Entscheidungsstichwort (Thema)

Gewerbesteuerpflicht des Veräußerungsgewinns bei einer Kapitalgesellschaft

 

Leitsatz (redaktionell)

Erzielt eine Kapitalgesellschaft aus der Veräußerung ihres Gewerbebetriebs einen Gewinn, unterliegt dieser der Gewerbesteuer.

 

Normenkette

GewStG § 2 Abs. 2, § 7; EStG § 16; KStG § 8 Abs. 2

 

Tatbestand

In den am 11. Juli 1997 beim Beklagten (dem Finanzamt – FA –) eingegangenen Steuererklärungen für 1996 ist das zu versteuernde Einkommen in Höhe von 667.032 DM ausgewiesen. Zur Ermittlung des Gewerbeertrags ist dieser Betrag um 660.000 DM Veräußerungsgewinn gekürzt. Als Gewerbesteueraufwand sind dementsprechend nur 1.864 DM berücksichtigt.

Dem folgte das FA im Gewerbesteuer-Messbescheid vom 6. März 1998 nicht, sondern legte einen Gewerbeertrag in voller Höhe von 667.000 DM zugrunde.

Auf den Einspruch vom 16. März 1998 berücksichtigte das FA eine weitere Gewerbesteuerrückstellung in Höhe von 106.260 DM und setzte im geänderten Gewerbesteuer-Messbescheid vom 15. April 1998 aufgrund eines Gewerbeertrags von 560.700 DM den einheitlichen Gewerbesteuer-Messbetrag auf 28.359 DM fest.

Im Übrigen wies das FA den Einspruch durch Entscheidung vom 2. Dezember 1998 zurück. Dagegen richtet sich die am 29. Dezember 1998 bei Gericht eingegangene Klage.

Aufgrund einer inzwischen durchgeführten Außenprüfung änderte das FA durch Bescheid vom 1. August 1999 die vorherige Messbetragsfestsetzung gemäß § 35 b Abs. 1 Gewerbesteuergesetz (GewStG) und legte nunmehr einen Gewerbeertrag von 578.700 DM zugrunde. Der einheitliche Gewerbesteuer-Messbetrag wurde auf 29.247 DM festgesetzt. Dieser Bescheid ist auf den am 24. September 1999 bei Gericht eingegangenen Antrag der Klägerin Gegenstand des Klageverfahrens.

Die Klägerin macht ebenso wie im Einspruchsverfahren geltend, die Behandlung von Betriebsveräußerungsgewinnen bei Kapitalgesellschaften als Teil des Gewerbeertrags sei mit dem Sinn und Zweck der Gewerbesteuer und ihrem Objektsteuercharakter nicht vereinbar und führe zu einer ungerechtfertigten Ungleichbehandlung von Kapital- und Personengesellschaften. Die gesetzliche Behandlung der Tätigkeit einer Kapitalgesellschaft als gewerbliche Tätigkeit in vollem Umfang reiche zur Einbeziehung des Betriebsveräußerungsgewinns in die Gewerbesteuerpflicht nicht aus. Die ältere Rechtsprechung, auf die sich die hierzu noch herrschende Meinung stütze, enthalte keine hinreichenden Begründungen hierfür. Eine ausdrückliche Befreiungsvorschrift für den Veräußerungsgewinn sei nicht erforderlich, da nach der ständigen Rechtsprechung der nach den Vorschriften des Einkommensteuergesetzes (EStG) oder Körperschaftsteuergesetzes (KStG) ermittelte Gewinn grundsätzlich insoweit nicht als steuerpflichtiger Gewerbeertrag zu behandeln sei, als dies mit dem besonderen Charakter der Gewerbesteuer als Objektsteuer nicht in Einklang stehe. Aufgrund des Realsteuercharakters ende die sachliche Steuerpflicht bei der Gewerbesteuer mit der Aufgabe der werbenden Tätigkeit, Gegenstand der Gewerbesteuer sei nur der durch den „laufenden Betrieb” anfallende Gewinn. Die mit einer Zusammenballung von Erträgen verbundene Versilberung des Betriebs könne bei sinnvoller Auslegung von § 7 GewStG nicht als Maßstab für die Ertragskraft des laufenden Gewerbebetriebs angesehen werden.

Dies gelte nicht nur bei Einzelunternehmen und Personengesellschaften, sondern ebenso bei Kapitalgesellschaften. In beiden Fällen könne ein Veräußerungsgewinn sowohl frühere Abschreibungen kompensieren als auch auf anderen Umständen beruhen. Bei der Klägerin sei er hauptsächlich durch den veräußerten Kundenstamm entstanden. Jedenfalls fehle eine einleuchtende Rechtfertigung für eine Ungleichbehandlung, die nicht nur dem verfassungsrechtlichen Gleichheitsgrundsatz sondern vor allem dem Objektsteuercharakter der Gewerbesteuer widerspreche.

Eine gewerbesteuerliche Nichterfassung des Betriebsveräußerungsgewinns sei hieraus gerechtfertigt und bedinge nicht, auch sonstige nicht gewerbliche Einkünfte einer Kapitalgesellschaft als gewerbesteuerfrei zu behandeln.

Die Klägerin beantragt sinngemäß,

den geänderten Gewerbesteuer-Messbescheid vom 31. August 1999 zu ändern und den einheitlichen Gewerbesteuer-Messbetrag unter Außerachtlassung eines Veräußerungsgewinns in Höhe von 660.000 DM und einer zusätzlichen Gewerbesteuerrückstellung neu festzusetzen.

Das FA beantragt,

die Klage abzuweisen.

Es hält wie in der Einspruchsentscheidung die Gewerbesteuerpflicht von Veräußerungsgewinnen bei Kapitalgesellschaften für gesetzlich vorgegeben. Nach § 7 GewStG i.V.m. § 8 Abs. 1 KStG, §§ 4, 5 EStG gehörten insbesondere bei Kapitalgesellschaften alle Einkünfte zu den Einkünften aus Gewerbebetrieb, so daß bei ihnen Gewinn aus Gewerbebetrieb und Einkommen regelmäßig übereinstimmten. Dazu gehörten auch Veräußerungsgewinne bzw. Liquidationsgewinne (§ 11 Abs. 1 KStG).

Der angefochtene Bescheid entspreche somit gültigen Vorschriften, abweichende Rechtsprechung sei nicht ergangen. Weder Sinn und Zweck oder der Objektsteuerchara...

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