend betrugen die „Retained Earnings” zum 31. Dezember 2012 xxx US-$. Das Kapital der C wurde nicht herabgesetzt.

Die depotführende Bank behandelte die Einbuchung der neuen Aktien als steuerpflichtige Sachausschüttung mit einer Bemessungsgrundlage von insgesamt xxx EUR und behielt davon xxx EUR Kapitalertragsteuer sowie xxx EUR Solidaritätszuschlag ein. Ausländische Quellensteuer wurde nicht berechnet.

In der Einkommensteuererklärung für das Streitjahr wiesen die Kläger (zwar) die streitbefangenen Kapitalerträge aus. In einer beigefügten Anlage erklärten sie jedoch, dass die Zuteilung der B-Aktien zu Unrecht als Sachausschüttung behandelt worden sei (s. Einkommensteuerakten –ESt-A.– Bl. 8, 41, 63, 70 RS). Es habe sich um eine reine Kapitalrückzahlung gehandelt, die nicht zu Einkünften aus Kapitalvermögen führe. Dies werde auch durch den Umstand bestätigt, dass die US-amerikanischen Behörden die Ausgliederung als steuerfrei behandelt hätten.

Der Beklagte (das Finanzamt –FA–) setzte die Einkommensteuer mit Bescheid vom 26. Juli 2013 fest und erfasste wegen der Zuteilung der neue...

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