rechtskräftig

 

Entscheidungsstichwort (Thema)

Teilnahme an einem Fernlehrgang zur Vorbereitung auf die Abiturprüfung als Berufsausbildung. Kindergeld

 

Leitsatz (amtlich)

Ein Fernlehrgang zur Vorbereitung auf die staatliche Abiturprüfung stellt eine berufliche Ausbildung i. S. des § 32 Abs. 4 Satz 1 Nr. 2 Buchstabe a EStG dar (Anschluss an das Urteil des FG Baden-Württemberg vom 4. Mai 2001 14 K 73/01, EFG 2001 S. 1299).

 

Normenkette

EStG § 32 Abs. 4 S. 1 Nr. 2 Buchst. a

 

Tenor

1. Der Bescheid vom 7. Februar 2001 in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 13. März 2001 wird aufgehoben, soweit er die Zeit bis Juli 2001 einschließlich betrifft.

2. Die Kosten des Verfahrens hat die Beklagte zu tragen.

3. Das Urteil ist für die Klägerin hinsichtlich der Kostenentscheidung ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar; die Beklagte darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung abwenden, wenn nicht die Klägerin vor der Vollstreckung Sicherheit leistet.

4. Die Revision wird zugelassen.

 

Tatbestand

Streitig ist, ob die Teilnahme an einem Fernlehrgang zur Vorbereitung auf die Abiturprüfung als berufliche Ausbildung i.S.d. § 32 Abs. 4 Satz 1 Nr. 2 Buchstabe a des Einkommensteuergesetzes (EStG) zu werten ist.

Die Klägerin ist die Mutter des am 1. Dezember 1982 geborenen Kindes, für das sie Kindergeld bezog. Mit Bescheid vom 7. Februar 2001 hob die beklagte Familienkasse des Arbeitsamts die Kindergeldfestsetzung für dieses Kind mit Wirkung ab Dezember 2000 auf. Den Einspruch hiergegen wies sie mit Einspruchsentscheidung vom 13. Januar 2001 zurück. Hiergegen richtet sich die Klage.

Das Kind der Klägerin nahm in der Zeit ab 19. September 2000 an einem Fernlehrgang der Institut für Lernsysteme GmbH in zur Vorbereitung auf die staatl. Abiturprüfung teil. Der Lehrgang sollte fünf Semester (30 Monate) betragen. Das Kind erhielt laufend Lehrmaterial in Form von Studien heften, Büchern und Kassetten zugeschickt. Außerdem hatte es Aufgabenlösungen einzureichen, die korrigiert und zensiert wurden, wobei Dauer und Abstände der Einreichung nicht vorgeschrieben waren. Auch nach Ablauf der Regellehrgangsdauer konnte das Kind Korrekturleistungen der für weitere 18 Monate kostenlos in Anspruch nehmen.

Nach den Angaben der ils entspricht das Lehrmaterial den Bundesrahmenrichtlinien, ist der Lehrgang von der staatlichen Zentrale für Fernunterricht in Köln überprüft und zugelassen und wird die Abiturprüfung von einer staatlichen Schule abgenommen. Auf die vom Gericht eingeholte schriftliche Auskunft der ils vom 21. November 2001 sowie auf die Schreiben der ils an die Familienkasse vom 21. November 2000 und 14. Februar 2001 wird verwiesen.

Das Kind sagte bei seiner Vernehmung als Zeuge vor Gericht aus, er habe im ersten Halbjahr länger für die Durcharbeitung der Hefte gebraucht als erwartet; er habe auch nicht alle angeforderten Arbeiten abgeliefert; es dürfte etwa die Hälfte gewesen sein; er habe von montags bis freitags in der Regel 6 Stunden und mehr gearbeitet; die Hälfte der zweiten Sendung nach einem halben Jahr habe er nicht mehr angefangen, weil er mit den Heften der ersten Sendung noch nicht fertig gewesen sei; er habe dann aber auch die Hälfte der ersten Sendung nicht mehr ganz fertig bekommen; er habe im zweiten Halbjahr von den Heften des ersten Halbjahres etwa bis auf fünf Arbeiten alle Arbeiten abgeliefert.

Die Klägerin beantragt sinngemäß,

wie erkannt zu entscheiden.

Die Familienkasse beantragt,

die Klage abzuweisen.

Sie ist weiterhin der Auffassung, dass es sich bei dem Fernlehrgang nicht um eine berufliche Ausbildung i.S.d. § 32 Abs. 4 Satz 1 Nr. 2 Buchstabe a EStG handle, weil es an einer Einbindung des Kindes in eine schulische Mindestorganisation fehle; der Vorbereitungslehrgang zum Abitur sei überwiegend der Gestaltungsfreiheit des Schülers überlassen geblieben; eine selbstbestimmte Schulausbildung, deren Dauer und Umfang ausschließlich der Dispositionsfreiheit des Schülers unterliege und der Schüler somit auch willkürlich die Dauer des Anspruchs auf Kindergeld bestimmen könne, stelle keine Berufsausbildung dar.

Am 9. November 2001 fand eine mündliche Verhandlung statt, auf die hin die erwähnte Auskunft der ils eingeholt wurde. Auf eine weitere mündliche Verhandlung haben die Beteiligten verzichtet.

Mit Beschluss des Senats vom 10. Oktober 2001 wurde der Rechtsstreit auf den Einzelrichter übertragen.

 

Entscheidungsgründe

Die Klage ist begründet und führt wie erkannt zur Aufhebung des angefochtenen Bescheids.

Entgegen der Auffassung der Familienkasse handelt es sich bei dem Abiturfernlehrgang um eine berufliche Ausbildung i.S.d. § 32 Abs. 4 Satz 1 Nr. 2 Buchstabe a EStG.

Der Bundesfinanzhof (BFH) hat sich in einer Reihe von Entscheidungen mit dem Begriff der beruflichen Ausbildung i.S. dieser Vorschrift als Voraussetzung für die Gewährung von Kindergeld nach § 63 EStG befasst (Urteile vom 9. Juni 1999 VI R 33/98, BStBl II 1999, 701, VI R 34/98, BStBl II 1999, 705, VI R 50/98, BStBl II 1999, 706, VI R 92/98, BStBl II 1999, 708...

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